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Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Titel: Mitteilungsheft - Leider hat Lukas
Autoren: Niki Glattauer
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Tafelkreide zittert. Nicht selten muss ich später Gott und der österreichischen Verfassung dafür danken, dass das allgemeine Waffenverbot immer noch uneingeschränkt auch für Lehrerinnen gilt und ich in solchen Momenten keinen Derringer zur Hand habe, sondern bestenfalls ein paar Mittelquarthefte. Bin ich später stolz darauf, die Kontenance verloren zu haben? Nein. Bereue ich später, was ich im Affekt alles gesagt oder getan habe? Das nun auch wieder nicht. Immerhin wissen meine Renés und Jacquelines, dass sie mir nicht ungestraft acht Stunden am Tag deppert kommen können. (…)
Stunde
    Ist. Außer es ist Pause. Anwendungsbeispiel: Darf ich auf s Klo? – Jetzt nicht, jetzt ist Stunde. Die Schul-„Stunde“ hat bekanntlich nur 50 Minuten. Die 50-Minuten-Stunde wurde anno dazumal eingeführt, um im „Stundenplan“ auch noch die Rauchpause für den Schul-Meister unterzubringen. Heute weiß man, dass die 50-Minuten-Stunde, die durch ein schrilles Glockenzeichen ein- und ausgeläutet wird wie bei deren Einführung die Exerzierstunde auf dem Kasernenhof mit der Trillerpfeife, pädagogischer Nonsens ist.
Turnen
    Hieß in meiner Schulzeit noch „Leibesübungen“, heißt heute „Bewegung und Sport“ (BS) und wird morgen vermutlich „Spielen, aber ohne Computer“ heißen. Theoretisch wird in Volksschulen zwei bis drei Stunden pro Woche, in der Mittelstufe drei bis vier Stunden pro Woche geturnt, praktisch jedoch deutlich weniger.
    a) Eine Brutto-Stunde Turnen ist netto schon einmal nur eine halbe. Der Grund: die Wegzeiten durch schulische Kasernenschluchten, das Herausschälen aus bzw. Hineinschälen in die Designerklamotten in den Garderoben, das Anstellen in Stirnreihe etc.
    b) Es fehlt an geeignetem Personal. Ein Kind, das in einer Haupt- oder Neuen Mittelschule eine geprüfte „Turnerin“ bekommt, hat Glück. Die Englisch- oder GZ-Lehrerin, die die Turnstunden „genommen“ hat, damit sie mehr Stunden in „ihrer“ Klasse ist, lässt diese dann aber gern ausfallen, wenn für die Schularbeit in Englisch oder die Prüfung in GZ noch geübt werden muss.
    c) Buben scheitern schon beim Aufwärmen am Eigengewicht und fallen mit Erschöpfungszuständen aus. Bei Mädchen tritt spätestens ab der 6. Schulstufe die wundersame Wochenblutung auf.
    Während es die einen mit Markus Rogan halten (sinngemäß: Entweder bist du ein guter Sportler oder du hast viel Hirn ), sehen andere in der „täglichen Sportstunde“ Hirnfutter. Für das Unterfutter dabei sorgt eine Studie aus Schweden, die im Mai 2012 veröffentlicht wurde. Forscher der Universität Malmö begleiteten 220 schwedische Schüler zweier Schulen von der ersten bis zur neunten Schulstufe, also über neun Jahre. Die Hälfte erhielt jeden Tag Sportunterricht, die andere zweimal pro Woche. Verblüffendes Ergebnis: Nicht nur, dass die Kinder der Intensivsport-Gruppe die neun Pflichtschuljahre erfolgreicher meisterten (96 Prozent im Vergleich zu 89 Prozent bei der Kontrollgruppe), hatten die Schüler der Sportgruppe überraschend auch in den Fächern Schwedisch, Englisch, Mathematik die Nase vorne. Studienleiterin Ingegerd Ericsson: „Wir haben somit wissenschaftlich bestätigt, dass eine tägliche Sporteinheit nicht nur motorische Fähigkeiten, sondern auch die Schulnoten verbessert. Gibt es mehr Sportunterricht, schaffen Schüler deutlich eher die Schule.“ Falls sie ihn überleben. Einer Statistik der „Allgemeinen Unfallversicherung“ zufolge ereignen sich im Sportunterricht rund 30.000 Schülerunfälle pro Jahr. Jeder zehnte an einem Sportgerät.
Unterschriften
    Draußen in der Welt werden Unterschriften langsam zu Schnee von gestern. So haben sie auf den Rückseiten von Kredit- oder Bankomatkarten de facto keine Funktion mehr, im Internet ist die Unterschrift als Legitimationsinstrument (z.B. für Kaufverträge) ähnlich bedeutungslos geworden wie der Fingerabdruck in der Kriminologie (Stichwort DNA-Analyse). Nicht so freilich in der Schule, wo die elterliche Unterschrift (nota bene im Mitteilungsheft) nach wie vor sakrosankt ist. Das Fälschen des väterlichen oder mütterlichen Handschriftzugs gilt immer noch als schulisches Kapitalverbrechen, das bis zur Suspendierung führen kann. Trotzdem ist das Unrechtsbewusstsein bei manchen Schülern nicht immer ausgereift. Anwendungsbeispiel:
    –  Patrick, gib zu, die heutige Unterschrift deiner Mutter ist gefälscht.
    –  Nein, ehrlich, die geht schon lang so.
Wörterbuch, das Österreichische
    Der
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