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Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde
Autoren: Jutta Beyrichen
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1.
    »Wo bleibst du denn, Pat?« Gavin kam in den Stall gerannt, Gerte und Kappe unter den Arm geklemmt. »Der Transporter ist da!«
    »Bin gleich fertig.« Patricia knüpfte den letzten Knoten in Goldies Mähne fest. Seit dem frühen Morgen war sie damit beschäftigt, die Fuchsstute für das Turnier herzurichten, und das Ergebnis ihrer Arbeit konnte sich sehen lassen: Das rote Fell schimmerte wie Seide, die Hufe glänzten und den langen Schweif hatte Patricia shampooniert, gekämmt und die Spitzen so sorgfältig gerade geschnitten, als wenn es sich um ihre eigenen Haare gehandelt hätte.
    Goldie schien zu wissen, um was es ging. Unruhig trat sie in der Box hin und her und haschte spielerisch nach Patricias Hand, als diese ihr nun über die schmale Blesse strich.
    »Du bist schon genauso aufgeregt wie ich, nicht wahr, meine Schöne?« Patricia lachte. »Sie hat Ehrgeiz, merkst du es?«
    Der dunkelhaarige Junge mit den fröhlichen braunen Augen lachte ebenfalls. »Na, dann wird sie sich heute vielleicht ein wenig anstrengen müssen. Seaspray ist top in Form, ich glaube nicht, dass Goldie ihn schlägt.«
    »Das werden wir ja sehen!« Patricias blaue Augen funkelten. »Das letzte Mal hast du auch gedacht, wir schaffen es nicht.«
    Gavin winkte ab. »Das war reine Glückssache. Passiert heut nicht wieder, glaub mir.«
    »Wollen wir wetten?« Patricia sah ihn herausfordernd an.
    »Klar. Um was?«
    »Ein Eis, wie immer?«
    »Okay. Diesmal zahlst du, verlass dich drauf.«
    »Sei dir da mal bloß nicht zu sicher!« Patricia wischte sich die Hände an ihrer Reithose ab, öffnete die Boxentür und führte die Stute heraus. »Du hast es gehört, Goldie«, sagte sie zu ihr und klopfte liebevoll den glatten, warmen Hals. »Es geht um ein Eis, also tu dein Bestes!«
    Goldie schnaubte und Gavin grinste. »Sie mag kein Eis. Aber das werde ja sowieso ich gewinnen... Also, dann mal auf«, sagte er und trat hinter den beiden aus der Stalltür. »Seaspray ist schon draußen beim Parcours, Mr Evans wollte ihn direkt hinbringen.« Der Schimmelwallach gehörte im Gegensatz zu Goldie nicht dem Reitverein, sondern sein Besitzer, ein Rechtsanwalt aus Edinburgh, ließ ihn Gavin als Gegenleistung für die Pflege des Pferdes reiten. Schon mehrfach hatte Gavin für Mr Evans auf Turnieren Preisgelder errungen und vom Anteil, den er selbst dafür erhielt, hoffte er, sich irgendwann ein eigenes Pferd kaufen zu können. Patricia und er blätterten seit Langem schon die Anzeigenblätter durch und träumten von dem wunderbaren Pferd, das sich Gavin dann eines Tages kaufen würde. Gavins Eltern ließen ihn gewähren, sie waren der Meinung, wenn seine Pferdeverrücktheit anhielt, so sei das immerhin besser, als wenn sein Herz für Motorräder schlug. Ob Patricia selbst einmal Pferdebesitzerin werden würde, stand allerdings noch mehr in den Sternen – ihre Eltern hielten von solchen, wie sie meinten, kindischen Träumereien leider rein gar nichts. Patricia seufzte ein wenig, aber dann hob sie den Kopf und schritt schneller voran. Der Tag war zu vielversprechend, um sich die Laune verderben zu lassen. Sogar das Wetter spielte mit – der April war warm für schottische Verhältnisse, selbst in Edinburgh, und Patricias heimliche Gebete um trockenen Boden auf dem Parcours hatten sich wunderbarerweise erfüllt.
    Im Stallhof herrschte bunter Trubel. Blank geputzte Pferde trippelten nervös im Morgensonnenschein, während sie von ihren jungen Reitern und Reiterinnen in die bereitstehenden Transportanhänger geführt wurden.
    »Vorsicht da drüben!« Eine hochgewachsene, schlanke junge Frau eilte gerade noch rechtzeitig dazu, um zu verhindern, dass zwei Braune aufeinander losgingen. »Mensch Katie, du weißt doch, dass sich Missy und Chestnut nicht riechen können!« Die Reitlehrerin griff nach dem Zaum der einen braunen Stute und zog sie von der anderen weg. Chestnut hatte ihre Ohren flach an den Kopf gelegt und die Zähne gebleckt, während ihre Gegnerin Missy ihr schon die Hinterhand zukehrte, bereit, nach ihr auszukeilen. Beide trompeteten wütend.
    »’tschuldigung, Helen!« Katie fuhr sich nervös durch ihr kurzes braunes Haar, ihr Gesicht brannte und schnell brachte sie ihr Pferd in Sicherheit. »Ich habe nicht darauf geachtet, dass Chestnut hier steht.«
    »Na, ist ja noch mal gut gegangen.« Helen klatschte in die Hände. »Tempo, wir müssen los. Rein mit den Gäulen in den Wagen!«
    »Mit den Gäulen!«, entrüstete sich Katie und führte Missy
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