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Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Titel: Melvin, mein Hund und die russischen Gurken
Autoren: Marlene Roeder
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Wettkämpfe mitgenommen. Du bist doch unser Maskottchen, Ben. Er ist echt in Ordnung, und wenn Johnny loslegt, Mann, er macht unglaubliche Sachen mit seinem Board. »Chuck Norris isst keinen Honig. Chuck Norris kaut Bienen!«, sagt Piet dann immer. Wenn wir skaten gehen, sagen wir manchmal, wir gehen Bienen kauen. Und wenn es auf dieser Welt einigermaßen gerecht zugehen würde, würde mir Johnny beibringen, wie man sie richtig kaut.
    »Wirste schon sehen, Johnny!«, rufe ich zurück. »Wirste gleich sehen!«
    Die Halfpipe ist echt hoch. Aber was soll mir schon passieren? Im Rollstuhl sitze ich ja schon.
    Es stimmt nicht, was ich über das Skaten gesagt habe. Wir nennen es fliegen.
    Fluchend zerrt Piet meinen Rolli auf die Plattform, klappt ihn auf und murmelt dabei, dass ich ihm was schuldig bin. Er hebt mich rein und ich lege den Gurt an. Unten witzeln Patexx und Fred, dass ich jetzt auch auf die Pipe will. Aber Rainbow lacht nicht. Nicht ein winziges bisschen.
    »Was soll’n das werden, Ben?«, fragt Johnny.
    »Willst du das wirklich durchziehen, nur wegen letzter Woche …?«, fragt Piet.
    Letzte Woche waren wir bei Johnny und haben DVDs übers Skaten geguckt und ein paar Folgen Jackass. Rainbow hielt sich die Hände vor die Augen, während die Jackass-Truppe mit einem Bobbycar Rolltreppen runtersauste und alle möglichen anderen krassen Kamikaze-Aktionen machte. Ich musste über Rainbow lachen und sie selbst lachte auch und wiederholte immer wieder: »Sind die mutig oder einfach total durchgeknallt, oh Gott, ich kann nicht hingucken!« Aber dann guckte sie doch.
    Johnny war neue Cola holen gegangen und da habe ich sie gefragt, obwohl ich doch weiß, dass Rainbow auf Johnny steht, jeder weiß das, aber ich musste trotzdem fragen, ob sie mal Bock hat, was mit mir zu machen. Nur wir beide.
    Rainbow zögerte ganz kurz, dann sagte sie: »Klar, warum nicht?« Und einen Moment hab ich gedacht, dass ich ein Glückspilz bin, aber dann habe ich kapiert, dass ich nur ein Krüppel bin. Jeden anderen hätte sie abblitzen lassen, weil sie sich wegen Johnny nicht mit anderen Jungs trifft. Aber ich zähle wohl nicht als Junge, ich bin nur der im Rollstuhl. Mit mir auszugehen ist ungefähr so erotisch, wie seinen Opa durch den Park zu schieben. Na, danke.
    Das war letzte Woche und da wusste ich, dass ich was ändern muss.
    »Willste das wirklich machen?«, wiederholt Piet.
    Ich frage nur, ob er die Kamera hat.
    »Klar«, antwortet Piet und klappt die Videokamera auf: »Mach mal winke, winke für deine Fans.«
    Ich mache das Victory-Zeichen in die Kamera und sage: »Egal was passiert, du stellst das auf YouTube.«
    »Was soll’n das heißen, Ben, ›egal was passiert‹?«
    Ich antworte nicht, setze den Helm auf, den ich mir gestern gekauft habe, rot und blau. Meine Finger zittern nur ein bisschen.
    »Du hast gesagt, du kriegst das hin. Du rockst die Pipe. Es kann nichts passieren. Echt, Mann, dein Vater bringt mich um!« Piet umklammert die Griffe meines Rollis.
    »Wenn’s nach meinem Vater ginge, würde ich zu Hause in meinem Zimmer sitzen und Modellflugzeuge bauen.«
    Wir schauen uns an und schließlich nickt Piet, als würde ihn das Mühe kosten, und gibt die Griffe meines Rollis frei.
    Das, was ich über meinen Vater gesagt habe, stimmt nicht. Vielleicht könnte er es sogar verstehen.
    Ich rolle vor zur Kante.
    Die anderen unten an der Halfpipe haben jetzt kapiert, dass ich es ernst meine. Johnny ruft zu mir hoch: »Hey, Ben, wir brauchen dich noch! Du bist doch unser Maskottchen!« Aber ich hab keinen Bock, den Rest meines Lebens bloß das Scheißmaskottchen von anderen Leuten zu sein. Jetzt balanciere ich nur noch auf den Hinterreifen, es ist ein geiles Gefühl, den Rolli so unter Kontrolle zu haben.
    »Mach keinen Scheiß, hörst du?!«, brüllt Johnny und vielleicht ist das Angst in seiner Stimme. Rainbow ist ganz still und sieht aus, als würde sie sich am liebsten die Augen zuhalten.
    »Chuck Norris hat bis unendlich gezählt. Zweimal!«, flüstere ich, stoße mich ab über die Kante – und fliege.

DIE FÜCHSIN
    Hinter unserem Schuppen wohnt eine Füchsin. Woher ich weiß, dass es eine Füchsin ist und kein Fuchs? Keine Ahnung, ich schätze, so was weiß man einfach. Vielleicht wegen des kleinen, fein geschnittenen Kopfes oder der Art, wie sie den buschigen Schwanz um den Körper legt, wenn sie in den Abendwind schnuppert. Eine Dame durch und durch.
    Ich habe noch nie jemandem von dieser roten Dame erzählt, denn
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