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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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Bar und rief im Sheriffbüro an. Ich wollte gerade einhängen, als ich hörte, wie Claudette den Stuhl scharrend über den Boden schleifte, ihn mit ihrem ganzen Gewicht an die Wand schmetterte. Sie riß die vorderen Beine mitsamt der Sitzfläche von der Rückenlehne und taumelte, die zerbrochenen Holzteile an der Handfessel mitschleifend, durch die Fliegendrahttür hinaus in den Regen.
    Ich folgte ihr querfeldein bis zu den Bahngleisen. Ihr gelbes Kleid war am Hinterteil schlammbesudelt, das Band hatte sich von ihrem Kopf gelöst, und die Haare klebten ihr naß im Gesicht. Der Regen war heftiger geworden, und die Tropfen waren groß und platt und kalt wie Hagelkörner. Ich packte sie am Arm und versuchte, sie zurück zum Rastplatz zu zerren, doch sie setzte sich mitten in eine graue Wasserpfütze. An ihren Armen, die ihr von den Handschellen auf den Rücken gedreht waren, zeichneten sich Muskelstränge ab.
    Ich beugte mich vor und versuchte, sie auf die Füße zu ziehen. Sie, blieb breitbeinig mit gebeugten Schultern und gesenktem Kopf in der Wasserlache sitzen. Als ich sie an den Armen zog, rutschte mir ihre schlüpfrige Haut durch die Hände, und sie sackte zurück. Sie kippte im Wasser zur Seite, stemmte sich auf die Knie, und ich dachte, sie wolle aufstehen. Ich beugte mich neben ihr hinunter und wollte sie an einem Arm unter der Achsel stützen. Sie blickte im strömenden Regen zu mir hoch, als sehe sie mich zum allerersten Mal, und spuckte mir ins Gesicht.
    Ich wich einen Schritt von ihr zurück, wischte mich mit dem Taschentuch ab und warf es weg. Sie starrte wie gebannt über die Felder auf die grüne Baumlinie am Horizont. Wasser rann in kleinen Bächen aus ihrem durchnäßten Haar über das Gesicht. Ich ging zu einem der leeren Güterwaggons auf dem Abstellgleis und zerrte ein Stück alter Leinwandplane vom Wagenboden. Es war steif und dreckverkrustet, aber immerhin trocken. Ich legte es über sie, und jetzt schaute sie darunter hervor wie aus einem kleinen Häuschen mit Spitzdach.
    »Auf diese Art machen es die Mennoniten«, sagte ich, doch an feineren Nuancen war sie nicht interessiert. Sie starrte den Hilfssheriffs und Minos Dautrieve entgegen, die auf dem Parkplatz aus ihren Autos stiegen. Ich stand neben ihr und beobachtete, wie sie über das vom Regen durchweichte Feld auf uns zustapften. Durch die geöffneten Schiebetüren des Güterwaggons konnte ich vom Wind aufgewirbelte Weizenspreu sehen, und die grauen Gebäude der Zementfabrik in der Ferne wirkten durch den Regenvorhang wie Getreidesilos. Donner hallte über das Land, als Minos mir etwas zurief, und mir war, als hörte ich die Stimmen Ertrunkener aus der Salzwüste des Meeres weit draußen und aus Weizenfeldern im Regen. Ich dachte an weiße Schaumkämme im Golf und an Sonnenblumen und Weizenfelder im Regen.

Epilog
    Ich arbeitete zwei weitere Wochen beim Amt des Sheriffs und steckte es dann. Im August stieg die Sonne allmorgendlich grellweiß auf, die Luft war dunstig von Feuchtigkeit, und noch die leichteste Bekleidung klebte am Körper wie nasses Papier. Ich mietete einen anspruchslosen Bungalow an der texanischen Küste, und Robin, Alafair und ich angelten Stachelwelse, Regenbogen- und Weißforellen. In der Morgendämmerung, wenn die Ebbe sich weit vom Watt zurückgezogen hatte, kreischten Möwen und kreisten am Himmel und stießen mit ihren Schnäbeln hinab in die Teiche mit gefangenen Schalentieren, und dann verfärbte sich der lange, nasse Sandstreifen mit einemmal zu rosigem Purpur, und die einzelne Palme in unserem Gärtchen hob sich wie ein schwarzer Stahlstich vor der Sonne ab.
    Es war stets kühl, wenn wir morgens mit dem Boot hinausfuhren, und dann kam der Wind von Südosten auf, und wir konnten die Forellenschwärme riechen, die unter den glänzenden Flecken, die sie auf dem Wasser hinterließen, nach Futter schnappten. Wir schipperten mit dem Boot quer über die mondsichelförmige Bucht, die auf allen Seiten von Sandhügeln, Riedgras und abgestorbenen Zypressen gesäumt war, und wenn wir über die letzte Sandbank in tieferes Wasser glitten und im Golf waren, konnten wir die ausgedehnten glänzenden Flecken wie von ausgelaufenem Öl aus einem gesunkenen Tanker sehen, und dann bestückten wir unsere Haken mit lebenden Krabben, warfen sie vom Rand dieses Fleckens aus und ließen unsere Holzschwimmer laut auf die Wasseroberfläche platschen. Gelegentlich zogen wir einen Wels heraus, und immer erkannten wir einen Katzenfisch an der
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