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Lohn der Angst

Lohn der Angst

Titel: Lohn der Angst
Autoren: Georges Arnaud
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    keine geographische Genauigkeit:
    Das Guatemala, das ich beschreibe,
    existiert nicht. Ich weiß es,
    denn ich habe dort gelebt.
     
     
     
     
     
    Fünf, acht Ferngespräche für den Boß im Barackenlager von Las Piedras. Die Angestellten rennen aufgeregt von Büro zu Büro. Die Windfangtüren schwingen pausenlos hin und her.
    »Ja... ja... heute nacht... Nein, selbst bin ich noch nicht dort gewesen. Man hat mich zu spät verständigt. Rynner ist in einer fürchterlichen Verfassung, er hat einen Nervenschock. Selbstverständlich trifft ihn persönlich kein Verschulden. Die Untersuchungskommission? Ich denke, Mittwoch. Die Aussagen der Indios? Es ist nur noch einer am Leben, der zweite war tot, als der Krankenwagen kam. Der andere... Seine Aussage wird sich mit der von Rynner decken, versteht sich. Was? Nicht von Schicksalsfügung sprechen? Natürlich nicht. Ja, wegen der Presse. Die wird ohnehin versuchen, uns wieder eins auszuwischen... Stellen Sie sich vor, dreizehn Indios tot... Dabei hetzt man uns gerade jetzt die verteufelten Sicherheitskommissionen auf den Hals. Die Pensionsbezüge so niedrig wie möglich? Lassen Sie mich nur machen. Ich rufe Sie heute nachmittag wieder an.«
    Verfluchte Geschichte! Ein Glück nur, daß Rynner auch verletzt war und noch nicht vernommen werden konnte. Hätte er gar nichts abbekommen, das wäre sehr peinlich gewesen, für ihn und damit auch für die Gesellschaft.
    »Mr. Rynner wird aus Toronto verlangt, Boß. Was soll ich sagen?«
    »Wer ist am Apparat?«
    »Seine Mutter.«
    »Kurzer Unfallsbericht, und was Sie vom Krankenhaus über seinen Zustand wissen. Sie soll sich zum Teufel scheren... Wir sind hier kein Institut zur Tröstung von Greisen, wir sind die Crude and Oil Limited. Lassen Sie sich die Telefonnummer geben, wenn er stirbt, werden wir sie anrufen.«
    Der Sekretär des Chefs handelte nicht gerne selbständig. Ein kurzer Bericht: leicht gesagt. Das war doch eben erst passiert, erst heute nacht.
    In dieser Nacht, wie in allen Nächten seit beinahe drei Monaten...
     
     
    In dieser Nacht, inmitten der Petroleumfelder von Zulaco. Die eleganten Konturen der Taladros, der Bohranlagen, stecken mit ihren Girlanden elektrischer Birnen das Dunkel ab.
    Die Belegschaft von Turm 16 ist an der Arbeit. Ein Diesel sorgt für Lichtstrom, Kraftstrom und komprimierte Luft. Längs der Verstrebungen, in fünfzehn Meter Höhe, hängen als Lichtquellen einige Scheinwerfer. Wenn der Diesel langsamer arbeitet, läßt das Licht nach. In der Mitte des Turmes, senkrecht, dreht sich, wie eine Schraube ohne Ende, das Gestänge und bohrt sich nach und nach in den fetten Schlamm des Bohrloches, dem aus zwei großen Tankwagen Wasser zugeführt wird. Bei hundert Umdrehungen in der Minute braucht das Gestänge zwanzig Minuten, um sich fünfzehn Meter tief in die Erde einzugraben.
    Indios kommen und gehen. Sie haben Aluminiumhelme auf. Ihre nackten Oberkörper glänzen von Schweiß. Sie versorgen das Ungeheuer mit Wasser und Masut. Sobald eine Gestängelänge ganz in der Erde steckt, schaltet der Maschinist ab. Die technischen Einrichtungen der Crude and Oil beim Derrick 16 sind veraltet. Alle fünfzehn Mann der Belegschaft müssen mit anpacken, um ein neues Gestänge mittels primitiver Zugwinden aufzurichten. Das lange Eisen ragt bis zur Spitze des Bohrturmes auf, es schwingt und schlingert. Ein Akrobat, mit Strick und Spezialschlüssel bewaffnet, fängt das untere Ende des Gestänges ein, stemmt sich mit den Fersen gegen den Erdboden und führt es an das Schraubgewinde des Gestänges heran, das in der Erde steckt. Sein Gehilfe hält das Gestänge in dieser Stellung, während sich der Mann mit dem Schlüssel in die Eisenkonstruktion des Turmes schwingt und die Klauen der Zugwinden öffnet. Vorsichtig treten die Männer, die unten die Taue gehalten haben, zurück. Der Indio oben muß allein mit den Eisenteilen fertig werden, die sich von dem Gestänge lösen. Mit beiden Armen drückt er sie gegen seine Brust, dann schleudert er sie mit aller Gewalt von sich. Der Strick, mit dem er sich an dem Gerippe des Turmes angeseilt hat, schneidet ihm in die Rippen, ins Zwerchfell, in die Hüften. Wenn er den Wurf verfehlt, wird es ihn zwischen der Eisenkonstruktion und dem Gestänge zerschmettern. Gleich ist es geschafft. Das Gestänge ist an seinem Platz. Der Maschinist zieht den Hebel, mit dem er die Schaltvorrichtung bedient. Ein Klicken. Von der Kluppe des Drehtisches erfaßt,
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