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Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Titel: Mitteilungsheft - Leider hat Lukas
Autoren: Niki Glattauer
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deutschen Schülern und Kindergartenkindern fand jetzt der Pädagoge Hendrik Radatz heraus, dass Grundschulkinder umso häufiger eine „Lösung“ ausrechnen, je älter sie sind: Die Jüngsten kamen auf eine Berechnungsquote von nur etwa zehn Prozent, die Zweitklässler auf 30 Prozent, die Dritt- und Viertklässler hingegen auf 54 beziehungsweise sogar 71 Prozent! Anders ausgedrückt: Je mehr Mathematikunterricht die Schüler erlebt haben, desto schneller rechnen sie ohne nachzudenken einfach blind drauflos. Radatz: „Das liegt daran, dass den Kindern in Mathe niemand beibringt, dass Rechnen auch einen Sinn haben muss. Die sehen Zahlen und beginnen wie wild zu rechnen, und zwar meistens genau das, was sie in den Wochen davor gepaukt haben. Addieren, Dividieren, Schlussrechnen. Einfach drauflos. Hauptsache eine Zahl als Ergebnis.“
Mitschüler
    Hieß früher Klassenkamerad. Ist in der Regel gleich alt wie der eigene Spross – oder er ist ein „Sitzenbleiber“. Obwohl das Konzept der Jahrgangsklassen zunehmend kritisiert wird, hält die Regelschule in der Regel daran fest (Ausnahme: Schulversuche in Wien). Noch einmal Brodnig/Hamann im „Falter“ (siehe
Klasse
): „In der ersten Klasse sitzen die Sechsjährigen, in der zweiten die Siebenjährigen: Das scheint uns selbstverständlich. Aber es war nicht immer so. Erst das Reichsvolksschulgesetz von 1869 teilte die Kinder nach Alter auf. ,Das hat man dem Militär nachempfunden‘, sagt Bildungsexperte Bernd Schilcher; die schulpflichtigen Kinder treten, ebenso wie die wehrpflichtigen Rekruten, ihren Dienst im Herbst an. Vor 1869 hingegen ging man davon aus, dass nicht alle denselben Reifegrad hätten. Deswegen saßen Kinder unterschiedlichen Alters in einem Raum und lernten, je nach Fach, in verschiedenen Gruppen miteinander.“ Moderne Mehrstufenklassen übernehmen dieses Prinzip heute wieder: Die Kinder lernen jedes in seinem eigenen Tempo, in Kleingruppen oder auch alleine. Manche Wiener Volksschulen praktizieren dieses Modell sehr erfolgreich. Sagen sie jedenfalls, wenn die Journalisten kommen.
Mitteilungsheft
    Basis des häuslichen Unfriedens. Ausgangspunkt innerfamiliärer Katastrophen. 70 Prozent aller Streitigkeiten in Österreichs Elternhäusern sind Untersuchungen zufolge auf Probleme mit der Schule zurückzuführen, in den skandinavischen Ländern, wo Schule ausschließlich in der Schule stattfindet, kaum 15 Prozent. Laut einer Befragung in Deutschland in 255 Familien ist vor allem für die soziale Mittelschicht die Schule Stressfaktor Nummer eins. 75 Prozent fühlen sich durch die Schule „zu sehr in Anspruch genommen“. Das „Mitteilungsheft“, das bessere Wort für „Achtung Problem!“, ist auch heute noch in fast allen Schulen ein Papier-Heft, meist in der Größe DIN-A5, in das der Schüler und dessen diverse Lehrerinnen abwechselnd Texte eintragen, die den Schulalltag dokumentieren, vor allem in seinen tragischen Ausformungen. So beginnt eine Eintragung ins Mitteilungsheft nicht selten mit den Worten: Leider hat … dann folgt, was Sache ist: … die Aufgabe vergessen, die Schulsachen nicht dabei, Streit mit dem Sitznachbarn gehabt, wieder, wieder nicht, heute nicht, heute nur, gefehlt, schon wieder gefehlt usw.
    Wenig überraschend gehen Mitteilungshefte überdurchschnittlich oft verloren, werden vergessen, vom Hund gefressen, von der kleinen Schwester irrtümlich das Klo hinuntergespült, vom Winde verweht etc.
Mobbing
    Neuer Begriff für altes Leid – das psychische Quälen und Verletzen von „Opfer-Tieren“ einer Gemeinschaft. Bezeichnenderweise ist „Du Opfer!“ im schulischen Kontext inzwischen zur Schimpfparole mutiert. Eine spezielle Form des Mobbing ist das Cyber-Mobbing im Internet. Alles, was es zu dem Thema zu sagen gibt, finden Sie auf mytopic.at , dem Online-Portal von „Topic“, dem Jugendmagazin des österreichischen Jugendrotkreuzes, das in österreichs Schulen fast flächendeckend abonniert wird.
Nachhilfe
    Gehört zu einer österreichischen Bildungskarriere wie das Amen zum Gebet. Nur kostet sie mehr als ein Amen: Untersuchungen der Arbeiterkammer zufolge geben Österreichs Eltern 110 Millionen Euro für Nachhilfestunden aus. In einem Kommentar im „Standard“ schrieb der Bildungsexperte Karl Heinz Gruber 3 in diesem Zusammenhang von einer „pädagogischen Schattenwirtschaft“, die inzwischen drauf und dran sei, ihre Schattenexistenz aufzugeben und als „Parallel-Schulsystem“ ans Licht der Sonne zu treten,
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