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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten
Autoren: Alexandra Marinina
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verlassen.
    Nach dem Frühstück ging Kira einkaufen, und etwa zehn Minuten später klingelte es an der Wohnungstür. Platonow schlich auf den Flur hinaus und blieb mit angehaltenem Atem stehen. Es klingelte noch einmal. Dann hörte Platonow eine leise, fremde Stimme.
    »Dmitrij, hier ist die Kamenskaja. Können Sie mich hören?«
    »Ja«, antwortete er halblaut.
    »Ich werde jetzt in die Nachbarwohnung gehen und Sie von dort aus anrufen. Werden Sie abnehmen?«
    »Ja.«
    Nach ein paar Minuten schnarrte das Telefon.
    »Was geht bei Ihnen vor?« fragte die Kamenskaja. »Wohin ist Ihre Freundin gegangen?«
    »Zum Einkaufen und zur Telefonzelle.«
    »Wen will sie anrufen?«
    »Sie und Satotschny, wen denn sonst noch? Ich habe nur noch Sie und Iwan.«
    »Heißt das, daß Sie über Russanow Bescheid wissen?«
    »Kira hat mich aufgeklärt. Selbst wäre ich niemals auf die Idee gekommen, daß Sergej . . .«
    »Was hat Kira vor?«
    »Sie ist der Meinung, daß ich mit Russanow abrechnen muß.«
    »Das ist klar. Aber was haben Sie selbst vor?«
    »Ich habe keine Ahnung, Anastasija Pawlowna. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht mehr weiter. Ich habe Angst vor ihr.«
    »Haben Sie die Waffe gefunden?«
    »Ja, eine Neunmillimeter-Stetschkin.«
    »Weiß sie es?«
    »Ich hoffe nicht. Ich tue alles, damit sie nichts merkt. Aber sie hat vor irgend etwas schreckliche Angst. Und ich weiß nicht, wovor.«
    »Aber ich weiß es. Sie muß Sie umbringen. Sie hat einen Auftrag bekommen.«
    »Mich umbringen?«
    »Ja, Dima. Und sich selbst auch.«
    »Ich verstehe nicht. . .«
    »Sie hat als Scharfschützin den Auftrag erhalten, Dmitrij Platonow und seine Komplizin Kira Lewtschenko umzubringen. Haben Sie jetzt verstanden?«
    »Du lieber Gott, das arme Mädchen . . . Jetzt verstehe ich, warum sie so außer sich ist. Sagen Sie, wird nach mir immer noch gefahndet?«
    »Natürlich. Man wird die Fahndung erst nach Russanows Verhaftung auf heben.«
    »Das heißt, ich darf diese Wohnung nicht verlassen?«
    »Sie dürfen, aber man wird Sie sofort fassen. Darum lieber nicht.«
    »Und wie lange noch?«
    »Ich weiß es nicht, Dima. Wollen wir hoffen, daß Sie nicht mehr allzulange warten müssen. Ist der Revolver in Ordnung?«
    »Jetzt nicht mehr.«
    »Hat sie noch eine zweite Waffe?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe die ganze Wohnung abgesucht und nichts gefunden. Aber ich bin nicht sicher.«
    »Gut. Ich danke Ihnen, Dima. Der Trick mit der Bizadse hat funktioniert.«
    »Zum Glück haben Sie ihn durchschaut. Ich danke Ihnen. Was werden Sie jetzt tun?«
    »Ich weiß es noch nicht genau. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Ich weiß, daß Sie unschuldig sind. Aber ich werde das vorläufig niemandem sagen, damit Russanow keinen Verdacht schöpft. Wenn Ihre Freundin nicht zu Hause ist, können Sie mich anrufen, ich habe ja jetzt sowieso Ihre Adresse und Telefonnummer. Aber rufen Sie sonst niemanden an, nur mich.«
    »Und Satotschny?«
    »Lieber nicht.«
    »Warum?«
    »Ich weiß es nicht. Aber tun Sie es nicht. Rufen Sie nur mich an. Abgemacht?«
    »Abgemacht, Anastasija Pawlowna.«
    »Sie können einfach Nastja zu mir sagen. Ich bin sieben Jahre jünger als Sie.«
    »Wirklich? Hätte ich nie gedacht. . . Aus irgendeinem Grund habe ich geglaubt, daß Sie Lamara ähnlich sehen, so eine Frau in den Jahren, mit einer voluminösen Stimme.«
    »Dima, ich verstehe, wie schwer Sie es haben. Sowohl in bezug auf Russanow als auch in bezug auf Kira. Aber halten Sie durch! Es wird nicht mehr lange dauern, das verspreche ich Ihnen.«
    »Danke. Ich werde durchhalten.«
    Platonow legte auf und stürzte zum Fenster. Kurz darauf trat eine große, hagere Blondine in Jeans und Jacke aus dem Haus, ihr langes Haar war am Hinterkopf zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Dmitrij konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber aus irgendeinem Grund war er sicher, daß sie sehr schön war.
    7
    Die Regionalbehörde und das Hauptamt der Moskauer Kripo hatten sich endlich auf Zusammenarbeit geeinigt, da der Fall des Scharfschützen nicht mehr vom Fall Platonow zu trennen war. Als Kira Lewtschenko am Dienstag abend das Haus verließ, lief die Meldung darüber an mindestens drei Stellen gleichzeitig ein, unter anderem auch bei Gordejew, der sofort Nastja anrief.
    »Verlasse dein Büro nicht, bleib, wo du bist. Vielleicht wird Platonow dich anrufen.«
    Und er rief tatsächlich an.
    »Wohin haben Sie sie geschickt?« fragte Nastja.
    »Sie ist Russanow anrufen gegangen. Ich lasse sie ja jeden Tag bei euch
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