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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume
Autoren: Peter F. Hamilton
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anderen Ende des Glasfaserkabels gehangen hatte, und wußte auch nicht, wo die Frankensteinschabe ins Abwassersystem eingedrungen war.
    Karren Naughton wurde als dritte aufgerufen. Sie saß in einem Glaswandbüro und unterhielt sich in aufrichtigem Ton mit einer Frau, deren großes Namensschild am Revers verriet, daß sie Joanna hieß.
    Zwanzig Minuten später, nachdem sie erfahren hatte, daß sie erste Wahl war, durchquerte Suzi die gläsernen Schiebetüren des Gebäudes und gelangte mitten hinein in die feuchte Wand, die sich von der Tyne heranwälzte.
    Col Charnwood holte sie mit einem marineblauen, tiefergelegten Lada Sokol ab, durch dessen Fenster man nur von innen sehen konnte.
    »Na, Schatz?« fragte er, nachdem die Flügeltür zugeschwenkt war.
    Suzi gestattete sich ein Lächeln. Sie atmete tief aus. »Alles im Sack.«
    »Okay!« Col Charnwood tippte kurz das Gas an, beschleunigte und fädelte sich in den dichten Verkehrsstrom ein, der der Unterseite der Flußböschung folgte. Der gewaltige Hang war mit den dicken herzförmigen Blättern von Delicosapflanzen bedeckt, die sich um die Steine herumgerankt hatten.
    »Ich sende das Material Maurice, damit er es sich mal kurz ansieht«, sagte Suzi.
    »Denkst du, er erkennt, ob es okay ist?«
    »Vielleicht nicht, aber er wird jedenfalls feststellen, ob es etwas mit Ionenströmungen zu tun hat. Ich bin kein Ware- Genie. Soweit es mich angeht, könnte Brimley uns auch mit dem Datensatz einer Dampfmaschine abgespeist haben.«
    Eine Schlange aus roten Bremslichtern breitete sich vor ihnen aus. Col Charnwood fluchte, während er abbremste. Weiter vorn herrschte Gegenverkehr; lange Reihen von Leitkegeln erstreckten sich über die thermogehärtete Zellulosefläche. Suzi entdeckte schwere, gelblackierte Baumaschinen, die langsam an der Böschung entlangfuhren. Sie entfernten die obere Schicht aus Gestein und Vegetation vom Wall und legten die dunkle, blaugraue Schlacke darunter frei.
    »Man kann nix unbeaufsichtigt lassen«, brummte Col Charnwood.
    Suzi sagte nichts. Sie wußte, daß Col vor über einem Vierteljahrhundert zu den Tausenden gehört hatte, die die Böschung errichteten. Ein Drittel der Einwohner von Newcastle meldeten sich damals für die von der Stadt organisierten Arbeitsmannschaften, als die westantarktische Eiskappe schmolz, und die meisten übrigen leisteten auch hin und wieder einen Beitrag: Männer, Frauen und Kinder, die Erdräummaschinen einsetzten, Schubkarren, Spaten, Spitzhacken, Säcke, einfach alles, was sie in die Finger bekamen, um die Schlacke aus den Lastkähnen zu holen und auf den fünfzehn Meter hohen Wällen entlang der Tyne abzuladen. Dann transportierten sie die Steine mit Seilen und Flaschenzügen auf die Schlacke, um eine Schutzschicht gegen die Wellenerosion herzustellen. Volle neun Monate lang schufteten die Leute rund um die Uhr, um ihre Stadt vor dem ansteigenden Meeresspiegel zu schützen.
    »War eine unvergleichliche Geschichte«, hatte Col Charnwood Suzi und dem Team eines späten Abends erzählt, als sie Amandas gymnastische Mätzchen leid waren. »War wie etwas aus der Dritten Welt, könnter mir glauben. Echt zu Tausenden haben wir geschuftet. Sind wie die Fliegen über den Dreck geschwärmt. War scheißegal, wer man war, damals jedenfalls. Wir alle haben Zehn-Stunden-Schichten abgerissen. Geld gab’s auch nicht mehr als für Arbeitslose. Aber es war unsere Stadt, die wir schützten. Das hat damals was bedeutet, weißt du?«
    Jetzt wurde die Uferböschung instandgesetzt, Zentimeter für Zentimeter. Raupenmaschinen zermalmten das Gestein, erhitzten es, drehten es zu Fasern und legten es über den Schlackenwällen aus, deren Profil man neu gestaltet hatte, um die hydrodynamische Effizienz zu erhöhen – eine verglaste Lavaflut, die die Tyne für ein Jahrhundert zurückhalten würde.
    »Sie schneiden uns das Herz raus«, sagte Col traurig.
    Suzi sah sich die Baumaschinen näher an, als sie vorbeifuhren, und erkannte auf jeder der schwerfälligen Steinschmelzereien das Emblem von Event Horizon – ein blaues, konkaves Dreieck, das von einem pechschwarzen fliegenden V durchschnitten wurde.
    »Ziehen wir uns jetzt aus der Sache zurück, Schatz?« fragte Col.
    Suzi stellte sich Chris Brimley vor, aller Würde beraubt, wie er sie mit hilflosem Blick anflehte. Ein Opfer absichtlich eingesetzter psychischer Gewalt. »Nicht gleich, nein. Ich möchte, daß Amanda Brimley erst wieder zusammensetzt. Das Geld, das wir mit dieser
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