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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz
Autoren: Christiane Spies
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können, habe ich ihn in diesem Buch sechzehn Jahre alt sein lassen.
    Ein weiteres Detail habe ich aus dramaturgischen Gründen vereinfachen und anpassen müssen. So wird Vlad Drăculea in meiner Geschichte bereits 1458 , in der Historie jedoch erst 1462 von Mathias Corvinus gefangen genommen – und zwölf Jahre später wieder freigelassen.
    Die Roma und Sinti waren zu jener Zeit tatsächlich bereits als fahrendes Volk unterwegs. Die frühesten Zeugnisse ihres Auftauchens in Serbien und Ungarn stammen aus dem 14 . Jahrhundert. Über ihre damaligen Sitten und Gebräuche ist jedoch leider nur wenig bekannt. So habe ich bei ihnen etwas stärker meine Phantasie spielen lassen. Auch der Berg Sfântul Munte ist allein meine Erfindung.
    Die Werwölfe sind ebenfalls fiktive Gestalten, bis auf einen: Michael Szilagyi. Er war eine umstrittene historische Gestalt, diente erst seinem Schwager, dann seinem Neffen und zerstritt sich regelmäßig mit beiden. Er galt als aufbrausend und charismatisch, verbündete sich gegen Mathias’ Willen mit Drăculea und starb schließlich in einer Schlacht gegen die Osmanen. Ich hoffe, seine Ahnen verzeihen mir, dass ich nicht nur seinen Tod an meine Geschichte angepasst, sondern ihm auch noch das Wolfsblut angedichtet habe.
    Neben all den ungarischen Verwicklungen rund um die Familie Hunyadi und den Wolfsbund fehlte in diesem Buch leider der Raum, auf die Situation im Osmanischen Reich genauer einzugehen. Was war das für ein Staat, der den damaligen Christen angesichts seiner fremdartigen Sitten, seiner riesigen Fläche und seiner Expansionspolitik wie eine teuflische Bedrohung erschien?
    Einer der befremdlichsten türkischen Bräuche, den ich im Buch erwähne, war für das Abendland sicherlich das System der Knabenlese (Devşirme), das Sultan Murad  II . zwischen 1430 und 1440 einführte. Alle fünf Jahre wurden fortan in den europäischen Landesteilen die christlichen Knaben zwischen 10 und 15  Jahren den Yayabaşı, den türkischen Auswahlbeamten vorgeführt. Aus ihnen wurden die Diensttauglichen, je nach Bedarf mehrere tausend, bestimmt, wobei Stand und Herkunft keine Rolle spielten. Jede Verbindung zu ihren Familien war ihnen von da an strengstens verboten, man erzog sie in türkischer Sprache, Religion und Kultur. Je nach Eignung traten sie entweder in den Palastdienst ein, wo ihnen alle Hofämter bis zum Großwesir, dem Stellvertreter des Sultans, offenstanden, oder man teilte sie den Janitscharen zu. Diese Elitetruppe bestand aus hochdisziplinierten und sehr religiösen Männern. Es war ihnen weder gestattet zu heiraten, noch durften sie ohne Erlaubnis eine Nacht außerhalb ihrer Kasernen zubringen. Stets standen sie dem Sultan zur Verfügung, als Leibwache und als Fundament seines Heeres.
    Aufgrund ihrer Vorurteile war den Bewohnern des Abendlands offenbar nur ungenügend bewusst, wie überlegen das Osmanische Reich den zerstrittenen christlichen Königreichen in Wirklichkeit war. Nicht nur das türkische Heer war taktisch und kräftemäßig einzigartig. Der Sultan verfügte über eine Zentralgewalt, die damals im Westen noch seinesgleichen suchte. Durch ein effizientes Steuersystem standen ihm stets genug Mittel für Reformen, aber auch für Kriegszwecke zur Verfügung. Die osmanische Innen- und Wirtschaftspolitik war die modernste ihrer Zeit. In allen osmanischen Provinzen wurde der Landfrieden strikt eingehalten, den Bewohnern war Rechtssicherheit garantiert. Der Handel florierte, die Zölle waren niedrig. Im Gegensatz etwa zu den Spaniern, die zur gleichen Zeit eine skrupellose Ausrottungspolitik gegen bekehrungsunwillige Mauren, Juden und Ketzer betrieben, zeigte sich der türkische Staat auch im religiösen Bereich relativ tolerant. Nur wer als Nichttürke in der Hierarchie am Hofe oder im Heer aufsteigen wollte, musste Moslem werden. Die griechisch-orthodoxe wie die armenische Kirche wurden kaum behelligt, und besonders großmütig begegneten die Osmanen den Juden. Sie konnten frei über ihr Eigentum verfügen und sich überall niederlassen und sie mussten keine besonderen Kleidungsstücke wie den im christlichen Abendland vielfach vorgeschriebenen Judenhut tragen.
    So weit zu den historischen Hintergründen des Romans. Ich hoffe, die Darstellung ist mir weitestgehend korrekt gelungen.

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    Danksagung
    D ie Ereignisse um Veronika und Gábor haben eine lange Entstehungsgeschichte. Viele Leute haben unterwegs Anregungen beigesteuert, Fakten überprüft und mir
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