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Giftiges Wasser

Giftiges Wasser

Titel: Giftiges Wasser
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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Ein folgenreicher Sturz
    In flottem Tempo fuhr Justus aus dem Schatten des mannshohen Oleanders. Die Nachmittagssonne traf ihn unerwartet voll ins Gesicht. Irritiert blinzelte er und sah den Rollsplitt am Seitenrand der bergan steigenden Straße erst, als ihm das Hinterrad wegrutschte. Er stürzte der Erde entgegen, zog gerade noch rechtzeitig den Kopf ein und schlug mit der rechten Schulter auf dem harten, ausgetrockneten Boden auf. Ungläubig sah Justus Jonas seinem Rad nach, das noch einige Meter über die Straße schlitterte und dabei kleine Staubwölkchen aufsteigen ließ. Wie im Film, dachte er, während die eigene Rutschpartie noch nicht zu Ende war. Als sein Fall kurz darauf durch ein Hindernis gestoppt wurde, waren nicht mehr als zwei Handbreit zwischen seinem Gesicht und einem Kaktus.
    »So ein Mist«, schimpfte der Erste Detektiv. Nach einigen Schrecksekunden rappelte er sich langsam auf. Er war auf dem Weg von der High School nach Hause und sollte Onkel Titus eigentlich schon seit einer Viertelstunde auf dem Schrottplatz helfen.
    Unwillkürlich fasste er mit der Hand an die verletzte Schulter – und spürte einen stechenden Schmerz. »Au!«, schrie er erschrocken.
    Ungläubig betrachtete er seine Handfläche, die jetzt ebenfalls schmerzte. Drei Stacheln, die ihn an Tante Mathildas Sticknadeln erinnerten, zitterten in der hellen Haut. Justus verzog das Gesicht und biss die Zähne zusammen. Vorsichtig zog er die Dinger eins nach dem anderen heraus. Etwas benommen schüttelte er den Kopf und warf einen schiefen Blick auf seine rechte Schulter. Stacheln auch hier. Es half nichts. Mit ruckartigen Handbewegungen befreite er sich von den Quälgeistern. Er stöhnte auf und bewegte vorsichtig seine Schulter. Aber dann war er erleichtert. Es schien nichts ausgerenkt oder gebrochen zu sein.
    Nach ein paar Schnaufern schraubte er sich umständlich hoch und ging hinüber zu seinem Fahrrad. Es hatte den Sturz besser überstanden als sein Besitzer. Die Kette war dort, wo sie hingehörte, nichts hatte sich verbogen, nur auf der Lenkstange leuchteten ihm zwei neue Kratzer entgegen.
    Unschlüssig stieg er auf – und sofort wieder ab. Das eine Knie schien weich zu sein wie Butter und das andere zu zittern wie Espenlaub. Beide waren sie jedenfalls ungeeignet zum Radfahren. Justus seufzte und fing an, seinen Drahtesel bedächtig den Hügel hinaufzuschieben.
    Als er zwanzig Minuten später auf den Schrottplatz von Onkel Titus einbog, fühlte er sich noch immer reichlich wackelig. Das MG-Cabrio sah er sofort. Das hatte ihm gerade noch gefehlt: erst der Sturz, dann die Kakteen und jetzt das Grinsen, das sein Freund Peter gleich aufsetzen würde. Justus lehnte sein Rad an den hohen Holzzaun, der das Gelände umgab, und schlurfte zum Campingwagen, in dem die drei ??? ein kleines Detektivbüro mit allen technischen Finessen eingerichtet hatten.
    Peter sprang gerade aus der Tür des Wohnhauses und steuerte auf sein Auto zu, als er den Freund entdeckte. »Hey«, rief er, »endlich bist du da! Wir haben dich schon überall gesucht.«
    »Ich hatte –«, setzte Justus an, aber Peter ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Wir haben einen Wochenendjob. Beeil dich, in einer Stunde müssen wir in Camarillo am Flughafen sein.«
    »Darf ich mal fragen –«, versuchte Justus ein zweites Mal, Peter zu unterbrechen.
    »Nicht jetzt«, schüttelte der seinen Kopf so heftig, dass ihm die hellblonden Haare ins Gesicht fielen, »ich muss schnell nach Hause, meine Sachen packen.«
    Mit großen Schritten ging Peter rückwärts zu seinem Auto. »Nimm drei Paar Socken mit, wir kommen erst am Dienstag wieder.« Plötzlich stutzte er und warf Justus einen verwunderten Blick zu. »Wie siehst du denn aus?«
    »Ich hatte …«
    »Erzähl’s später.« Peter war nicht zu bremsen. »Ich bin in zwanzig Minuten wieder da und hol dich ab.« Er sprang über die Fahrertür in den Wagen und fuhr winkend davon.
    Justus sah ihm ungläubig nach und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Es war Donnerstag, und jemand wollte, dass sie bis Dienstag für ihn arbeiteten. Die Aussicht, mit unbekanntem Ziel wegzufliegen, gefiel ihm. Leider milderte sie den Schmerz nicht, der sich in seiner Schulter eingenistet hatte.
    Er schüttelte sich. Anderes T-Shirt, erst danach Tante Mathilda unter die Augen treten, signalisierte ihm sein Gehirn. Er stieg in den Campingwagen, ließ sich in den Bürosessel fallen und verschnaufte etwas. Nach einigen Minuten rappelte er sich auf, zog eines
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