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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle
Autoren: Leif GW Persson
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hätte sie mir bestimmt guten Abend gesagt.«
    Fünf Minuten später war die Zeugin in ihre Wohnung zurückgekehrt, und nach ihren üblichen Gewohnheiten war sie zu Bett gegangen und ziemlich bald eingeschlafen, und das war so ungefähr alles, woran sie sich vom vergangenen Abend erinnerte.
     
    Dieser unwahrscheinliche Sommer hatte bereits im Mai eingesetzt und schien kein Ende nehmen zu wollen. Tag für Tag nicht der geringste Windhauch, die Sonne heiß wie ein Gartengrill, der Himmel von blassem Blau, schonungslos ohne Wolken und Schatten, immer neue Hitzerekorde, und am nächsten Morgen war sie mit ihren Hunden schon gegen halb sieben losgezogen.
    Das war zwar früher als sonst gewesen, aber im Hinblick auf den »vollkommen unwahrscheinlichen Sommer… denn ich bin wohl nicht die Einzige, die das so sieht… wollte ich dem Schlimmsten entgehen.« Und das wussten wirklich alle verantwortungsbewussten Hundemenschen, dass Anstrengung bei zu großer Hitze für Hunde gar nicht gut war.
    Sie war denselben Weg gegangen wie immer. Zuerst, sowie sie das Haus verlassen hatte, nach links, die Straße entlang, vorbei an den Nachbarhäusern und dann auf den Fußweg rechts von dem größeren.Waldgebiet, das sich nur einige hundert Meter hinter ihrem Haus hinzog. Eine halbe Stunde später, und nun war es bereits unerträglich heiß, obwohl es doch weiterhin erst kurz nach sieben war, beschloss sie, wieder nach Hause zu gehen. Peppe und Pigge hechelten beide besorgniserregend, und auch ihr Frauchen sehnte sich nach dem Schatten in der Wohnung und einem kalten Getränk.
    Ungefähr zu dem Zeitpunkt, zu dem sie beschlossen hatte kehrtzumachen, hatte der Himmel sich plötzlich bewölkt und war schwarz geworden, der Wind hatte an Sträuchern und Bäumen gerissen und der Donner in nächster Nähe zu grollen begonnen. Als die ersten schweren Tropfen fielen, war sie nur noch einige hundert Meter von zu Hause fort, und sie rannte los, obwohl das eigentlich unnötig war, denn auf die ersten Tropfen folgte der pure Wolkenbruch, und als sie die Grünfläche hinter dem Hof hinter sich gebracht hatte, war sie bereits triefnass. Und nun sah sie auch, dass das Schlafzimmerfenster der Nachbarin offen stand und im Wind hin und her schlug und dass die Vorhänge im Zimmer bereits durchweicht waren.
    Sowie sie das Haus betreten hatte - »und da war es wohl ungefähr halb acht, wenn ich das richtig berechnet habe« -, klingelte sie deshalb mehrmals an der Tür der Nachbarin, es machte jedoch niemand auf.
    »Ich dachte, sicher hat sie das Fenster offen gelassen, als sie heute Nacht spät nach Hause gekommen ist. Wozu auch immer das gut sein soll… draußen ist es doch viel heißer als drinnen. Als wir uns gestern zum Abendpipi aufgemacht haben, war das Fenster jedenfalls geschlossen, das habe ich gesehen.«
     
    Da niemand aufgemacht hatte, war sie mit dem Fahrstuhl zu ihrer eigenen Wohnung hochgefahren. Hatte den Hunden die ärgste Nässe abgewischt und selber trockene Kleidung angezogen. Außerdem war sie schlechter Laune gewesen.
    »Das ist nun einmal eine Wohnungsgenossenschaft, und Wasserschäden sind kein Spaß. Außerdem haben wir noch das Einbruchsrisiko. Es sind zwar einige Meter bis zur Fensterbank, aber es vergeht doch kaum ein Tag, ohne dass man in der Zeitung von solchen Fassadenkletterern liest, die alles stehlen, was die Leute nur haben, und selbst wenn sie richtig mit Drogen voll sind, können sie sich doch immer noch von irgendeinem Kumpel eine Leiter leihen.«
    Aber was sollte sie nun machen? Bei der nächsten Begegnung der Tochter ins Gewissen reden? Die Mutter anrufen und klatschen? Vierzehn Tage zuvor hatte es einen ähnlichen Wolkenbruch gegeben, aber schon nach zehn Minuten hatte der ebenso plötzlich aufgehört, wie er angefangen hatte, die Sonne hatte abermals von einem blauen und wolkenlosen Himmel gestrahlt, und eigentlich war der Guss für Rasen und andere Gewächse ja nur gut gewesen. Aber diesmal war das nicht so, und nach einer Viertelstunde, während sie die Fressnäpfe der Hunde und ihre eigene Kaffeemaschine füllte und es draußen noch immer wie aus Kannen goss, hatte sie ihren Entschluss gefasst.
    »Wie schon gesagt, bin ich doch die Vorsitzende unserer Genossenschaft, und wir hier im Haus helfen uns immer gegenseitig, alles im Auge zu behalten. Vor allem jetzt im Sommer, wo viele im Urlaub sind. Und deshalb habe ich Ersatzschüssel für alle Wohnungen im Haus.«
     
    Sie hatte also den Schlüssel geholt, den die
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