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Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Titel: Melvin, mein Hund und die russischen Gurken
Autoren: Marlene Roeder
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geklaut habe, und halten Händchen. Mir ist ziemlich warm innendrin, das kommt bestimmt vom Schnaps. Oder vielleicht vom Küssen. Achims Hände wandern unter mein T-Shirt. Da sehe ich aus den Augenwinkeln die Füchsin und ich löse meine Lippen von Achims, um ihm zu erzählen, dass sie meine heimliche Füchsin ist, was ich noch nie jemandem erzählt habe, aber Achim und ich sind uns so nah.
    Achim scheint nicht zu verstehen, was mir das bedeutet. Schlimmer noch, er versucht es nicht mal, stellt keine Frage, nur seine Hände wühlen sich weiter und seine Finger auf meinen nackten Brüsten sind kalt.
    Wenn ich ein verwunschenes Tier wäre, würde ich auch gern ein Fuchs sein. Frösche sind eklig, Schwäne sind minderbemittelt – habe ich schon erwähnt, dass ich Schwäne generell für überbewertet halte? – aber Füchse … sind cool. Sie sind hübsch, klug und haben einfach mehr Spaß. Außerdem haben sie Biss.
    Ich schiebe Achims Hände weg, ziehe mein T-Shirt glatt und sage ihm, dass er jetzt besser gehen sollte. Er versteht nicht, behauptet, dass ich es doch auch will.
    Was ich will oder nicht will, weiß ich selbst am besten.
    Die Wärme in mir ist jetzt eindeutig Wut und ich fauche Nummer neun an, dass er sich von meinem Dach verpissen soll, weil ich ihn sonst runterschubse.
    Endlich verpisst er sich tatsächlich, er ist stinksauer, aber das bin ich auch. Ich bleibe allein in der Nacht und muss erst mal ein bisschen fluchen und Nummer neun die leere Pflaumenschnapsflasche nachwerfen, obwohl er natürlich schon längst verschwunden ist. Womit bewiesen wäre, dass auch ein guter Küsser eine Niete sein kann.
    Am nächsten Abend gehe ich auf die Kirmes, obwohl ich weiß, dass Nummer neun auch da ist, aber diese Niete wird mich nicht davon abhalten, Spaß zu haben. Wir ignorieren uns gegenseitig nach Kräften. Blöd ist nur, dass Nummer neun seine Freunde dabeihat, die ihn beim Ignorieren unterstützen. Ich stehe allein herum, neben irgendeinem Typ, der die ganze Zeit so ein Handygame spielt. Anscheinend sehe ich deprimierter aus, als ich möchte, denn er fragt mich, ob ich auch mal spielen will. Er hat ziemlich viel Akne, aber ein nettes Lächeln.
    Ohne darüber nachzudenken, dass die Zehn eine schöne Zahl ist, einfach nur so, frage ich ihn, ob er Lust hat, eine Runde durchs Dorf zu laufen. Er guckt mich an, guckt wieder weg und sagt: »Sorry, lieber nicht.« Ich frage warum und sehe, dass es ihm unangenehm ist, darauf zu antworten, aber dann meint er, er hätte da so ein paar Gerüchte über mich gehört.
    Fuchs, du hast die Gans gestohlen, gib sie wieder her … Über Füchse gibt es auch Gerüchte: Sie haben Tollwut, killen Hühner und verarschen ständig andere Tiere.
    Ich bohre so lange nach, bis er mit der Sprache rausrückt: Im Dorf erzählt man sich, dass ich jeden ranlassen würde. Er lächelt dieses nette Lächeln und erklärt, das sei einfach nicht so sein Ding. Und dann geht er, bevor ich ihm sagen kann, dass ich weiß, wer das Arschloch ist, der dieses Gerücht in die Welt gesetzt hat, und dass er auch ein Arschloch ist, wenn er das glaubt. Ich habe wirklich verdammt große Lust, ein paar Leute vom Schuppendach zu schubsen.
    Auf dem Weg nach Hause denke ich an meine Füchsin, wie sie in ihrem Bau liegt, den Schwanz um sich geschlungen, und mich aus gelben Augen gelassen anblinzelt. Das hilft mir und ich fühle mich ein bisschen besser.
    Zu Hause treffe ich meinen Vater. Er hat das Gewehr in der Hand und fragt mich, ob ich hier in letzter Zeit einen Fuchs rumschleichen gesehen habe. Der Junge vom Nachbarhof hätte so was erzählt.
    »Nee, hier gibt’s keine Füchse«, sage ich und gehe schnell rauf in mein Zimmer, bevor mein Vater sich wundern kann, was das in meinem Gesicht ist. Es hat keinen Zweck, ihm zu erklären, dass die rote Dame meine heimliche Füchsin ist. Manche Dinge verstehen Eltern einfach nicht.
    So sieht’s also aus: Nummer neun ist ein Arsch, mein Vater hat ein Gewehr und ich weiß, was ich zu tun habe. Ich setze mich auf das Schuppendach und warte auf die rote Dame.
    Als die Dunkelheit ihren zierlichen Schatten ausspuckt, sehe ich, wie sie zu mir herüberschnuppert, ehe sie sich vor ein Mauseloch kauert. Begrüßung unter Freunden.
    Ich erkläre ihr, dass sie weggehen muss, weil sie sonst erschossen wird.
    Aber die rote Dame will nicht hören. Sie guckt zu mir hoch, sie hat keine Angst, weil sie an meine Stimme gewöhnt ist. Da schreie ich sie an: »Verschwinde! Verpiss dich, du
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