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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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überquerte einen Schienenstrang für Frachtgüter der Southern Pacific, und dann entdeckte ich das rehbraune Cabrio auf einem Fernfahrerrastplatz mit einem kleinen Restaurant daneben. Der Regen wurde heftiger, als ich hineinging.
    Da der schwarze Hausmeister gerade den Fußboden bohnerte und die Tische abwischte, waren die Vorhänge aufgezogen und die Deckenbeleuchtung eingeschaltet. Im hellen Licht sah man die Brandspuren der Zigaretten auf den Dielen, die mit Klebeband geflickten Plastikbezüge in den Sitzecken und Stapel von Bierkästen in den Winkeln. Eine schwergewichtige Barfrau trank Kaffee und schwatzte am Tresen mit zwei Ölarbeitern. Die Männer trugen Schutzhelme, ihre Stiefelspitzen waren mit Stahlkappen verstärkt und ihre Arbeitskleidung mit Bohrschlamm bespritzt. Einer von ihnen kaute auf einem Streichholz herum und sagte zu mir etwas über das Wetter. Als ich nicht antwortete, stierten er und sein Freund und die Frau unverwandt auf mich, die Pistole und die Marke an meinem Gürtel.
    Claudette Rocque saß am Tisch neben der Hintertür. Die Tür stand offen, und Nebelschwaden drangen durch den Fliegendraht herein. Draußen auf den Eisenbahngleisen konnte ich die rostfarbenen SP-Güterwaggons im Regen schimmern sehen. Sie schlürfte ihren Gin Rickey und schaute mich über den Rand ihres Glases an. Ihr Gesicht war geschwollen und übermüdet, und die braunen Augen mit dem seltsamen roten Schimmer wirkten verhangen und schläfrig vom Alkohol. Um die Wundnähte an ihrem Kinn zeichneten sich noch die Spuren von Pflaster ab, und die Haut um ihren Kieferknochen war gesprenkelt. Ihr gelbes Sommerkleid und das orangefarbene Band in ihrem Haar dagegen wirkten frisch und sauber und verliehen ihr sogar etwas Anziehendes, und ich vermutete, daß sie geduscht und sich umgezogen hatte, nachdem sie Bubba in dem Duschvorhang aus Plastik die Treppe hinuntergeschleift, ein Loch im Garten ausgehoben, ihn verscharrt, die Geranien wieder eingepflanzt und Matratze, Laken und Kopfkissen auf dem Komposthaufen verbrannt hatte. Sie inhalierte aus ihrer Filterzigarette tief und blies den Rauch in meine Richtung.
    »Sie haben eine schlimme Nacht hinter sich«, sagte ich.
    »Gab schon schlimmere.«
    »Sie hätten ihn woanders hinschaffen sollen. Vielleicht wären Sie damit sogar durchgekommen.«
    »Wovon reden Sie eigentlich?«
    »Ich hab’ ihn ausgebuddelt. Übrigens auch das Zuckerrohrmesser.«
    Sie trank aus ihrem Glas und paffte wieder an ihrer Zigarette. Ihr Blick wirkte leicht belustigt.
    »Trinken Sie aus, Claudette! Sie haben einen langen Entzug vor sich.«
    »Oh, rechnen Sie bloß nicht allzu fest damit, Kürbiskopp. Sie sollten öfter fernsehen. Geprügelte Frauen sind heutzutage groß in Mode.«
    Ich löste die Handschellen von meinem Gürtel, nahm ihr die Zigarette aus dem Mund, ließ sie zu Boden fallen, schob ihr die Rückenlehne zwischen die Arme und fesselte ihre Hände.
    »Oh, unser Gesetzeshüter ist ja so unbeugsam, ganz der ritterlich-edle, stocknüchterne Anonyme Alkoholiker! Ich möchte trotzdem wetten, daß dir ’ne leicht ramponierte Tussi ganz gelegen käme! Ist deine letzte Chance, Süßerchen, weil ich schon morgen früh auf Kaution freikomme. Entscheide dich am besten gleich!«
    Ich holte mir einen Stuhl und setzte mich rittlings darauf.
    »Sie haben drei Jahre abgesessen und halten sich für knasterfahren«, sagte ich, »aber in Wirklichkeit sind Sie noch immer eine blutige Anfängerin. Ich kann Ihnen Ihren Part vorlesen: Sie werden nicht eingelocht, weil Sie Bubba die Kehle durchgeschnitten haben. Das kümmert kein Aas, wenn einer wie Bubba umgelegt wird, außer vielleicht die Leute, denen er noch Geld schuldet. Statt dessen wird ein Schwurgericht aus arbeitslosen Ölmännern, fundamentalistischen Schwachköpfen und Schwarzen, die von der Wohlfahrt leben und stinkreiche Leute nicht leiden können, Sie in den Bau schicken, weil Sie eine Vorbestrafte und obendrein Lesbierin sind.
    Natürlich erscheint Ihnen das schrecklich unfair. Recht haben Sie. Aber die größte Ironie besteht doch darin, daß die Leute, die Sie zurück nach St. Gabriel schicken, niemals den Namen jenes unschuldigen Mädchens erfahren werden, das Sie gemordet haben. Manche Leute nennen das vielleicht komisch. Die reinste Narrenposse aus dem Tollhaus.«
    Ihre rötlich-braunen Augen waren schmal und tückisch. Die Beule über dem einen Augenlid sah aus wie eine kleine blaue Maus. Ich ging zum Münzfernsprecher an der Wand neben der
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