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Mops und Möhren

Mops und Möhren

Titel: Mops und Möhren
Autoren: Silke Porath
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verdreht die Augen. »Wo der Benzintank ist weißt du aber?«
    Oh. Das klingt säuerlich.
    »Ist es schlimm?« Chris beugt sich nun seinerseits über den – im Übrigen sehr übersichtlichen – Motor des Uno. Ich muss mir ein Grinsen verkneifen, denn unser Florist hat von Autos so viel Ahnung wie der Mops vom Stricken.
    »Exitus«, sage ich und gehe um den Wagen herum. Dieses Mal auf der anderen Seite, schließlich lege ich keinen Wert darauf, mir von einem Raser den Hintern anfahren zu lassen. Die Fahrer in den vorbeirasenden Autos schauen genervt auf uns, ein Junge winkt vom Rücksitz aus. Ich winke zurück, dann klappe ich den Kofferraum auf. Eine Gießkanne kullert auf die Straße. Ich kann sie eben noch mit dem Fuß unter den Wagen kicken, ehe ein Kleinlaster sie zermalmt.
    »Da ist irgendwo eine Flasche Wasser drin«, rufe ich meinen Jungs zu. Ich sehe, wie die beiden diesen Chris-und-Rolf-Blick austauschen. Synchron zucken sie mit den Schultern und tappen ergeben zum Kofferraum. Ächzend hieven sie die Blumenerde auf den Boden. Gießkanne zwo landet auf dem Gehsteig. Chris friemelt die Säckchen mit den Tulpenzwiebeln heraus. Das braune Netz verfängt sich in der Ritze neben dem Reserverad. Mit einem leisen Ratsch reißen die Plastikfäden und die Zwiebeln kullern heraus. Während Chris stumm flucht und die Tulpenembryonen vorsichtig, als wären sie aus Glas, einzeln einsammelt und in das Säckchen packt, grabe ich hinter den Schäufelchen und Häckchen im Kinderhandformat. Irgendwo unter der Decke muss doch … verdammt. Ich finde ›Pauls versammelte Bräute‹ – der Roman hat die Versenkung im Kofferraum mit erstaunlich wenig Knicken überstanden, einen sündhaft teuren Lippenstift – leider zu einer unförmigen roten Masse geschmolzen – und ein Rezept für hammerharten Hustensaft – ein knappes Jahr alt. Von einer Wasserflasche keine Spur.
    »Super, Prinzessin, deine Ordnung ist legendär.« Rolf tritt gegen einen der Säcke.
    »Ich dachte wirklich … «, sage ich kleinlaut. Chris verdreht die Augen und hievt den ersten Sack hoch. Ich will ihm helfen, das sauschwere Teil zurück in den Kofferraum zu bugsieren, aber unsere Hände kommen sich in die Quere. Chris schiebt, ich hebe an. Der Haken an der Sache: Der Sack bleibt am Haken des Handrechens hängen. Halbfeuchte Blumenerde klatscht auf den Boden. Leider nicht nur dahin – die andere Hälfte pladdert in den Kofferraum. Der Lippenstift wird unter einer zentimeterdicken Torfschicht begraben.
    »Oh«, sagt Chris. Rolf sagt nichts, sondern bückt sich, grabbelt nach der Gießkanne unter dem Auto, zieht sie heraus und macht auf der Hacke kehrt. Chris und ich laden schweigend den Rest wieder ein. Ich wollte sowieso gelegentlich das Auto putzen. Warum also nicht heute noch den Staubsauger schwingen? Mit Schwung knalle ich den Kofferraumdeckel zu. Chris wischt sich die Hände an seiner nagelneuen Gartenhose ab, die dadurch eine authentische Patina bekommt. Dann pfriemelt er ein Päckchen Camel light aus der Hosentasche, zündet zwei Kippen auf einmal an und reicht mir eine. Immer noch schweigend lehnen wir nebeneinander am Wagen und paffen kleine Wölkchen in die Luft. Mudel und Earl haben sich auf dem Rücksitz zusammengerollt und schlafen.
    »Ist Rolf sauer?«, unterbreche ich nach der Hälfte der Zigarette das Schweigen.
    »Neee, nicht wirklich«, antwortet Chris und schnippt die Asche auf den Boden. »Der hat bloß keine Lust auf den Garten. Er meint, dass ich zu viel Energie in das Grünzeug stecke und dass die Parzelle so, wie sie ist, schön genug sei, um in der Sonne zu sitzen und das Leben zu genießen.« Chris rollt mit den Augen. »Dabei ist das da die reinste Wildnis.«
    Ich ahne, worauf Chris hinauswill. Er liebt Pflanzen über alles und gehört zu jener Sorte Mensch, die dem Ficus gern mal Mozart vorspielt, wenn’s denn der Fotosynthese dient. Unkraut und Wildwuchs in allen Ehren: Chris ist Florist mit Leib und Seele und dass er sein Geld in einem Callcenter und nicht mit Rosen, Tulpen und Nelken verdient, ist schlimm für ihn. Rolf dagegen ist als Briefträger den ganzen Tag, bei Wind und Wetter, auf den Beinen und verbringt seine Freizeit am liebsten in der Horizontalen. Gut, sein Job als Postbote sorgt dafür, dass sein Knackarsch in Form bleibt, aber so ein Platz an der Sonne, Beine hoch und nichts tun, das ist wohl eher nach seinem Geschmack.
    Ich beschließe, lieber nichts zu dem Thema zu sagen. So gern ich meine Jungs habe –
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