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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz
Autoren: Christiane Spies
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die Türen hinter sich schlossen.
    Gábor schenkte Arpad einen letzten wachsamen Blick, doch der Türke hielt mürrisch still. Das reichte Gábor vorläufig. Er wandte sich an den König und berichtete ihm von Michaels Bündnis mit Drăculea und dem Kampf, und auch von Veronikas Gefangenschaft erzählte er.
    Mathias schien ihm zu glauben. Er sprang mehrmals auf und setzte sich wieder, sein Gesichtsausdruck schwankte zwischen Verblüffung und Wut. »Wenn Ihr Michael nicht umgebracht hättet«, rief er, »ich schwöre, ich hätte es selbst getan.« Er schlug mit der Hand so fest auf die Armlehne des Throns, dass sein Siegelring gegen das Holz knallte. »Er hat den Tod verdient. Ebenso wie Graf Drăculea und diese beiden Werwölfe!«
    »Um die Werwölfe haben wir uns bereits gekümmert«, erwiderte Gábor ruhig. »Doch Drăculea müsst Ihr bestrafen. Entweder mit einem öffentlichen Tod durch das Gericht oder einem leisen Tod in seiner Kerkerzelle.«
    »Zu was ratet Ihr mir?«, fragte Mathias.
    Gábor schüttelte den Kopf. »Ich habe das Recht verwirkt, Euch Ratschläge zu geben.«
    »Das entscheidet nicht Ihr, sondern ich.« Mathias verschränkte die Arme. »Was zwischen uns vorgefallen ist, ist nicht Eure Schuld. Es ist …«
    »Es ist meine Schuld.« Veronika trat vor. »Eure Majestät, es tut mir leid.«
    Mathias ließ die Schultern fallen und erstarrte. Für einen Augenblick war es still. »Ihr habt Euch bereits mehr als einmal bei mir entschuldigt«, sagte der König langsam. Das erste Mal blickte er Veronika direkt in die Augen. »Trotzdem habt Ihr Euer Versprechen gebrochen.«
    »Ich weiß.« Sie hielt seinem Blick stand. Gábor spürte ihren inneren Tumult. Am liebsten hätte er sie berührt. Das hätte ihren Verrat in den Augen des Königs jedoch nur noch schlimmer gemacht.
    »Ich hoffe, Ihr könnt mir eines Tages verzeihen«, setzte sie leise hinzu.
    »Eines Tages.« Mathias richtete sich auf. »Als Mensch vielleicht. Doch als König nicht. Ihr werdet diesen Hof ohne meine Erlaubnis nicht wieder betreten.«
    Veronika senkte den Kopf. Die Worte des Königs trafen sie sichtlich hart. Gábor konnte Mathias jedoch verstehen. Er wusste, wie es war, sie ohne jede Hoffnung zu begehren, wusste, wie ihre Schönheit schmerzte, wenn sie unerreichbar war.
    »Ich werde mit Veronika und meinem Rudel von hier fortgehen«, sagte er. Er ignorierte die erstaunten Blicke der anderen Werwölfe. »Ich bitte Euch, mich aus Euren Diensten zu entlassen.«
    Mathias schwieg einen Moment nachdenklich. Zu Gábors Verwunderung schien er kaum überrascht von der Bitte zu sein. »Ist es wegen diesem Pavel von Breunen?«, fragte er.
    Gábor nickte. »Solange er ein Ältester ist, solange der Bund meine Verbindung zu Veronika nicht akzeptiert, werde ich kein Mitglied des Wolfsbunds mehr sein können.« Erst jetzt, wo er es ausgesprochen hatte, spürte er, wie eine Last von ihm abfiel. Einst war der Bund sein Leben gewesen, doch jetzt wusste er, dass es außerhalb seiner Gemeinschaft etwas viel Erstrebenswerteres gab: Freiheit. Und Liebe.
    Er straffte die Schultern und blickte den König an, ohne Reue, doch mit leisem Bedauern. »Glaubt mir, Eure Majestät, die Entscheidung fiel mir nicht leicht. Ich kann verstehen, wenn Ihr mir deshalb Treuebruch vorwerfen wollt.«
    Mathias erhob sich vom Thron und trat auf ihn zu. »Ich werfe Euch nichts vor.« Er legte Gábor eine Hand auf den Arm.
    Gábor hielt den Atem an. Auf eine solche Geste war er nicht gefasst gewesen.
    »Es fällt mir weiß Gott nicht leicht«, sagte Mathias, und sein Gesicht wurde düster, »aber ich lasse Euch gehen. Nicht als Diener, sondern als Freund.«
    »Danke.« Gábor nahm die Hand des Königs. »Ich werde Euch immer verpflichtet sein. Als Untertan«, er lächelte, »aber auch als Freund.«
    Mathias nickte. Obwohl immer noch ein Schatten auf seinem Gesicht lag, lächelte er nun ebenfalls. »Wisst Ihr denn schon, wohin Ihr wollt?«, fragte er.
    Gábor schüttelte den Kopf. »Veronikas Freunde sind so zahlreich wie meine Feinde.« Er blinzelte. »Dazwischen werden wir unseren Weg schon finden.«
    »Und Pavel?« Mathias runzelte die Stirn. »Braucht Ihr Unterstützung?«
    Gábor zögerte. Der König hatte schon so viel für ihn getan. Doch andererseits … »Ich könnte Eure Hilfe tatsächlich noch gebrauchen«, sagte er langsam.
     
    Am nächsten Morgen stand Gábor neben Veronika am offenen Fenster. Sie schauten auf den gepflasterten Platz vor Michaels Haus hinunter. Dort
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