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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter
Autoren: Jack McDevitt
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es dort seinen Platz fand zwischen den atemberaubenden Farbfotos von den Plejaden, dem Krebsnebel, Mars und Deimos, dem hinreißenden M31-Wirbel, der Herkules-Supernova von 2019 und ihrem persönlichen Observatorium.
    Sie entspannte sich mit einer Coke auf dem zweisitzigen Sofa gegenüber vier Videoschirmen, von denen drei den dunklen Rand der Mondscheibe zeigten, wie sie den letzten Rest Licht abdeckte. Dabei zeigte der Monitor auf dem Schreibtisch die Aufnahme ihres eigenen Teleskops, und auf einer kleinen Uhrzeitanzeige im unteren rechten Winkel tickten die letzten Minuten bis zur totalen Verfinsterung. Die beiden anderen Bildschirme zeigten kommerzielle Programme. Sie hatte ihnen den Ton abgedreht, denn sie wollte nicht, daß ihr der Kommentar eines Nachrichtensprechers den Augenblick verdarb. Der vierte Monitor zeichnete auf einer Karte den Weg der Sonnenfinsternis über die nördliche Halbkugel nach.
    Tomiko trank die Coke aus und stellte sie auf einen Beistelltisch. Der Himmel wurde dunkel, und sie erschauerte vor Freude. Ein vorbeifahrendes Auto schaltete die Scheinwerfer ein.
    Als ihr Vater noch lebte, waren die Zimmer über der Garage vermietet gewesen, normalerweise an Studenten des Bibel-Colleges. Aber Tomiko brauchte kein Geld, und das alte Appartement war weit abgelegen von den Straßenlaternen, wodurch es sich ideal zum Observatorium eignete. Darüber hinaus war es von einer breiten Veranda umgeben, auf der sie Sockel für ihre Teleskope installieren konnte. Als zwei Studenten ihren Mietvertrag brachen und mitten in der Nacht davonliefen, ohne die Miete für die beiden letzten Monate zu zahlen, war Tomiko fast erleichtert. Sie übernahm die Räume, renovierte sie, installierte Computer, zwei Spiegelteleskope und Bildaufnahmegeräte. Sie versprach sich damals: Falls je das große Geld anrollte, würde sie das Dach entfernen und eine richtige Sternwarte aus der Wohnung machen.
    Ihr Rasensprenger ging an.
    Tomiko war eine winzige, liebenswürdige, selbstsichere Person. Sie trug eine dunkelgrüne Hose und eine am Hals offene gelbe Bluse. Das schwarze Haar war, der aktuellen Mode entsprechend, nach vorne gekämmt und bedeckte fast das linke Auge. Tomiko besaß den durchdringenden Blick ihres Vaters, aber ihr fehlten die Mandelaugen der japanischen Vorfahren ihrer Mutter. Bei Gelegenheiten wie der jetzigen, wo sie tief in ihr Hobby versunken war, zeigte sie einen leicht abwesenden Ausdruck. Ein Betrachter hätte daraus geschlossen, daß sie in Gedanken weit von der Wohnung über der Garage entfernt war.
    Ein kühler Wind schüttelte die Bäume durch. Irgendwo klingelte ein Telefon.
    Jetzt brach die Nacht herein. Der Himmel füllte sich mit Sternen. Tomiko fühlte sich vollkommen allein auf der Welt.
    Die verdunkelte Sonne stand im Sternbild der Fische. Tomiko erblickte das große Viereck des Pegasus direkt über dem Drugstore, den Aldebaran oben über dem Haus von Doc Edward, Deneb am Wipfel der Ulme und Beteigeuze über der Kreuzung. Der Jupiter stand weiß und strahlend östlich der Sonne, die Venus westlich.
    Sogar der Merkur war sichtbar und folgte seiner einsamen Bahn. Sie ging hinaus auf die Veranda, setzte sich auf einen der Korbstühle, verschränkte die Arme auf dem Geländer und legte das Kinn auf den linken Handrücken. In Conroys Küche ging Licht an.
    Ein paar Grad südlich der Sonne, direkt am Rand der Korona, wo das Gleißen in die Nacht überging, bemerkte Tomiko einen hellen Stern.
    Was war das denn?
    Sie versuchte mit bloßem Auge eine Einschätzung anhand der umgebenden Konstellationen, runzelte die Stirn und eilte hinein an den Computer. Sie stellte eine Verbindung zum Celestik-Programm der Universität her und rief eine Sternkarte auf.
     
     
Mondbasis, Grissom Country, 11 Uhr 10
     
    Rick Hailey betrachtete prüfend Charlies Kleidung, lächelte über den Mondbasis-Aufnäher und schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Mach das nicht.«
    »Warum nicht?« Charlie fand, daß es ideal zur Situation paßte.
    »Weil Politiker unweigerlich doof wirken, wenn sie sich als etwas ausgeben möchten, was sie nicht sind. Du bist zu jung, um dich an Michael Dukakis und seinen Panzer zu erinnern, aber wie wäre es mit Bill Worthy?« Worthy war als Kandidat der Partei zugunsten von Andrew Culpepper aus dem Rennen geflogen, obwohl letztgenannter damals noch relativ unbekannt war. Worthy hatte für die Kameras eine Astronautenuniform anprobiert. Damit hatte er lediglich die Wähler davon überzeugt,
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