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Mischpoche

Titel: Mischpoche
Autoren: Gmeiner-Verlag
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sprachlos zu sein.
    »Ich hätt’ diesem Renegaten ja vieles zugetraut. Aber das nicht«, meinte er endlich. Dann versicherte er Bronstein, ihm unendlich zu Dank verpflichtet zu sein und dass er sofort die nötigen Maßnahmen ergreifen würde. Er, Bronstein, solle unbesorgt sein, das werde alles in Ordnung kommen. Dank seiner Hilfe natürlich!
    »Nur dank Ihnen, Herr Oberst. Ich weiß das sehr zu schätzen.«
    Bronstein war erstaunt: »Sie wissen, wer ich bin?«
    »Natürlich, Herr Bronstein. Und ich weiß auch, was Sie im Vorjahr geleistet haben. Und im 27er Jahr! Darum habe ich Ihnen auch auf’s Wort geglaubt. Aber nun können Sie mir glauben: damit kommt er nicht durch, der Mussolini. Ihre Entdeckung wird europaweit Wellen schlagen und an denen wird er sich verschlucken, der feine Herr Diktator.«
    Forstner rief eilig nach dem Zahlkellner, entrichtete seine Zeche, verabschiedete sich in aller Form von Bronstein und entschwand.
    In Bronstein machte sich eine gewisse Leere breit. Alles, was nun folgte, fiel nicht mehr in sein Ressort. Für ihn war die Geschichte beendet. Und er stand wieder dort, wo er vor einer Woche gestanden war. Nur, dass er nun einem einsamen Silvester statt einem einsamen Weihnachten entgegensah.
    »Servus, David, wusst’ ich’s doch, dass ich dich hier finde. Immerhin ist das dein Stammcafé! Na, wie geht’s dir so in deinem Urlaub?«
    Wie auf’s Stichwort war Cerny aus dem Boden gewachsen. Er erklärte, seinen alten Freund und Vorgesetzten nicht verkommen lassen zu können, weshalb er ihn in aller Freundschaft einladen wolle, mit ihm und seinen Freunden Silvester zu feiern. Bronstein musste sich zusammenreißen, um zu verhindern, dass Tränen über seine Wangen kullerten. Nun hatte also eine glückliche Fügung auch diese Last von ihm genommen.
    Tag um Tag verging, ohne dass Bronstein etwas von Forstner oder von den Waffen in Hirtenberg hörte. Beinahe war ihm, als müsse er platzen. Gut, er hatte natürlich in der Neujahrsnacht Cerny sub rosa von der Sache erzählt, und der hatte ihm umgehend bestätigt, dass er völlig richtig gehandelt habe. Derlei Schiebern müsse man das Handwerk legen, hatte Cerny gemeint, und wenn es dabei an der gesetzlichen Handhabe fehle, dann müsse man eben nach anderen Wegen suchen, um dem Verbrechen Einhalt zu gebieten. Eben so, wie Bronstein es getan habe. Doch anscheinend standen die beiden mit ihrer Meinung alleine da, denn in Sachen Waffentransport blieb alles beängstigend ruhig. Kein Rumoren im Ausland, keine wütenden Parlamentsreden, ja, nicht einmal ein kleines Artikelchen in irgendeinem Provinzblatt. Fast schien es, als hätte Bronstein die ganze Sache nur geträumt.
    Vor allem, wie lange konnte es dauern, bis die Waffen überholt waren? Mit jedem Tag, der so verging, musste damit gerechnet werden, dass sie wieder auf Transport gingen. Und dann gab es nicht einmal mehr einen Beweis für seine Behauptungen. Bronstein schalt sich einen Trottel.
    »Das wird dich interessieren.« Mit einem breiten Grinser ließ Cerny die neue Ausgabe der ›Arbeiter Zeitung‹ auf Bronsteins Tisch fallen. Endlich hatten die Roten reagiert. Und wie! Der Artikel zur ›Hirtenberger Waffenaffäre‹, wie die Angelegenheit nun genannt wurde, war an Schärfe kaum zu überbieten. Nicht weniger als 84.000 Karabiner und 980 Maschinengewehre waren über die Tage in Hirtenberg eingetroffen, hieß es in der Zeitung. Volle 40 Waggonladungen, von denen Horthys Banden ebenso wie Starhembergs Heimwehren profitieren sollten. Nun also war die Katze aus dem Sack, dachte Bronstein erleichtert. Damit war der Plan ja wohl gescheitert, denn nun war es unmöglich, die Aktion noch durchzuführen. Anscheinend hatte er schließlich doch noch die Republik gerettet. Auch wenn es mehr als zweifelhaft war, dass ihm dies irgendjemand danken würde.
    »Jetzt hat s’ einen ordentlichen Erklärungsnotstand, die Mischpoche, die«, statuierte Cerny. »Einmal wenigstens«, fügte er nach einer kleinen Pause hinzu.
    »Ob der Starhemberg jetzt zurücktreten muss?«, sinnierte Bronstein.
    »Du, sicher ned. Weißt eh, wie’s ist. Diese Leute haben einfach keinen Genierer. Die machen weiter wie bisher. Und klappt’s dermalen nicht, dann klappt’s ein anderes Mal. Die machen uns einfach mürbe, so lange, bis wir innerlich kapitulieren. Und dann wachen wir auf in diesem Sumpf und wundern uns nicht einmal mehr, weil das alles so peu à peu gegangen ist.« »Na ja, so heiß wird’s schon nicht gegessen
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