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Moerderische Schaerennaechte

Moerderische Schaerennaechte

Titel: Moerderische Schaerennaechte
Autoren: Viveca Sten
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des Stärkeren. Nichts anderes. Genau wie es der Korpsgeist vorsah.
    Ich erstickte beinahe an meiner Selbstverachtung, und ich schloss die Augen. Durchs Fenster wehte ein kalter Windstoß herein.
    Der Feldwebel beugte sich hinunter, sodass sein Mund dicht neben Pärs Ohr war. Er packte Pärs Kopf und drückte ihn in den Eimer.
    »Jetzt werden wir dir den Mund auswaschen, damit du lernst, nie wieder einen Offizier anzukotzen.«
    Hatte Feldwebel Robert Cronwall in jener Nacht die Absicht, ihn umzubringen?
    Ich weiß es nicht. Aber wir sind alle schuld an seinem Tod.
    Wir haben keinen Finger gerührt, um unserem Kameraden zu helfen, und wir haben geschwiegen, als die Wahrheit vertuscht wurde.
    Wir sind feige Hampelmänner, die es nicht verdienen, das Barett der Küstenjäger zu tragen.

Kapitel 82
    Thomas drückte sich an der Brüstung vorbei und trat an die Kante der Klippe.
    Am Fuß des Felsens lag Annika Melin zwischen den Steinen. Im Licht der Blitze sah er, dass ihr Körper unnatürlich verdreht war, wie eine Stoffpuppe, die jemand in eine Ecke geworfen hatte. Ein Arm lag abgewinkelt hinter dem Rücken, und was vom Kopf zu sehen war, steckte eingeklemmt in einem tiefen Spalt.
    Sie bewegte sich nicht.
    »Annika«, rief er. »Annika, können Sie mich hören?«
    Der Regen begann schwächer zu werden, aber er merkte es nicht, er lauschte angestrengt auf ein Lebenszeichen von der reglosen Frau etliche Meter unter ihm.
    »Annika«, versuchte er es noch einmal, die Hände wie einen Trichter um den Mund gelegt.
    Die einzige Antwort war das Heulen des Sturms.
    Ob es möglich war, dort hinunterzugelangen?
    Er trat von der Felskante zurück und ging zu einer Gruppe Krüppelkiefern, die am Rand der Schlucht wuchsen. Mit einer Hand griff er nach einem Zweig und zog kräftig daran. Der Zweig hielt der Belastung stand, und er versuchte, auf dem glatten Untergrund ein paar Schritte abwärts zu klettern.
    Plötzlich rutschte sein Fuß weg, und Thomas musste sich gegen die Felswand werfen. Wenn der Zweig die plötzliche Last nicht ausgehalten hätte, wäre er abgestürzt.
    Mithilfe des Kiefernzweigs zog er sich wieder nach oben und sank auf die Knie.
    Er konnte nicht im Dunkeln allein dort hinunterklettern. Um zu Annika Melin zu gelangen, musste er zum Turm zurückkehren und dann am Südhang zum Strand hinuntergehen. Das war die einzig sichere Möglichkeit.
    Thomas kroch zurück zur Kante der Klippe und schaute ein letztes Mal hinab zu den Felsen an der Wasserkante.
    Annika Melin rührte sich immer noch nicht.
    Wenn sie noch nicht tot war, so wie ihr Bruder und Cronwall und die anderen Opfer, würde sie es bald sein.
    Es gab nichts, was er noch tun konnte. Es war zu spät.
    Die Trauer über alle, die gestorben waren, und über seine eigene Unfähigkeit, sie zu retten, übermannte ihn. All das Blut, das unnötig vergossen worden war.
    Wie sollte er nach all dem weitermachen können?
    Thomas sank auf der nassen Klippe zusammen und presste die Faust vor den Mund, um das aufsteigende Weinen zurückzudrängen. Aber es stieg ihm trotzdem den Hals hinauf, überspülte ihn wie die Wellen, die unten gegen die Felsen schlugen, und schließlich gab er nach.

Korsö
    Korsö liegt am mittleren Schifffahrtsweg nach Stockholm, nur einen Steinwurf entfernt von der Insel Sandön, besser bekannt als Sandhamn.
    In den Dreißigerjahren wollte man im Falle einer Invasion den Wasserweg nach Stockholm abriegeln können. Aus diesem Grund begann man mit dem Bau einer schweren Batterie auf der Insel. Wie bei den meisten anderen, die entlang der Küste angelegt wurden, musste sich die Küstenartillerie auch hier mit alten, ausrangierten Schiffskanonen begnügen. Die Kanonen der Batterie Korsö kamen ursprünglich von den Panzerschiffen Wasa und Göte.
    Die Küstenartillerie und später das 2. Amphibienbataillon waren vom Zweiten Weltkrieg bis Mitte der Neunzigerjahre auf Korsö stationiert. In jedem Frühjahr wurden die Mannschaften von Rindö nach Korsö verlegt, von wo sie erst Ende August wieder zurückkehrten.
    Die Batterie wurde 1995 entmunitioniert und lag seitdem im Dornröschenschlaf. Im Herbst 2008 wurden alle festen Geschützanlagen der Küstenartillerie abgebaut, und die Batterie auf Korsö fiel dem Schneidbrenner zum Opfer. Ihre Einzelteile wurden verschrottet, die Batteriestellungen abgerissen und die Zugänge verschlossen.
    Von der ersten Batterie der Küste blieb nur Geröll übrig.
    Es ist immer noch verboten, die Insel zu
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