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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten
Autoren: Alexandra Marinina
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sehr gefällst, ich habe dir versprochen, mich zu beherrschen, bis du selbst auf mich zukommst, aber ich bin nicht aus Eisen. Ich habe dich sehr gewollt, ich konnte es nicht mehr aushalten. Verzeih mir!«
    »Du hast gewollt? Und jetzt willst du nicht mehr?« fragte Kira mit ruhiger Stimme.
    »Jetzt will ich noch mehr«, erwiderte er scherzhaft, dankbar für den einzig richtigen Einfall. »Wie kann ich meine Schuld wiedergutmachen?«
    »Du mußt Russanow umbringen«, sagte sie in einem Tonfall, als würde sie ihn dazu auffordern, das Geschirr abzuspülen.
    Mein Gott, dachte Platonow voller Entsetzen, sie ist also wirklich verrückt. Und das heißt, daß es für mich wahrscheinlich keine Rettung gibt, wenn es mir nicht gelingt, sofort aus dieser so gastlichen Wohnung zu fliehen. Aber wohin?
    »Ich glaube, ich habe mich verhört«, sagte er so gelassen wie möglich, »was muß ich tun?«
    »Du mußt deinen Freund Sergej Russanow umbringen. Weil er gegen dich ist. Verzeih mir, Dima, ich habe einen Fehler gemacht, aber aufgrund dieses Fehlers habe ich heute verstanden, daß dein wirklicher Feind Russanow ist.«
    »Aber was redest du da, Kira«, sagte Dmitrij mit einem leisen Vorwurf in der Stimme, »das ist unmöglich. Sergej ist seit vielen Jahren mein Freund, warum sollte er gegen mich sein?«
    Er fuhr fort, mechanisch irgendwelche sinnlosen Worte aneinanderzureihen, um Kira davon zu überzeugen, daß sie im Irrtum war, aber eine innere Stimme wurde immer lauter. Vielleicht doch, sagte sie, vielleicht doch. Denn wenn es tatsächlich so war, dann wurde alles sofort verständlich. Sergej konnte herausgefunden haben, wer Tarassow war, dachte Platonow, weil er erstens ein erfahrener operativer Mitarbeiter ist und weil er zweitens meinen Charakter sehr gut kennt. Sergej kann Agajew umgebracht haben, weil ich mein Treffen mit ihm vor niemandem verborgen habe, ich habe das Fernschreiben nach Uralsk von unserer Dienststelle abgeschickt und mit Agajew zusammen das Gebäude des Ministeriums verlassen. Und dann wird auch klar, warum die Firma Variant sich aufgelöst hat. Ich habe gedacht, daß Russanow irgendeine Unvorsichtigkeit begangen hat, und mich gewundert, daß einem so erfahrenen, qualifizierten Beamten ein solcher Fehler unterlaufen konnte. Aber vielleicht war es gar kein Fehler, vielleicht war es Absicht. Aber warum? Mein Gott, warum hatte er das getan? Warum?

DREIZEHNTES KAPITEL
    1
    Am Montag morgen erwachte Platonow im Morgengrauen und fragte sich, ob er aufstehen und damit riskieren sollte, Kira aufzuwecken, oder ob er lieber noch eine Weile still liegenbleiben und nachdenken sollte.
    Er hatte auch diese Nacht auf der Liege in der Küche verbracht. Am Vortag hatten Kira und er ein schwerwiegendes Gespräch über Sergej Russanow geführt. Kira war davon überzeugt, daß sie recht hatte, Dmitrij verteidigte den Freund so gut er konnte, doch je mehr Argumente er zu seinen Gunsten fand, desto stärker wurde sein Verdacht.
    »Hör auf, Dima«, sagte Kira endlich mit müder Stimme. »Du glaubst selbst nicht, was du sagst.«
    Platonow wußte, daß sie recht hatte.
    Bis zum späten Abend wechselten sie kein einziges Wort über das, was im Flur vorgefallen war. Aber je näher der Moment kam, in dem es Zeit wurde, schlafen zu gehen, desto größer wurde die Verlegenheit zwischen ihnen. Sie tranken lange Tee in der Küche, um den entscheidenden Moment hinauszuzögern, unterhielten sich über dies und das. Endlich erhob sich Platonow.
    »Du mußt schlafen, Kira«, sagte er sanft, »geh zu Bett!«
    Sie sah ihn mit einem fragenden Blick an. Und du? schienen ihre Augen zu fragen, kommst du mit mir oder wirst du wieder in der Küche schlafen?
    »Geh, Liebe«, wiederholte Platonow, »und ich komme dann und sage dir gute Nacht.«
    Dmitrij schlug rasch sein Bett auf der Liege auf, zog sein Hemd und die Socken aus und betrat, nur mit Jeans bekleidet, das Zimmer. Kira lag bereits im Bett, sie hielt ein Buch in der Hand, und er bemerkte, daß sie entspannt wirkte, so, als wäre sie schon kurz vor dem Einschlafen. Er setzte sich auf den Rand des Sofas und streichelte sanft ihr Haar. In ihren Augen flammte plötzlich wieder das Feuer auf, das Dima schon so gut bekannt war. Doch dieses Mal blieb ihr Gesicht dabei leblos und blaß, sie preßte die Lippen zusammen, ihr Nacken schien sich zu versteifen. Sie streckte die Arme aus, umfaßte Dima und zog ihn zu sich herab. Er spürte, daß sie zitterte.
    Was ist los mit ihr? fragte er sich mit
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