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Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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Reste im Topf zusammenkratzte. »Besonders unter den männlichen Statuen gibt es ein paar sehr gutaussehende Typen. He, Brigadier!Halt dich ran, sonst gehst du noch leer aus!« Der großgewachsene, breitschultrige Kämpfer, der abseits gesessen war, näherte sich mit gemächlichen Schritten dem Lagerfeuer, nahm seine Portion und kehrte an seinen Platz zurück -möglichst nah am Tunnel, möglichst weit weg von den Menschen. Der Dicke deutete mit dem Kopf auf den breiten Rücken des Mannes, der wieder ins Halbdunkel abgetaucht war, und fragte flüsternd: »Lässt der sich eigentlich auch mal an der Station blicken?« »Nein, er sitzt schon über eine Woche hier«, antwortete der Scharfschütze ebenso leise. »Er übernachtet im Schlafsack. Wie er das bloß aushält . Vielleicht braucht er das ja.
    Vor drei Tagen, als die Bestien beinahe Rinat aufgefressen hätten, hat er danach jede einzelne kaltgemacht. Eigenhändig. Eine Viertelstunde lang. Als er zurückkam, waren seine Stiefel voller Blut, und sein Gewehr auch. Richtig zufrieden sah er aus.«
    »Das ist kein Mensch, sondern eine Maschine«, bemerkte ein hagerer MG-Schütze. »Ich würde lieber nicht in seiner Nähe schlafen wollen. Hast du gesehen, was mit seinem Gesicht passiert ist?«
    Der Alte, den sie Homer nannten, zuckte mit den Schultern und sagte: »Komisch, ich fühl mich nur mit ihm wirklich sicher. Was wollt ihr denn von ihm? Der Typ ist in Ordnung, hat eben was abgekriegt. Wozu brauchen wir hier Schönheit, das ist was für die Stationen. Und weil wir gerade dabei sind: Deine Nowoslobodskaja ist für mich der Gipfel der Geschmacklosigkeit. Diese Glasfenster kann ich mir nicht mal nüchtern anschauen . Glasfenster, dass ich nicht lache!«
    »Und ein Kolchosen-Mosaik über die halbe Decke ist vielleicht keine Geschmacklosigkeit?« »Wo bitte hast du so was denn an der Komsomolskaja gesehen?«
    Jetzt geriet der Dicke in Fahrt. »Die ganze verdammte Sowjetkunst hat doch nur ein Thema: das Leben auf der Kolchose und unsere heldenhaften Piloten!«
    »Serjoscha, lass die Piloten aus dem Spiel«, warnte ihn der Scharfschütze. Plötzlich ertönte eine dumpfe, tiefe Stimme: »Die Komsomolskaja ist Scheiße, und die Nowoslobodskaja auch.«
    Vor lauter Überraschung blieb dem Dicken seine Tirade im Hals stecken, und er starrte erschrocken ins Halbdunkel zu dem Brigadier hinüber. Auch die anderen verstummten. Der Fremde nahm so gut wie nie an ihren Gesprächen teil. Selbst wenn man ihn etwas fragte, antwortete er, wenn überhaupt, nur einsilbig.
    Er saß noch immer mit dem Rücken zu ihnen, die Augen unentwegt in den Schlund des Tunnels gerichtet. »An der Komsomolskaja sind die Decken viel zu hoch und die Säulen zu dünn, da liegt der ganze Bahnsteig wie auf dem Präsentierteller. Außerdem lassen sich die Übergänge schlecht verbarrikadieren. Und an der Nowoslobodskaja sind die Wände voller Risse, egal wie oft die da was drüberschmieren. Mit einer Granate kannst du die komplette Station begraben. Und deine Glasfenster sind schon längst zersplittert. Viel zu spröde.«
    Über diese Art von Kriterien hätte man trefflich streiten können, doch niemand wagte Einspruch zu erheben. Der Brigadier schwieg eine Weile, dann sagte er wie beiläufig: »Ich gehe zur Station. Homer kommt mit. Ablösung ist in einer Stunde. Artur übernimmt so lange das Kommando.«
    Der Scharfschütze stand hastig auf und nickte, obwohl der Brigadier das gar nicht sehen konnte. Auch der Alte erhob sich und begann seine umherliegenden Habseligkeiten einzupacken, obgleich er noch gar nicht fertig gegessen hatte. Als der Kämpfer ans Feuer zurückkehrte, trug er bereits die komplette Montur, samt Helm und voluminösem Rucksack.
    »Viel Glück!«, sagte der Scharfschütze.
    Während sich die beiden ungleichen Gestalten -der hünenhafte Brigadier und der hagere Homer - in dem noch beleuchteten Teil des Tunnels allmählich entfernten, folgte ihnen der Scharfschütze mit dem Blick. Dann rieb er sich fröstelnd die Hände und schüttelte sich. »Irgendwie ist mir kalt. Legt noch ein paar Kohlen drauf.«
    Unterwegs verlor der Brigadier kein einziges Wort. Er erkundigte sich nur, ob Homer tatsächlich einmal als Hilfszugführer und davor als einfacher Streckenwärter gearbeitet hatte. Der Alte blickte ihn erst misstrauisch an, doch dann nickte er. An der Sewastopolskaja hatte er stets behauptet, er habe es bis zum Zugführer gebracht, und seine Arbeit als Streckenwärter hatte er stets
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