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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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VORWORT
    Auf einer 2000 Meter hohen Erhebung im Nordwesten von New Mexico liegt ein Wüstenhochtal, das Äonen von Sonne, Wind und Wasser in den festen Sandstein geschnitten haben. Der Chaco-Canyon ist nur zehn Meilen lang, eingefaßt von majestätischen steilen Sandsteinklippen, und als Obere Sonora-Wüste bekannt. Wenn dort Regen fällt, schießt das Wasser über den glatten Fels hinab, und mächtige Sturzbäche schwemmen die Rinnen aus. Die Temperatur steigt im Sommer auf vierzig Grad und fällt im Winter bis auf dreißig Grad unter Null. Dürreperioden sind häufig und hart. Alles in allem ist es ein ungastlicher, wenn auch ein berückend schöner Ort.
    Doch im elften Jahrhundert wurde dieser Canyon zum kulturellen Mittelpunkt für ein Volk, das wir die Anasazi nennen. Der Bereich der Chaco-Kultur umfaßte ein Gebiet von fast 300000 Quadratkilometern mit rund 100000 Bewohnern.
    Aus vielen Gründen nennt man es das »Chaco-Phänomen«. Etwa um das Jahr 1050 wurde der Chaco-Canyon der Mittelpunkt der Herstellung von Gegenständen aus Türkis. Perlen, Figürchen und Schmuck wurden in großen Mengen produziert und im Handel mit anderen Gemeinden getauscht. Archäologen fanden heraus, daß der Türkis aus Minen stammte, die über hundert Meilen entfernt lagen, nahe der heutigen Stadt Cerrillos in New Mexico. Die Ausbeutung dieser Minen unterstand offenbar direkt der Führungsschicht der Chacos, aber bearbeitete Waren aus Türkis waren mehr wert als »Geld«. Sie begründeten eine zeremonielle Industrie mit vielen Querverbindungen zwischen der Chaco-Elite und den Führern anderer Gemeinschaften.
    Während dieser Zeit entstand ein ausgeklügeltes Straßensystem, das siebenhundert Jahre lang in Nordamerika ohnegleichen blieb. Das waren nicht etwa Feldwege, sondern fachkundig konstruierte Straßen, an manchen Stellen zehn Meter breit, mit einem ausgehobenen Straßenbett, eingefaßt von Böschungsstützen oder niedrigem Mauerwerk. Manche scheinen ein Pflaster aus zerstoßenen Tonscherben gehabt zu haben. An einer Stelle nördlich vom Chaco-Canyon wurde die Straße zu einer vierspurigen Landstraße. Wenn die vorgesehenen Routen auf Klippen oder Steilhänge stießen, bauten die Ingenieure Holzgerüste oder Erdrampen, oder sie hauten Stufen in den harten Fels. An den Straßenrändern standen Signaltürme, »Weg-Stationen« und Gedenksteine. Letztere dienten offenbar als Gebets- oder Meditationsstätten ähnlich den Kreuzwegstationen der katholischen Kirche. Die Chaco-Architektur ist verblüffend. Die Anasazi vom Chaco bauten mehrgeschossige Großsiedlungen: ummauerte Städte, die Europäer derselben Zeit mit Ehrfurcht erfüllt hätten. Sie waren in D-Form, viereckig oder rund angelegt und enthielten Hunderte von Räumen, von denen viele unbewohnt blieben. Die Bevölkerung der Großsiedlungen schwankte wahrscheinlich zwischen hundert und zweihundert Bewohnern. Die unbewohnten Räume dienten der Unterbringung von Vorräten und vielleicht als Gästezimmer, wenn sich die Anzahl der Einwohner bei größeren kultischen Festen vermehrte. Um das Gewicht der oberen Stockwerke zu tragen, waren die unteren Wände einen Meter dick und zum Teil noch dicker; jedes Geschoß war in regelmäßigen Abständen etwas zurückversetzt, um ein treppenartiges Äußeres zu erzeugen. Um solch ungeheure Wohnanlagen zu errichten, mußten die Erbauer viele Tonnen Stein in Steinbrüchen schlagen und bearbeiten und über viele Meilen zur Baustelle transportieren. Ferner wurden Sand, Lehm und Wasser in ausreichender Menge benötigt, um Mörtel zu machen. Die Innen- und Außenwände wurden mit hellem Lehm verputzt und mit farbigen Darstellungen künstlerisch bemalt.
    Die Chaco-Bewohner waren auch hervorragende Astronomen. Die eleganten Bahnen von Sonne, Mond und Sternen spielten eine wesentliche Rolle bei ihren Großsiedlungen.
    Pueblo Bonito - in unserem Buch »Krallenstadt« genannt - war nach den vier Himmelsrichtungen und verschiedenen Sonnenwend-Warten ausgerichtet. Die Achse der großen Kiva - eines unterirdischen Kultraums - verlief genau von Norden nach Süden, ebenso wie die durchgehende Linie der Räume, die das Pueblo in zwei Hälften teilte. Die lange gerade Mauer der Fassadenfront der Westhälfte verlief genau in ost-westlicher Richtung.
    Pueblo Bonito weist auch merkwürdige »Eckfenster« auf. Eines der Fenster, in Raum 228, beginnt neunundvierzig Tage vorher mit der Aufzeichnung der Wintersonnenwende. Ein dünner Lichtstrahl fällt auf die
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