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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume
Autoren: Peter F. Hamilton
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dem Panzer der Schabe durch die Antennen entluden.
    Als sich der Purpurnebel wieder verzog, sah Suzi nur das fleischige Hinterteil der Ratte, das heftig pumpte, wobei der hochgereckte Schwanz hin und her peitschte.
    Ein rascher Systemcheck zeigte, daß Suzi noch genug Ladung in den Elektrozellen hatte, um zwei weitere Angriffe abzuwehren. Die Steuergraphik verriet, daß sie noch zwölf Meter zurücklegen mußte, um die gesuchte Abzweigung zu erreichen.
    Suzi setzte die Schabe wieder in Marsch. Diese Unterwelt unterschied sich nicht von der Welt, in der sie lebte, außer daß sie ehrlicher war. Hier unten fraß man entweder oder wurde gefressen, und jeder wußte, wo er im Vergleich zu allen anderen stand; dieses Wissen war genetisch programmiert. In Suzis eigener Welt war nichts so einfach; jeder trug heutzutage einen Chamäleonmantel und verriet seinen Status nicht.
     
    Nach der Haftentlassung hatte sie sich Arbeit als Hardlinerin bei Teksöldner-Aufträgen gesucht, den Kampfeinsätzen, die gestartet wurden, wenn verdeckte Infiltrationen und heimliche Datenraubzüge gescheitert waren.
    Zu Anfang war sie einfaches Teammitglied. Als sich dann ihre Kompetenz und Zuverlässigkeit herumsprachen, kommandierte sie ein eigenes Team. Sie ergänzte ihren Katalog um düstere Spezialisten – Netzjockeys, Ware- Hehler, Piloten, Frankensteinchirurgen, Drüsenpsioniker. Wenn Unternehmen Probleme hatten, suchten sie Suzi, damit sie den ganzen Deal für sie organisierte. Sie war die Schnittstelle, die Trennlinie zwischen legitimem Geschäftsgebaren und dem Illegitimen.
    Sie hatte sich das Morrellgeschäft vor vier Monaten angelacht. Es schien recht einfach, ein simpler Datenklau. Morrell war ein kleines, aber ehrgeiziges Unternehmen für Mikroschwerkraftausrüstungen in Newcastle, ein Subunternehmer, der den Riesenkombinaten Bauteile für ihre Weltraumprojekte lieferte.
    Der Weltraum war schwer in Mode, die neue Boomindustrie, seit der Event-Horizon-Konzern einen Nickel-Eisen-Asteroiden eingefangen und auf eine Umlaufbahn fünfundvierzigtausend Kilometer über der Erde geschleppt hatte.
    Da Event Horizon in England registriert war, kam der Felsbrocken unter die Jurisdiktion des englischen Parlaments, das ihn New London nannte und im ausgehöhlten Kern eine Kronkolonie begründete. New London leitete ein neues Zeitalter ein, geprägt durch ultrabillige Rohstoffe. Die Kette aus Mikroschwerkraftfabriken im niedrigen Orbit über dem Äquator verzehrte diese Rohstoffe eifrig, und ihre Profite verdoppelten sich praktisch über Nacht. Brocken aus New London abzubauen war recht einfach, aber die Weiterverarbeitung der Metalle und Minerale aus dem Kern in einer schwerelosen Umgebung stieß auf Schwierigkeiten; dort war das eigentlich dicke Geld zu machen.
    Ein solches Problem führte Suzi an einem schwülen Januartag in ein Bistro von Peterborough, irgendwo im zweiten Stock eines Gebäudes im Bezirk New Eastfield. Sie war dankbar für die Rauchglasfenster und die Klimaanlage des Bistros; das Haus gegenüber bestand aus glänzendem weißen Stein, durchsetzt mit vertieften Balkonen mit Eisengeländern im Viktorianischen Stil. In der tiefstehenden Sonne leuchtete dieses Haus wie poliertes Silber. Die Straße davor war ein Fluß aus Menschen, Männer in flotten Hemden und Hosen, geschniegelte Frauen in hellen Kleidern, die meisten mit breitkrempigen Hüten, alle mit Sonnenbrillen. Lautlose Autos glitten Stoßstange an Stoßstange über die noch regenglatte Straße, Mercedes, Jaguar und Rolls. New Eastfield hatte schon in den SVP-Jahren geboomt, aber nachdem Event Horizon die Gigaleitertechnik entwickelt und der industrielle Neuaufbau in den Schnellgang geschaltet hatte, war der Bezirk zum Magneten für clevere Anlagen und den steifen, verheißungsvollen Lebensstil geworden, der sie begleitete.
    »Morrell hat auf der Basis kalter Fusion eine Lösung für Ionenströme entwickelt«, sagte der Mann, der ihr gegenübersaß. Er war in den späten Dreißigern, und sein Muskeltonus direkt aus dem Fitness-Studio ergänzte die gepflegte Maniküre. Ein Image, das so künstlich war wie seine ganze Powermasche. Der Name, den er Suzi nannte, lautete Taylor Faulkner.
    Suzis zahmer Netzjockey Maurice Picklyn hatte den Mann für sie unter die Lupe genommen, und er hieß tatsächlich so. Er arbeitete für die Orbitalraffinerie-Abteilung von Johal HF und gehörte eher zum Management als zum technischen Personal.
    »Kalte Fusion?« fragte Suzi.
    »Verrückte Idee,
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