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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle
Autoren: Leif GW Persson
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Mutter des Opfers ihr anvertraut hatte, und war mit dem Fahrstuhl nach unten gefahren, hatte noch einige Male an der Tür geklingelt -»sicherheitshalber, falls sie doch zu Hause wäre« -, hatte die Wohnungstür aufgeschlossen und war in die Wohnung gegangen.
    »Und da sah es wohl ungefähr so aus, wie es eben aussieht, wenn junge Leute sturmfreie Bude haben, darüber habe ich aber nicht weiter nachgedacht, ich glaube, ich habe gerufen und gefragt, ob jemand zu Hause ist, aber es kam keine Antwort, und da bin ich hineingegangen… in das Schlafzimmer… ja… und da hab ich ja gesehen, was passiert ist, das war mir sofort klar. Und also… ich habe kehrtgemacht und bin auf die Straße hinausgerannt… ich dachte plötzlich, dass er vielleicht noch in der Wohnung ist, und ich hatte eine Sterbensangst. Glücklicherweise hatte ich mein Telefon bei mir und habe angerufen… den Notruf… dieses 112. Und da bekam ich sofort Antwort, obwohl man in der Zeitung doch immer wieder liest, dass nie jemand da ist.«
     
    Das offene Schlafzimmerfenster hatte sie nicht mehr schließen können, was an sich auch nicht so wichtig war, denn der Regen hatte schon aufgehört, als die erste Streife vor Ort eintraf, und eventuelle Wasserschäden waren jetzt einfach belanglos. Polizeiassistent Adolfsson dachte natürlich auch nicht daran. Dagegen notierte er, dass es auf der Fensterbank draußen jede Menge Spuren von mit Wasser vermischtem Blut gab, aber da es ja nicht mehr regnete, überließ er alles Weitere seinen älteren Kollegen von der Technik.
     
    Der heißeste Sommer seit Menschengedenken, eine Nachbarin, die jeden Morgen mit ihren Hunden den gleichen Spaziergang unternahm und noch dazu Reserveschlüssel für die Wohnung des Opfers hatte, ein plötzlicher Wolkenbruch, ein offenes Fenster. Zusammenwirkende Umstände, die Ernte des Zufalls, wenn man so will, oder was auch immer, jedenfalls entdeckte die Polizei deshalb und auf diese Weise und auf keine andere, was geschehen war. Und im Vergleich zu den möglichen Alternativen war diese Weise bei weitem nicht die schlechteste.
     
    Der Wachhabende hatte wirklich sein Teil getan. In weniger als zwei Stunden befanden sich alle, die dort sein sollten, am Tatort. Unglücklicherweise zusammen mit einer Menge anderer Menschen, die sich besser anderswo aufgehalten hätten, aber daran konnte niemand etwas ändern, und die Umgebung des Hauses war abgesperrt, die Straße ebenfalls, und zwar in beiden Fahrtrichtungen.
    Die Ordnungspolizei hatte mit der systematischen Durchsuchung der Nachbarhäuser und der näheren Umgebung begonnen, während eine Hundestreife versuchte, irgendeine Ordnung in die Spuren zu bringen, die vermutlich der Täter hinterlassen hatte, falls er nun aus dem offenen Fenster auf der Rückseite des Hauses gesprungen war. Das erbrachte allerdings nichts, was auch kein Wunder war, wenn wir an den Wolkenbruch einige Stunden zuvor denken.
    Die Technik untersuchte die Wohnung, der Gerichtsmediziner war schon auf dem Weg aus seinem Sommerhaus. Die zuständigen Kollegen von der Bezirkskriminalpolizei führten die erste Vernehmung mit der Zeugin durch, die das Opfer gefunden hatte, die Eltern der Toten wurden informiert und auf die Wache geholt. Bald würde man auch die Nachbarschaft befragen, und damit wären die Punkte auf der Liste des Wachhabenden abgehakt - mit einer Ausnahme.
     
    Als ihm klar war, dass alle Teile des Puzzles an Ort und Stelle lagen oder zumindest unterwegs dorthin waren, hatte er sich dem letzten Punkt auf seinem Merkzettel gewidmet und den Bezirkspolizeichef angerufen. Mit dem verhielt es sich so seltsam, dass, obwohl es in diesem Sommer, der kein Ende nahm, Freitag war und der Polizeichef außerdem eigentlich Urlaub hatte, er sich nicht in seinem Ferienhaus am Meer bei Oscarshamn, an die hundert Kilometer von Växjö entfernt, aufhielt, sondern hinter seinem Schreibtisch in seinem Büro einige Treppen höher im selben Gebäude wie der Wachhabende. Sie hatten gegen halb zehn an diesem Vormittag fast eine Viertelstunde miteinander telefoniert. Vor allem hatten sie über das Opfer gesprochen, und als sie ihr Telefonat beendet hatten, war der Wachhabende, so erfahren und gegerbt er eigentlich war, plötzlich von einer unerklärlichen Niedergeschlagenheit befallen worden. Seltsam eigentlich, denn als er zuletzt seine handgeschriebene Liste hatte hervornehmen müssen - und zwar im Zusammenhang mit einer längeren Vertretung bei der benachbarten Behörde in
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