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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle
Autoren: Leif GW Persson
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anders als die Mehrzahl seiner Kollegen keinen Urlaub genommen hatte, um aufs Land zu fahren und sich mit Mücken, einer übellaunigen Gattin und quengelnden Kindern herumzuschlagen. Ganz zu schweigen von nervenden Nachbarn, stinkenden Plumpsklos, nach Benzin stinkenden Grillspießen und viel zu warmem Bier.
     
    Bäckström war klein, fett und primitiv, aber bei Bedarf konnte er listig und nachtragend sein. Er selbst hielt sich für einen klugen Mann in den besten fahren. Einen freien und ungebundenen Burschen, der das gelassene Leben in der Stadt bevorzugte. Da ausreichend viele appetitliche und leicht bekleidete Damen das offenbar ebenso sahen, hatte er wirklich keinen Grund, sich zu beklagen.
    Die sommerliche Urlaubszeit war ein Genussmittel für Leute, die es nicht besser wussten, und weil sich wirklich die große Mehrzahl seiner Kollegen dieses Genussmittels bediente, gab es Grund genug, im Büro zu bleiben, wenn man ausnahmsweise einmal Zeit hatte, sich ungestört der Arbeit zu widmen. Der Letzte bei Dienstantritt und der Erste bei Feierabend und niemand, der sich etwas dabei dachte. Und darum ging es doch eben. Zeit genug für allerlei Erledigungen außerhalb der Woche, und falls irgendein übrig gebliebener Chefskerl doch mal einen Blick in sein Dienstzimmer werfen sollte, wäre er gut darauf vorbereitet.
    Schon am Vortag, ehe sein direkter Vorgesetzter in den Urlaub aufgebrochen war, hatte Bäckström mitteilen lassen, dass er, abgesehen davon, dass er zur Stelle war, um sich den praktischen Aufgaben zu widmen, nun vorhatte, eventuelle freie Zeit mit dem Durchgang von alten Fällen zu verbringen, die man leider nicht hatte klären können. Der Chef hatte keine Einwände gehabt, vor allem aber hatte er sich aus dem Polizeigebäude auf Kungsholmen weggesehnt, und mit Bäckström hatte er sich schon gar nicht unterhalten wollen, weshalb sich auf Bäckströms Tisch jetzt die unaufgeklärten Morde türmten, die seine weniger begabten Kollegen völlig überflüssigerweise in den Sand gesetzt hatten.
    Als erste Maßnahme, wenn er an seinem Arbeitsplatz eintraf, verschob er ein wenig die Papierstapel, für den Fall, dass irgendwer dort herumschnüffelte. Nachdem er dann in dem durchaus nicht unbequemen Sessel hinter seinem so präparierten Schreibtisch den Rest des Tages geplant hatte, programmierte er sein Diensttelefon mit einer passenden Erklärung für seine Abwesenheit. Es gab genügend zur Auswahl, und um jeglichen Verdacht auf Systematik zu vermeiden, würfelte er und ließ den Zufall entscheiden, ob er sich für den Rest des Tages bei einer »Besprechung«, in »dienstlichem Einsatz«, »zufällig nicht im Haus«, »auswärts« oder vielleicht sogar auf »Dienstreise« befinden sollte. Wenn diese tägliche Aufgabe erledigt war, wurde es meistens hohe Zeit, um des Tages Müh und Plage fortzusetzen und »zu Tisch« zu gehen. Ein grundlegendes menschliches Bedürfnis, ein Recht, das in den Arbeitsgesetzen festgeschrieben ist und im Telefonbuch der Polizei natürlich einen eigenen Code besitzt. Dafür brauchte Bäckström nicht einmal die Würfel zu bemühen.
    Das einzige praktische Problem war, dass es ein wenig schlecht bestellt war mit Überstunden und anderen pekuniären Zuschüssen, denn wie schon so oft herrschte Ebbe in seiner Kasse, obwohl er erst vor einer Woche Gehalt bekommen hatte. Das findet sich schon, dachte Bäckström. Man muss sich über das Wetter und die vielen halb nackten Frauen in der Stadt freuen. Und jederzeit kann irgendein Dussel irgendein armes Würstchen erschlagen, an einem dreisternigen Ort, der eine Dienstreise wert ist, und dann gibt es Überstunden, Bewirtung und alle erdenklichen steuerfreien Vorteile für einen schlichten Schutzmann. Und mitten in diese tröstlichen Überlegungen hinein klingelte plötzlich sein Telefon.
     
    Auch der Chef der Zentralen Kriminalpolizei, Sten Nylander - oder der Zettkazeh, wie er in der Umgangssprache seiner achthundert Mitarbeiter genannt wurde -, war in Gedanken versunken, als der Bezirkspolizeichef von Växjö ihn anrief, und zwar in erhabene Überlegungen zu einem komplizierten operativen Problem, dessen Elemente er auf dem riesigen Planungstisch in seiner Einsatzzentrale oder dem Op-Center, wie er selbst das lieber nannte, hatte darstellen lassen. Konkret ging es darum, wie er seine Nationale Einsatztruppe vergrößern könnte, falls internationale Terroristen auf die wenig willkommene Idee kämen, draußen in Arlanda ein Flugzeug zu
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