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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten
Autoren: Alexandra Marinina
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dein Geburtsjahr und fragst nach der Adresse und Telefonnummer.«
    »Wozu sollte das gut sein?« fragte Kira erstaunt.
    »Wir müssen versuchen herauszufinden, ob etwas gegen uns läuft, ob es womöglich Anweisungen von oben gibt«, erklärte Platonow und fühlte sich dabei wie ein Vollidiot. »Sergej kann uns nicht einfach einen Killer schicken, er muß zu seinen Chefs gehen und sie davon überzeugen, wie ungemein gefährlich ich bin und so weiter. Kurz, wenn man uns aufgespürt hat und etwas vorhat, hat das Adressenbüro eine Auskunftssperre für unsere Namen bekommen. Hast du verstanden? Wenn man dir also nichts sagt und dich an das Innenministerium verweist, dann bedeutet das, daß du recht hast, und wir beide müssen uns so schnell wie möglich aus dem Staub machen. Wenn man dir die Auskunft gibt, ist höchstwahrscheinlich alles in Ordnung, dann brauchen wir uns keine Sorgen mehr zu machen. Nur vergiß den georgischen Akzent nicht!«
    Jetzt stand Kira in der Telefonzelle und gab sich Mühe, mit georgischem Akzent zu sprechen.
    »Guten Tag. Wollen wir nach Woronesh fahren?«
    »Wie ist Ihr Name?«
    »Bizadse aus dem Zentralbezirk.«
    »Wen suchen Sie?«
    »Lewtschenko.«
    »Einen Moment.«
    Nach einer halben Minute ertönte in der Leitung eine andere Frauenstimme.
    »Lewtschenko. Vorname und Vatersname?«
    »Kira Wladimirowna.«
    »Geburtsjahr?«
    »1965.«
    »Geburtsort?«
    »Moskau.«
    »Iwanowskaja Straße 18, Wohnung Nr. 103, Telefon . . .«
    Kira hörte sich an, wie ihr ihre eigene Adresse mitgeteilt wurde, bedankte sich und hängte den Hörer wieder ein. Also hatte Russanow es nicht gewagt, über den offiziellen Weg zu gehen. Das hieß, daß im Innenministerium niemand wußte, wo Platonow sich befand. Das war gut.
    Kiras dritter Anruf galt der Kamenskaja. Dima hatte sie beauftragt, ihr einen rätselhaften Text durchzugeben. »Der stellvertretende Direktor des Büros für Visa- und Paßangelegenheiten im Zentralbezirk kommt seiner Arbeit nur sehr mangelhaft nach.«
    »Was bedeutet das?« fragte Kira erstaunt, nachdem sie Platonows seltsame Anweisung entgegengenommen hatte.
    »Belaste dir nicht den Kopf damit!« sagte Dmitrij ausweichend. »Das ist eine Art Parole, ein Polizeijargon. Merke dir den Satz einfach, und gib ihn der Kamenskaja durch.«
    »Nein, ich möchte verstehen, was ich sage«, widersprach Kira eigensinnig. »Ich rufe die Kamenskaja nur an, wenn ich weiß, was ich da sage.«
    »Verstehst du, den Leuten, die über die Firma Artex und später über Variant ins Ausland gereist sind, wurden die entsprechenden Reisepässe im Büro für Visa- und Paßangelegenheiten im Zentralbezirk ausgestellt. Dort ist einer, der gegen riesige Schmiergelder innerhalb von drei Tagen Reisepässe ausstellt, ohne jede Überprüfung der Personalien und gegen alle Vorschriften. Ich weiß von dieser Geschichte schon lange, habe aber bisher geschwiegen, um nicht die ganze Herde aufzuscheuchen. Aber jetzt, da wir wissen, daß Russanow uns verraten hat und die Unterlagen, um die ich so gebangt habe, sowieso in fremde Hände geraten sind, können wir die Sache auffliegen lassen. Soll die Kamenskaja jemandem flüstern, was dort vor sich geht, damit eine Überprüfung eingeleitet wird. Hast du verstanden?«
    »Ja, jetzt habe ich verstanden«, sagte Kira.
    3
    Als der Anruf der fremden, von Platonow beauftragten Frau kam, saß Nastja in ihrem Büro und bereitete für Gordejew den fälligen Auswertungsbericht vor. Das, was sie vom anderen Ende der Leitung zu hören bekam, brachte sie aus der Fassung.
    »Habe ich Sie richtig verstanden?« fragte sie nach. »Der stellvertretende Direktor des Büros für Visa- und Paßangelegenheiten im Zentralbezirk kommt seiner Arbeit nur sehr mangelhaft nach?«
    »Ja, Sie haben richtig verstanden.«
    »Gut, ich werde das klären«, erwiderte Nastja trocken.
    Die Situation gefiel ihr immer weniger. Schon gestern, als Igor Lesnikow bei Lena Russanowa jenes berüchtigte Notenheft gefunden hatte, in dem der Papierstreifen mit der darauf notierten Kontonummer fehlte, hatte sie mit Betrübnis daran gedacht, daß sowohl Russanow als auch Platonow in gleichem Maß Zugang zu diesem Notenheft gehabt hatten. Sowohl der eine als auch der andere besuchte Lena regelmäßig und führte von ihrem Telefon gelegentlich auch dienstliche Gespräche.
    Sie dachte eine Weile nach und kam zu dem Schluß, daß Platonow die Kontonummer wohl kaum jemandem zugänglich gemacht hätte, wenn es um Bestechungsgeld für ihn
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