Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
waren, daß ihr jegliches Gespür für Normalität abging.
    Ihre Sonnenbräune hielt sogar im Winter, und sie hatte die weichste Haut, die ich je berührt habe. Kleine Lichter spielten in ihren Augen, wenn man in sie hineinschaute, sich darin verlor. Sie sah, daß ich sie anlächelte, setzte die Schüssel mit Krabben ab, ging an mir vorbei, als wolle sie die Angelruten überprüfen, und dann spürte ich sie hinter mir, spürte, wie sich ihre Brüste weich an meinen Hinterkopf drückten. Dann zerwühlten ihre Hände mein Haar, das sie mir wie ein Knäuel schwarzer Schlangen über die Augen legte, und ihre Finger tasteten über mein Gesicht, den Schnurrbart, meine Schultern, die Narbe von einer Tretfalle, einem pungi-stick, auf meinem Bauch, die aussah wie ein platter grauer Wurm, bis ihre so unschuldig gewährte Zärtlichkeit mir das Gefühl gab, daß all meine Jahre, meine früheren Liebesaffären und meine kaputte Leber völlig bedeutungslos waren. Vielleicht war ich verblödet, vielleicht aber auch einfach glücklich, denn schließlich läßt sich jedes alternde Tier widerspruchslos von der Jugend verführen. Doch ihre Liebe war keine Verführung; sie war noch nach einem Jahr Ehe beharrlich und stets gegenwärtig, sie liebte mich freudig und bedingungslos. Sie hatte ein erdbeerförmiges Muttermal über der rechten Brust, und wenn wir miteinander schliefen, füllte es sich mit Blut, bis es dunkelrot wurde. Sie kam um den Stuhl herum, setzte sich auf meinen Schoß, rieb mit der Hand über den dünnen Schweißfilm auf meiner Brust und kitzelte meine Wange mit ihrem Wuschelhaar. Sie rutschte auf meinem Schoß herum, spürte, wie ich hart wurde, sah mir wissend in die Augen und flüsterte, als könne man uns belauschen: »Komm, holen wir die Luftmatratze aus dem Spind.«
    »Und was machst du, wenn ein Flugzeug der Küstenwache kommt?«
    »Winken.«
    »Was ist, wenn eine Angelschnur abspult?«
    »Ich versuche, dich abzulenken.«
    Ich wandte den Blick von ihr und schaute zum südlichen Horizont.
    »Dave?«
    »Da kommt ein Flugzeug.«
    »Wie oft bekommst du einen Antrag von deiner eigenen Frau? Laß die Gelegenheit nicht vorbeigehen, Skipper.« Ihre blauen Augen waren freudig und voll Licht.
    »Nein, schau, der hat Schwierigkeiten.«
    Es war eine hellgelbe zweimotorige Maschine, und ein langer Schweif aus dickem schwarzen Rauch quoll hinter der Kanzel aus dem Rumpf und verlor sich am Horizont. Der Pilot versuchte verzweifelt, Höhe zu gewinnen, und jagte beide Motoren auf höchste Drehzahl, doch die Tragflächen kippten ab, ließen sich nicht ausrichten, und die Maschine stürzte auf das Wasser zu. Sie raste an uns vorbei, und hinter den Glasfenstern konnte ich Gesichter erkennen. Der Rauch wirbelte aus einem gezackten Loch kurz vor dem Schwanz.
    »O Dave, ich glaube, ich hab’ da drin ein Kind gesehen«, rief Annie.
    Der Pilot mußte versucht haben, es bis Pecan Island zu schaffen, um dort im Schilfgras eine Bruchlandung zu machen, doch plötzlich lösten sich Teile des Ruders wie Fetzen nasser Pappe, und das Flugzeug kippte jäh nach Backbord ab und beschrieb einen Halbkreis. Beide Motoren setzten jetzt aus. Rauch kräuselte dick und schwarz wie bei einem Ölbrand, und es krachte hart mit einer Tragfläche aufs Wasser, überschlug sich in der Luft wie ein Wirbelstock und landete in einer gewaltigen Kaskade aus grünem und weiß aufschäumendem Wasser und treibendem Seetang auf dem Rücken.
    Das Wasser kochte und verzischte auf den überhitzten Motorverkleidungen, und das Loch im hinteren Teil des Rumpfes schien die See förmlich ins Innere der Maschine zu saugen. Binnen Sekunden schwand das leuchtende Gelb der Unterseite des Flugzeugs in den niedrigen Wellen, die darüber hinwegspülten. Ich konnte die Türen nicht sehen, rechnete aber jeden Augenblick damit, daß jemand mit einer Schwimmweste an der Wasseroberfläche auftauchte. Statt dessen stiegen große Luftblasen von der Kanzel auf, und ein schmieriger Film aus Öl und Benzin trübte den schimmernden Widerschein der Sonne auf den Tragflächen.
    Annie funkte auf Kurzwelle mit der Küstenwacht. Ich befreite den Anker aus dem Schlick, warf ihn scheppernd in den Bug, kippte den großen Chrysler-Motor ins Wasser, hörte den Auspuff unter der Wasserlinie husten und hielt mit Vollgas auf das Wrack zu. Wind und Gischt waren wie ein kühler Schlag ins Gesicht. Aber jetzt war von dem Flugzeug nur mehr ein schwaches goldenes Schimmern in der größer werdenden Öl- und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher