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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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Schrotgewehre aufgewacht war.
    Aber ich durfte sie nicht zu Boden zwingen, indem ich einen Psychopathen dazu provozierte, seine Frau zu erschlagen. Das mag sich edel anhören, ist es aber nicht. Das Alkoholiker-Therapieprogramm, dem ich mich unterzogen hatte, verbot mir zu lügen, andere Menschen zu manipulieren, sie zu verplanen oder zu steuern, besonders dann nicht, wenn die Absicht dahinter offenkundig destruktiver Natur war. Tat ich es doch, würde ich rückfällig, würde anfangen, mein Leben und das Leben jener, die mir am nächsten standen, zu verwüsten und schließlich als derselbe heillose Säufer enden, der ich vor Jahren gewesen war.
    Ich bereitete mir Kaffee, trank ihn draußen auf der vorderen Veranda und beobachtete, wie der erste blasse Lichtstreifen den östlichen Horizont aufhellte. Es war immer noch heiß, und die Sonne brach rot über den Rand der Erde und setzte die niedrig hängenden Wolkenbänder in Flammen; eine unübersehbare Warnung für die Seeleute gewiß, doch dieser Morgen sollte für mich Anfangs- und Endpunkt zugleich werden. Ich wollte mich nicht mehr täglich geißeln, weil ich meine Rachsucht, die meine Wut forderte, nicht mit der Wurzel packen und ausreißen konnte; ich wollte nicht länger versuchen, alles unter Kontrolle zu bekommen, das mir unter die Augen kam; und ich wollte demütig versuchen, den Lebensplan zu akzeptieren, den eine höhere Macht für mich entworfen hatte.
    Und schließlich wollte ich mich weigern, weiterhin ein Teil von all der Gewalt und dem Schmutz im Leben von Bubba und Claudette Rocque zu sein.
    Wie stets, wenn ich ein Problem oder etwas Eigennütziges in mir meiner Höheren Macht überantwortete, überkam mich das Gefühl, als habe ich einen Albatros vom Nacken geschüttelt. Ich sah, wie das rote Glühen der Sonne höher in den zinnfarbenen Himmel stieg, sah, wie der schwarze Saum der Bäume auf der anderen Seite das Bayou erst grau und dann allmählich grün und in den Umrissen scharf wurde, hörte, wie mein Nachbar das Wasser aufzischen ließ, als er seine Berieselungsanlage einstellte. Es war windstill, und da seit zwei Tagen kein Regen gefallen war, hatte sich Straßenstaub auf den Blättern der Pecanobäume abgesetzt, und die Fäden tanzenden Lichts zwischen den Zweigen sahen aus wie gesponnenes Glas.
    Doch ich hatte schon vor langer Zeit gelernt, daß Entschlossenheit allein nicht genügt; wir sind das, was wir tun, nicht das, was wir denken und fühlen. In meinem Fall bedeutete dies, daß ich keinen weiteren Schaden an Claudette Rocque auf mein Gewissen laden wollte, kein weiteres Aufstacheln, keinen neuen Angelhaken in Bubbas Kopf; das Spiel sollte jetzt nach anderen Regeln fortgesetzt werden. Das bedeutete aber auch, daß ich beiden alles erzählen mußte.
    Ich rasierte mich und duschte, zog eine leichte Leinenhose und Slipper an, steckte die Dienstmarke an, schnallte das Pistolenhalfter an den Gürtel, trank in der Küche noch eine Tasse Kaffee, fuhr dann den Sandweg entlang in Richtung New Iberia und auf die alte Schnellstraße nach Lafayette. Das Wetter war plötzlich umgeschlagen. Eine langgestreckte Bank regenschwerer grauer Wolken, die sich von Horizont zu Horizont erstreckte, schob sich von Süden heran, und als der erste Schatten sich vor die Sonne legte, erhob sich über der Marsch eine Brise, zauste das Moos an den Zypressen und schüttelte die staubigen Blätter der Eichen entlang der Straße durch.
    Ich konnte spüren, wie der Luftdruck sank. Die Brassen und Kaulbarsche furchten bereits das Wasser an den Rändern der Seerosen, wie stets, wenn ein Wetterumschwung bevorstand, und Hühnerhabichte und Kraniche, die in den heißen Aufwinden der Marsch dahinglitten, stießen jetzt in immer enger werdenden Kreisen aus dem dunkler werdenden Himmel herab. Die Main Street von New Iberia war staubverhangen, der grüne Bambus an den Ufern des Bayou Teche bog sich im Wind. Am Ortsrand schleppte der schwarze Besitzer eines Obststandes, der dort seit meiner Kindheit Waren feilgeboten hatte, die Erdbeerkörbe aus dem Baumschatten neben dem Highway unter seinen überdachten Stand.
    Zwanzig Minuten später näherte ich mich dem Vermilion River und der Südstaaten-Prunkvilla von Bubba und Claudette Rocque. Die Luft war jetzt kühl, die Wolken hingen blauschwarz über mir, und das grüne Zuckerrohr raschelte auf den Feldern. Ich roch den von Süden heranziehenden Regen, witterte den Geruch nasser Erde, den der Wind herantrug. Ein Stück voraus konnte
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