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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle
Autoren: Leif GW Persson
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Kalmar -, war er beim Gedanken an das Geschehene fast fröhlich geworden. Zwei der schlimmsten Schurken der Stadt hatten am helllichten Nachmittag wild um sich geballert, mitten in der Stadt, mitten zwischen all den netten und anständigen Mitbürgern, und hatten insgesamt an die zwanzig Schüsse in sämtliche denkbare Richtungen abgegeben, aber wie durch göttliche Fügung hatten sie sich nur gegenseitig getroffen, und das kann doch nur in Smäland passieren, hatte der Wachhabende damals gedacht.
     
    Der Bezirkspolizeichef war auch nicht gerade begeistert. Er war zwar kein Mordermittler, und eine seiner Lebensregeln war es, sich niemals im Voraus Sorgen zu machen, aber diese Sache sah wirklich nicht gut aus. Sie wies alle frühen Kennzeichen eines klassischen Ermittlungsmordes auf, und wenn das Schicksal es wirklich böse meinte, und wenn wir bedenken, wer das Opfer war, dann bestand eine viel zu große Gefahr, dass es ihm so ergehen würde, wie es Menschen seines Schlags immer erging, wenn ihr Berufsleben sich als ganz besonders ungerecht entpuppte.
    In einer Festrede, die er eine Woche zuvor gehalten hatte, war er eine ganze Weile bei den mangelnden Mitteln der Polizei verblieben und hatte seine Truppe abschließend mit einem »viel zu spärlich belegten, verwitterten Lattenzaun und also einem schlechten Schutzwall vor einer immer brutaleren Gewalttätigkeit« verglichen.
    Die Rede war sehr gut angekommen, und er selbst war sehr zufrieden mit dem Lattenzaunvergleich gewesen, der ihm treffsicher und wohlformuliert erschienen war. Und das hatte nicht nur er so gesehen, auch der Chefredakteur der großen Lokalzeitung, der zu dem Essen geladen gewesen war, hatte ihm bei Kaffee und Kognak gratuliert. Aber das war vorbei, und er wollte lieber gar nicht daran denken, welche Wege die Gedanken des Chefredakteurs in Kürze einschlagen würden.
    Noch schlimmer jedoch waren seine persönlichen, ganz privaten Gefühle. Er kannte den Vater des Opfers, und die Tochter - das Opfer also - war ihm mehrere Male begegnet. Er erinnerte sich an sie als an eine überaus bezaubernde junge Frau, und wenn er selbst eine Tochter gehabt hätte, dann hätte sie durchaus wie die Tote aussehen und wie sie sein dürfen. Was ist denn bloß los, dachte er, und warum um alles in der Welt ausgerechnet in Växjö, wo es in all den fahren, in denen er nun schon hier tätig war, niemals einen Mord mit unbekanntem Täter gegeben hatte. Hier bei mir? Und zu allem Überfluss auch noch mitten im Sommer.
    Und nun fasste er also einen Entschluss. Egal, wie viele Latten in seinem Zaun auch fehlen mochten, und ganz abgesehen von Urlaubszeit und allem anderen polizeilichen Elend, das den Zaun nicht dichter machte, war es hohe Zeit, sich auf das Allerschlimmste vorzubereiten. Deshalb griff er selbst zum Hörer und rief seinen alten Freund und Kurskameraden »Zettkazeh« an und bat um Hilfe. Denn an wen sollte man sich in einer solchen Situation denn sonst wenden, dachte der Bezirkspolizeichef.
    Nach dem Gespräch, das weniger als zehn Minuten dauerte, fühlte der Bezirkspolizeichef sich um einiges erleichtert, fast schon befreit. Hilfe war unterwegs, die denkbar beste Hilfe von der Mordkommission der Landeszentralpolizei, der sagenumwobenen Landesmord, und ihr höchster Chef hatte versprochen, dass die Hilfe noch am selben Tag eintreffen werde.
    Danach konnte auch er sich in allen Ehren vom Einstieg in seinen Auftrag verabschieden. Es gab zwar keinen goldenen Stern für ihn und auch keinen silbernen, aber doch einen kleinen aus Bronze, weil er an ein nicht unwichtiges praktisches Detail gedacht hatte. Er hatte nämlich seine Sekretärin umgehend im besten Hotel am Platze anrufen, sechs Einzelzimmer für unbestimmte Zeit bestellen und vor allem darauf hinweisen lassen, dass die Zimmer nebeneinander und möglichst abgeschieden liegen sollten.
    Im Stadshotell war die Freude groß, denn dort herrschte sommerliche Stille, und es gab ausreichend freie Zimmer, was einige Stunden später am selben Tag nicht mehr der Fall sein würde, denn dann würde in der ganzen Innenstadt von Växjö kein Zimmer mehr aufzutreiben sein.
     
    Stockholm, Freitagvormittag, 4. Juli Obwohl es erst zehn Uhr vormittags war - in diesem seltsamen Sommer, der schon im Mai angefangen hatte und offenbar kein Ende nehmen wollte -, hatte eine der besonders sagenumwobenen Gestalten von der Zentralen Mordkommission ihren Arbeitsplatz bereits aufgesucht. Kriminalkommissar Evert Bäckström, der
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