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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter
Autoren: Jack McDevitt
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daß er hinfällig und dem Tode nahe war.
    Charlie seufzte. »Yeah«, sagte er.
    »Ich meine, ich kann die Karikaturen jetzt schon sehen. Sie werden dich zum Mars schicken.« Es war ärgerlich. Charlie sah so gut aus in diesen Sachen.
    »Das ist dein Tag, Charlie«, meinte Rick. »Heute nachmittag legen wir den Grundstein für das Thema unseres Wahlkampfes. Die Zukunft gehört Haskell.« Er trank ein Glas Mondrum aus, der keinen Alkohol enthielt.
    »Mir ist dabei ein bißchen unwohl zumute«, sagte Charlie. »Mir will einfach nicht der Gedanke aus dem Kopf, daß eigentlich der Präsident hier sein sollte. Oder vielleicht ist es die geringe Schwerkraft.« Er lächelte unsicher.
    »Du machst das prima. Wie immer.« Ricks Stimmlage sackte um eine Oktave ab. »Vergiß Gott nicht«, sagte er.
    Charlie seufzte.
    »Es ist wichtig. Hier draußen erwarten die Leute von dir, das Werk des Schöpfers zu erkennen. Die blaue Erde. Die Sterne. Das Gefühl, wie unbedeutend Menschen sind.« Er brach ab und dachte darüber nach. »Nein«, fuhr er fort, »nicht, wie unbedeutend Menschen sind. Wie unbedeutend du bist. Klar? Wir wollen schließlich nicht, daß die Wähler auf die Idee kommen, du könntest sie für unbedeutend halten.«
    »Ich weiß.«
    Manchmal fand Charlie, daß sein Aufstieg zum Vizepräsidenten eine Art kosmischer Witz war. Er konnte sich nicht daran erinnern, daß er sich jemals aufgemacht hätte, Politiker zu werden. Es war ihm einfach widerfahren. Vor zwanzig Jahren hatte er ein kleines Elektronikunternehmen in Amtierst geleitet, als ein Streit über Dinge einsetzte wie das Schulgebet, Evolution, Schöpfungswissenschaft [ii] und The Catcher in the Rye [iii] . Charlie hatte geglaubt, diese Schlachten wären schon im vergangenen Jahrhundert geschlagen und gewonnen worden; er tauchte bei einer Konferenz der Schulbehörde auf, wo er eigentlich nur die Abteilungen für Englisch und Wissenschaften sichtbar unterstützen wollte. Ihn empörte jedoch das, was ein hochgewachsener, dunkelhaariger Prediger mit glühenden Augen sagte, der die Behörde über ihre Pflichten informierte und keinen Zweifel daran ließ, daß er für eine höhere Macht sprach. Der Prediger hatte seine Gemeinde mitgebracht, und eines ihrer Mitglieder schwenkte ein Schild mit der Zahl 649 darauf, angeblich die Anzahl von Obszönitäten im Catcher. Da konnte sich Charlie nicht mehr beherrschen und legte sich mit dem Prediger an.
    Rückblickend fand er gar nicht, daß er sich besonders gut geschlagen hatte. Der Prediger war lauter und geübter als er, aber der kleinen Gruppe von Schulunterstützern gefiel, was sie sahen. Sie baten Charlie, bei den Wahlen im Herbst zu kandidieren, und ehe er sich’s versah, war er Vizepräsident.
    Er blickte auf die Uhr. »Gib mir eine Minute Zeit zum Umziehen«, sagte er. »Und dann fangen wir lieber an.«
    »Yeah. Hör mal, wenn ich es mir genauer ansehe, solltest du die Jacke tragen. Okay? Sie wird helfen, eine Beziehung zu den Leuten hier herzustellen. Aber die ganze Uniform ist zuviel.«
    Ricks Wert lag in etwas, was Charlie gern als die Fähigkeit betrachtete, um die Ecke zu sehen. Falls weiter voraus eine Bombenfalle drohte, würde Rick sie bestimmt schon finden, ehe sie explodierte.
    Nur die Jacke wäre eine halbe Sache gewesen. Ein Zeichen von Schwäche. Als Charlie wieder aus dem Schlafzimmer kam, trug er seinen maßgeschneiderten grauen Anzug. Rick runzelte die Stirn. »Ich weiß gar nicht, warum du mich behältst«, sagte er.
     
     
Skyport, NASA/Smithsonian Orbitallabor, 12 Uhr 13
     
    Das Orbitallabor auf dem Erdsatelliten Skyport diente als weltweite Clearingstelle für astronomische Daten. Die Analysen neuer variabler Pulsare, neue Informationen über stellare Anordnungen, die neuesten Entdeckungen zu extrasolaren erdähnlichen Welten mit Sauerstoffatmosphären – alles wurde ins Orbitallabor kanalisiert, zusammengetragen, mit Querverweisen ausgestattet, an interessierte Kunden weitergeleitet und der Öffentlichkeit im Internet zugänglich gemacht.
    Tory Clark behielt den Fortgang der Sonnenfinsternis über Nordamerika auf dem Monitor über ihr im Auge, während sie die eingehenden Meldungen sichtete. Obwohl enorm viel Aktivität mit diesem Ereignis in Zusammenhang stand, verringerte sich der Zustrom davon unabhängiger Routinemeldungen nicht merklich. Tory bekam zum Beispiel ein Quasar-Update von Kitt Peak, eine neue Meldung über R136a in der Großen Magellanschen Wolke und Korrekturen der
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