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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume
Autoren: Peter F. Hamilton
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Schneckenknospen an der Unterseite der Schabe weiteten sich aus und hefteten sich an das silbrige Metall. Dann glitt das Cyberinsekt an der einförmigen Klippe hinauf.
     
    »Hol die Daten über die Ionenströmung aus dem Forschungsrechner von Morrell und übertrage sie in dein Cybofax«, wies Suzi einen entgeisterten Chris Brimley an.
    »Was? Das kann ich nicht machen!«
    »Wieso nicht? Die Codes zu schwierig?«
    »Nein, Sie verstehen nicht. Ich darf kein Cybofax mit in den Forschungsblock bringen. Verdammt, wir dürfen dort nicht mal unsere eigenen Kleider tragen; die Sicherheit steckt uns in Firmenoveralls, ehe wir hineindürfen. Sie filzen uns in- und auswendig.«
    »Yeah, Isolierung ist ein richtiger Fetisch für die Morrellsicherheit. Aber im Forschungsgebäude benutzt du doch ein Cybofax, wa?«
    »Ein firmeneigenes«, antwortete Chris Brimley.
    »Gut. Und du kriegst die Daten problemlos aus den Terminals?« hakte Suzi nach.
    »Ja, ich habe Zugangscodes von Grad drei. Meine Arbeit ist auf jede Komponente der Raffinerie anwendbar. Es wäre ungewöhnlich, sie in ein Cybofax zu laden, aber niemand würde eine Frage stellen. Nur kann ich es nicht mit nach draußen nehmen.«
    »Das verlange ich auch nicht. Entscheidend ist: Du kannst die Daten innerhalb des Forschungsgebäudes nach Belieben herumtragen.«
     
    Ohne die permanent aktualisierten Angaben der Steuerungsgraphik hätte Suzi es nie um die U-Krümmung geschafft. Das Wasser beeinträchtigte die Infrarotsicht der Küchenschabe, und es gab einfach zu viele Biegungen.
    Es war elf Uhr vierzig, als die Schabe endlich aus dem Wasser kletterte und sich an die Wand der Toilettenschüssel aus rostfreiem Stahl klammerte. Suzi fragte sich, wie sie auf Chris Brimley wirken mußte – ein dämonisches Insekt, das lautlos heraufkrabbelte, um ihn in den Arsch zu beißen.
    Die Infrarotaufnahme setzte aus und ließ Suzi am Grund eines riesigen Silberkraters zurück; ein eintöniger Himmel aus rosaweißem Biolicht breitete sich über ihr aus. Sie sah, daß sich etwas über ihr bewegte, dunkel und rechteckig, und schnell größer wurde. Brimleys Cybofax. Rotes Laserlicht erstrahlte weit unten im Grenzland der Sichtbarkeit. Die Frankensteinschabe sendete einen Antwortimpuls.
    Daten werden geladen, meldete Suzis Implantat; dessen Speichercluster füllten sich.
    Suzi bemerkte, daß Chris Brimley etwas sagte, denn die druckempfindlichen Zellen der Küchenschabe empfingen ein Muster aus raschen Luftkomprimierungen. Sie konnte die Worte jedoch unmöglich verstehen, nicht ohne die richtigen Interpretationsprogramme. Sie hoffte nur, daß niemand auf der angrenzenden Toilette saß.
    Ladevorgang abgeschlossen.
    Sie löste den Griff der Schabe von der Stahlfläche. Ein verschwommener Eindruck durcheinanderwirbelnder silberner und rosaweißer Streifen war alles, was sie sah, als die Schabe wieder ins Klo plumpste. Chris Brimley drückte die Spülung, und die Welt versank vibrierend in Schwärze.
    Vernichtung einleiten.
    Die Elektrozellen entluden sich direkt in die Frankensteinschabe hinein und rösteten sie in einer Millisekunde.
    Optisches Kabel lösen.
    Suzis Steißbeinschnittstelle versiegelte sich. Das Ende des Glasfaserkabels fiel in die Kloschüssel. Sie drückte den Chromgriff ganz herunter, um richtig durchzuspülen, und zog dann Slip und Rock wieder hoch.
    Sieben Minuten waren vergangen, erfuhr sie vom Bioware-Implantat, als sie die Toilette verließ. Draußen wurde sie wieder zu Karren Naughton, einer von acht hoffnungsvollen Kandidatinnen für eine Stelle am Hauptempfangsschalter von Morrell.
    Sie gesellte sich wieder zu den übrigen Mädchen im Wartezimmer der Personalabteilung. Es lag im Außenring der Gebäude, einer Zone mit niedriger Sicherheitsstufe, in der den ganzen Tag über Besucherverkehr herrschte.
    Die Teepause war noch nicht vorüber. Vorher hatten die Kandidatinnen ihre Fähigkeitentests absolviert, und jetzt waren die Einzelgespräche an der Reihe. Suzi hätte ihres am liebsten ausgelassen und Übelkeit vorgeschützt, um hinaus auf die Straße zu gehen. Die gestohlenen Daten schienen wie ein in der Sonne funkelnder Diamant aus ihrem Hirn hervorzuleuchten. Bestimmt konnten ihn alle sehen. Sie blieb jedoch an Ort und Stelle, denn Disziplin war etwas, was Vater ihr vor all diesen Jahren eingetrichtert hatte. Solange man nicht absehen konnte, daß man gleich aufflog, ließ man seine Deckung nie selbst platzen. Chris Brimley wußte nicht, daß sie es war, die am
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