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Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Titel: Melvin, mein Hund und die russischen Gurken
Autoren: Marlene Roeder
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mehr gehören muss. Aber Trinken ist schon mal ein Anfang. Jill hat schon gründlich angefangen, ist aber mittendrin irgendwie stecken geblieben.
    Noah schüttelt den Kopf. »Bei deinem Fahrstil … ich kann’s immer noch nicht fassen, dass deine Eltern dir den Golf geschenkt haben.«
    »Sarah hat sich zum Achtzehnten Geld für Lorenzos Futter gewünscht.«
    Lorenzo ist Sarahs Pflegepferd.
    Sie kichern ein bisschen verschwörerisch. Jill verrät Noah nicht, wie sich die Nüstern des Pferdes auf ihrer Handfläche angefühlt haben. Stattdessen sagt sie: »Du hast mir gar nichts zum Geburtstag geschenkt.« Sie macht einen Schmollmund, sie kann das gut.
    »Ich hab das Bier für die Party gesponsert.«
    »Das gilt nicht«, sagt Jill und legt den Kopf schief. Wäre sie nüchtern, würde sie das, was sie tut, vielleicht nicht tun. Zumindest kann sie sich das einreden.
    Noah lacht wieder, guckt sie an, guckt weg. Würde sich Jill jetzt die Tautropfen auf ihre Arme, ihr Schlüsselbein tupfen, müsste er sie immerzu ansehen. Dann würde er sie vielleicht küssen.
    Stattdessen schaut Noah in den Wipfel des Apfelbaums, unter dem sie stehen. Ein großer Ast ist heruntergebrochen, die Baumkrone ein unregelmäßiger Schattenriss vor dem Samt des Nachthimmels.
    »Guck mal, sieht aus wie ein Pferd«, behauptet Noah. »Kannst du’s erkennen? Du musst hierherkommen.«
    Jill kommt und tritt ganz nah an ihn heran. Mit seinen großen, warmen Händen richtet Noah ihren Kopf aus und wirklich, da ist ein Pferd! Versteckt in der Krone des Apfelbaums.
    Jill kann sehen, wie es den Kopf in den Nacken wirft und Noah flüstert: »Schenk ich dir zum Geburtstag.« Sein warmer Atem an ihrem Hals, sie kann ihn bis runter in den Bauch spüren. Die Bäume schauern im Wind. Jill meint zu spüren, dass Noah ihr von hinten ins Dekolleté guckt. Sie weiß, dass sie schöne Brüste hat, egal ob mit Tautropfen oder ohne. Größere als Sarah, die nicht mehr da vorne hat als Jill damals mit fünfzehn, sie haben verglichen.
    Sie spürt Noahs Atem nicht mehr, vielleicht hält er ihn an, so wie sie. Wäre Jill nicht so glücklich, würde sie jetzt vielleicht Angst kriegen.
    Bevor das Glück wegwehen kann, greift sie nach Noahs Händen und führt sie dahin, wo sie sie haben möchte. Noah seufzt, dann dreht er sie sanft zu sich um. Er beugt sein Gesicht zu ihr, oder zieht sie ihn zu sich herunter? Sie küssen sich. Ihre Zunge in seinem Mund, er schmeckt nach Bier und Mann und einundzwanzig. Es fühlt sich gut an. So wie sehr, sehr schnell fahren.
    Noah nestelt am Reißverschluss seiner Jeans, dann an dem von ihrer. Er versucht sie aus der hautengen Hose zu schälen wie eine Frucht, während Jill versucht, das Gleichgewicht zu halten, und dann fallen sie. Das feuchte Gras schlägt über ihnen zusammen.
    Eine Wurzel bohrt sich in Jills Rücken, sie will Noah sagen, dass sie sich anders hinlegen muss, aber dann vergisst sie es. Sie hat gedacht, Noahs Gesicht zu kennen. Aber plötzlich merkt Jill, dass sie Noah überhaupt nicht kennt, denn jetzt ist er ihr so nah, näher als nah, sodass sie ihr eigenes Spiegelbild in seinen dunklen Augen schwimmen sieht. Und alles ist plötzlich fremd. Über ihr bewegen sich die Zweige des Apfelbaums, das Pferd galoppiert, galoppiert durch die Nacht und Noahs raue Bartstoppeln unter Jills Fingern und ihr Atem, der sich miteinander vermischt, und das Pferd, das sich aufbäumt.
    Danach sein warmes Gewicht und überall um sie herum der Geruch der überreifen Äpfel im Gras. Noahs Atem geht immer noch schnell, Jill streichelt seine zitternden Flanken, berührt seinen Adamsapfel.
    Später muss Jill kotzen. Während ihr die Galle aus dem Mund läuft, wünscht sie sich, Noah würde ihre Haare nach hinten halten, so wie Sarah das tun würde. Sie wünscht sich, ihre Cousine wäre hier, sie hat immer Taschentücher.
    Als sie mit Kotzen endlich fertig ist, steht Noah einige Meter von ihr entfernt und guckt in die Dunkelheit, dahin, wo das Meer sein muss. Doch da ist nichts als ein dunkles Rauschen.
    Jill ist jetzt seit zwei Stunden achtzehn.
    Das Pferd im Apfelbaum muss weggelaufen sein, vielleicht war es auch nie da. Das Gras unter ihren nackten Füßen ist kalt.

INDIGO
    »Du, Maria …«
    »Nenn mich nicht immer so. Maria klingt grau und gewöhnlich und fast wie tot. Findest du, dass ich so bin? Grau und gewöhnlich und fast tot?«
    »Nein!«
    »Siehste. Kannst mich Indigo nennen.«
    »Indigo – was ist denn das für’n Name?«
    »Das ist
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