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Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Titel: Mitteilungsheft - Leider hat Lukas
Autoren: Niki Glattauer
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im Alter von etwa 16 Jahren erhalten 25 Dollar – also ein „Gehalt“ von 100 Dollar im Monat. Finanziert wird das Projekt über einen privaten Fonds, über den 40.000 Dollar zur Verfügung stehen. Hintergrund: Pro Jahr schafften an der Schule lediglich 14 Prozent der Schüler ihren Abschluss. Die Anwesenheitsrate in der Schule mit 170 Schülern lag nach Angaben des Schulleiters bei 77 Prozent.
Sex
    Wird naturgemäß auch in Schulen praktiziert, im Mittelstufenbereich vorwiegend in der Unterart Verbalsex. Wie vieles, was heute unter neuem Namen für Schlagzeilen sorgt (Mobbing, Komasaufen, Burnout etc.), hat es die lässliche sexuelle Verfehlung immer schon gegeben. Wir sublimierten diesbezügliche Anwandlungen einst – kichernd – mit ordinären (heutiger Schülersprech: argen) Zeichnungen und gekritzelten Ferkelsprüchen an Klowänden und Hausmauern. Anwendungsbeispiel von einst: AUTO. Inzwischen ist diese künstlerische Verfremdung des aus dem Süddeutschen stammenden F-Worts aus der Mode gekommen, weil dieses einem anderen, aus dem Norddeutschen stammenden F-Wort gewichen ist, das sich nicht mehr zu AUTO zurechtkritzeln lässt.
    Heute zeigt man sich – kichernd – Videos, die man aus dem Internet geladen hat, und vergleicht Pornoseiten. Nicht selten wird das eine oder andere optisch gelungene Exemplar aus dem Lehrkörper zur Zielscheibe pubertärer Anwandlungen. Anwendungsbeispiel: Habt ihr heuer auch die Salomon? – Ja, urgeil! Hast du von der die Dessohnes gesehen? – Die was? – Oida! Mach einmal das Kreuz bei dir. Und sag den Spruch: Im Namen des Vaters … etc., dann weißt du, wo die Dessohnes sind.
    Auch das ist nicht neu. Ich erinnere mich an eine frisch von der Uni kommende GW-Lehrerin, die, Kind der 60er Jahre, im Minirock zum Unterricht gekommen ist.
    –  Frafessor, ich kann das da ganz oben nicht lesen.
    –  Das da?
    –  Nein, das gaaaanz oben auf der Tafel.
    Dann stellte sie sich, um das vermeintlich unleserliche Wort auf der damals noch nicht verschiebbaren Tafel mit der Kreide nachzuziehen, auf die Zehenspitzen, bis ihr Minirock dort anfing, wo er fast schon wieder endete. Da lagen die zwei Mutigsten von uns bereits unter dem Lehrertisch.
Stoff
    Im schulischen Kontext kein Textil, sondern der Lehrinhalt, den es zu vermitteln gilt, pädagogisch portioniert und auf die einzelnen Schulstufen verteilt. Anwendungsbeispiel: Herr Fachlehrer, ich wollte Sie fragen, ob die Erde, wenn sie sich um die Sonne dreht und dabei den Mo … – Merk dir die Frage, Lukas, aber das Sonnensystem ist jetzt nicht Stoff. – Und wann? – In der Vierten wieder. Der sogenannte „Lehrstoff“ (aus dem leider nur in den seltensten Fällen die Träume unserer Kinder sind) ergibt sich aus den Bestimmungen und Vorgaben der Lehrpläne. In der Praxis freilich kennen die wenigsten Lehrerinnen die Lehrpläne, nach denen sie unterrichten sollten – oder allenfalls jene, die sie im Rahmen ihrer Ausbildung kennengelernt haben, manche vor ca. 30, 40 Jahren. Für sie wird dann das jeweilige Lehrbuch zum Schneider des Stoffs, den sie verkaufen (siehe
Schulbuch
).
Strafen & auszucken
    Im selben Maße, wie ich ein großer Gegner der in Schulen üblichen Bestrafungsrituale bin (Abschreibenlassen von Schulordnungen, Verabreichen von Doppelrationen „Hausübung“, Sitzpausen, Turnverbote etc.), bin ich ein großer Befürworter des geregelten Auszuckens. Detailliert beschrieben in meinem Buch „Der engagierte Lehrer und seine Feinde – Zur Lage an Österreichs Schulen“, Ueberreuter bzw. Haymon. Hier ein kurzer Auszug:
    –  Lukas, könntest du jetzt endlich deine Hände aus der Sabrina nehmen! Und spuck den Kaugummi aus!
    –  Mein Vater hat aber gesagt, ich darf Kaugummi, weil Kaugummi ist ihm lieber, als ich rauche ihm seine Zigaretten weg.
    –  Das kann ich verstehen, spuck ihn trotzdem aus. Und Sabrina, zieh dir etwas an!
    –  Ich hab eh was an.
    –  Ich meine, etwas, das dich bedeckt. Am besten aus Stoff.
    –  HERR LEHRER, DER LUKAS!!!
    –  Lukas! Ich habe gesagt, du sollst den Kaugummi wegwerfen, aber nicht der Milena in den Nacken picken!
    –  Oida! Sie haben gesagt, ich soll ihn ausspucken! Außerdem hat die Milena meine Mutter schon wieder Futnutte geschimpft.
    Bin ich in dieser Situation imstande, mit dem Kind jetzt ein belehrendes Gespräch zu führen? Nein, ich zucke aus. Dann laufe ich im Gesicht scharlachrot an, tobe, spucke und brülle, dass an der Decke die Neonröhre zuckt und am Boden die
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