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Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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verpflichtete ihn, den eigenen Leuten zu helfen - ungeachtet, ob sie lebten oder nicht.
    Hunter hob den Blick erst, als sich die Tür öffnete. Nun wurde klar, warum er die andere Seite seines Gesichts abgewandt hatte. Er hatte wohl befürchtet, der Oberst würde ihn sonst nicht erkennen. Zwar hatte Denis Michailowitsch schon so manches gesehen, und das Garnisonskommando an der Sewastopolskaja kam ihm - im Vergleich zu seinen wilden Jahren - wie eine Ehrenpension vor, doch nun verzog er schmerzvoll das Gesicht, als habe er sich verbrannt. Dann lachte er unsicher, wie um sich für sein undiszipliniertes Verhalten zu entschuldigen.
    Der Gast zeigte nicht einmal die Andeutung eines Lächelns. In dieser Nacht lächelte er kein einziges Mal. Während der vergangenen Monate waren die furchterregenden Narben, die sein Gesicht entstellten, zwar etwas verheilt, doch hatte dieser Mensch kaum noch etwas mit jenem Hunter gemein, an den sich Denis Michailowitsch erinnerte. Über seine wundersame Rettung und die lange Abwesenheit sprach er kein Wort, und die erstaunten Fragen des Oberst schien er gar nicht zu hören. Vielmehr bat er Denis Michailowitsch, niemandem von seiner Rückkehr zu berichten. Wäre der Oberst dem gesunden Menschenverstand gefolgt, er hätte unverzüglich die Ältesten informiert - aber es gab da eine alte Schuld, die er bei Hunter zu begleichen hatte, und so ließ er ihn in Ruhe.
    Dennoch stellte Denis Michailowitsch insgeheim Nachforschungen an. Tatsächlich hielt man seinen Gast überall für tot. Er war weder in Straftaten verwickelt gewesen, noch wurde er gesucht. Man hatte Hunters Leiche zwar nie gefunden, doch - das galt als ganz sicher - hätte Hunter andernfalls sicher ein Lebenszeichen von sich gegeben. Jaja, nickte der Oberst.
    Dafür tauchte Hunter, besser gesagt: sein verschwommenes und -wie in solchen Fällen üblich - geschöntes Abbild in einem guten Dutzend halbwahrer Mythen und Erzählungen auf. Offenbar war ihm diese Rolle durchaus recht, und er beließ seine Kameraden in dem Glauben, so dass diese ihn lebendig zu Grabe trugen.
    Denis Michailowitsch dachte an seine alte Schuld und zog die einzig richtige Konsequenz: Er beruhigte sich und spielte das Spiel mit. Waren Dritte anwesend, sprach er Hunter nicht mit seinem Namen an. Nur Istomin weihte er ein, ohne jedoch allzu sehr ins Detail zu gehen.
    Den kümmerte das nicht viel, denn der Brigadier hatte sich seine tägliche Portion Suppe bald mehr als verdient.
    Tag und Nacht hielt er am Außenposten im Südtunnel die Stellung; an der Station tauchte er höchstens einmal pro Woche auf - am Badetag. Und selbst wenn er hier, in dieser Hölle, nur untergetaucht war, um sich vor irgendwelchen Verfolgern zu verstecken, so störte dies Istomin keineswegs.
    Die Dienste von Legionären mit dunkler Biographie wusste er durchaus zu schätzen -kämpfen war das Einzige, was er von ihnen verlangte, und in dieser Hinsicht war an dem Mann wirklich nichts auszusetzen.
    Die Wachleute, die sich zuerst über die herablassende Art ihres neuen Brigadiers beschwert hatten, verstummten nach dem ersten Kampf. Als sie sahen, wie methodisch und berechnend, in einer Art unmenschlichem, kaltem Rausch dieser alles vernichtete, was zu vernichten war, zog jeder von ihnen seine eigenen Schlüsse. Mit ihm Freundschaft zu schließen versuchte keiner, doch gehorchten sie ihm widerspruchslos, so dass er seine dumpfe, gebrochene Stimme niemals erheben musste. In dieser Stimme lag etwas von dem hypnotischen Zischen einer Schlange, und selbst der Stationsvorsteher nickte stets gehorsam, wenn Hunter zu ihm sprach - noch bevor dieser zu Ende gesprochen hatte, einfach so, für alle Fälle.
    - als wäre darin soeben ein lautloses Gewitter niedergegangen, das die lang ersehnte Entspannung gebracht hatte. Es gab keinen Grund mehr zu streiten, denn einen besseren Kämpfer als Hunter gab es nicht. Allerdings: Wenn auch er im Tunnel umkam, blieb den Sewastopolern nur noch eines.
    »Soll ich anordnen, dass die Operation vorbereitet wird?«, fragte Denis Michailowitsch.
    »Du hast drei Tage. Das muss genügen.« Istomin schnalzte mit dem Feuerzeug und kniff die Augen zusammen. »Länger können wir nicht auf sie warten. Wie viele Leute benötigen wir?«
    »Ein Stoßtrupp steht schon bereit. Ich kümmere mich um einen weiteren, das sind nochmal etwa zwanzig Mann. Wenn von denen übermorgen noch nichts zu hören ist«
    der Oberst deutete mit dem Kopf zum Ausgang - »musst du die allgemeine
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