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Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Titel: Melvin, mein Hund und die russischen Gurken
Autoren: Marlene Roeder
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wir haben Hühner und mein Vater hat ein Gewehr. Die Füchsin ist mein Geheimnis.
    Manche Menschen führen ein Leben voller Geheimnisse und ich gehöre dazu. Zum Beispiel haben meine Eltern keine Ahnung, wie das mit mir und dem Küssen ist. Ich finde, Küssen ist eine der besten Erfindungen der Menschheit, dieses Gefühl von warmen Lippen auf deinen.
    Es gibt Küsse mit viel Lippe oder mit viel Zunge. Es gibt schlabberige Küsse, spielerische und ernste, sanfte und fordernde. Es gibt welche, bei denen du nur noch an Sex denkst, und welche, bei denen du an mögliche Fortsetzungen deiner Lieblingsserie denkst. Und dann gibt es die Küsse, bei denen du überhaupt nicht denkst, weil sie wie Pralinen in deinem Mund schmelzen.
    Ich habe mit dem Küssen angefangen, als ich fünfzehn war. Jetzt bin ich siebzehn. In dieser Zeit habe ich neun Personen geküsst – acht Jungs und ein Mädchen.
    Nach meinen Naturstudien kann ich sagen, dass jeder beim Küssen seinen eigenen Stil hat. Nummer neun liebt es zum Beispiel, meinen Hals zu küssen, und er hat echt ein Talent für Knutschflecke.
    Dazu ist zu sagen, dass die meisten auch Lieblingsküssstellen haben. Abgesehen von den Brüsten natürlich, die alle küssen wollen. Meine Brüste habe ich aber noch nie jemanden küssen lassen. Nummer zwei war total scharf auf meine Ohrläppchen. Damals hätte ich das Küssen fast wieder aufgegeben, weil ich den Sabber in meinem Ohr so eklig fand. Nummer fünf hat meine Augenlider geküsst. Vielleicht wollte sie nicht, dass ich sehe, dass ich mit einem Mädchen rummache.
    Bevor ich am Wochenende weggehe, klettere ich oft aus meinem Fenster auf das Schuppendach. Da sitze ich dann, gucke rüber zum Obstgarten und trinke Pflaumenschnaps, so zum Warmwerden. Manchmal ist auch die rote Dame da. Am Anfang habe ich sie nur dabei beobachtet, wie sie vor den Mauselöchern kauert. Irgendwann habe ich dann begonnen, mit ihr zu reden. Ich sage ihr, wie hübsch sie heute wieder aussieht und dass ich ihr viel Glück für die Jagd wünsche. Mit leiser, beruhigender Stimme sage ich das und sie hört zu. So unterhalten wir uns.
    Ich habe mal ein Märchen gelesen, in dem ein Fuchs vorkam, und das ging ungefähr so:
    Es war einmal ein junger König, der war in eine schöne Prinzessin verliebt. Ihr einziger Makel war, dass sie auf dem linken Bein hinkte. Doch dies tat der Liebe des Königs keinen Abbruch. Endlich willigte sie ein, ihn zu heiraten, stellte jedoch eine Bedingung: In jeder Vollmondnacht müsse sie fortgehen und ihr Mann dürfe nicht versuchen zu erfahren warum oder wohin. Der König hätte allem zugestimmt, um seine Prinzessin zu bekommen, also gewährte er ihr auch diesen Wunsch. Die Heirat konnte stattfinden und am Anfang waren die beiden sehr glücklich miteinander. Doch schon bald fragte sich der König, wohin seine Frau jede Vollmondnacht verschwand. Er bekniete sie, es ihm zu verraten, doch sie blieb eisern und erinnerte ihn an sein Hochzeitsversprechen.
    Der Gedanke, sie könnte einen Liebhaber haben, wucherte im Herzen des Königs. Als er es schließlich nicht mehr ertrug, versteckte er sich in einer Vollmondnacht im Gemach seiner jungen Frau, um sie zu beobachten. Er sah, wie sie aus ihrer Kleidertruhe einen Fuchspelz nahm und ihr Kleid abstreifte. Da erkannte der König den Grund ihres Hinkens: Der linke Fuß seiner Frau war kein zierlicher, weißer Menschenfuß, sondern eine behaarte Tierpfote. Vor Schreck schrie er laut auf und verriet sich damit. Seine Frau schlüpfte in den Pelz und verwandelte sich in einen Füchsin. Sie huschte durch die Tür und verschwand in den Wäldern, um nie mehr zurückzukehren.
    Ich habe nie kapiert, warum sich die Fuchs-Prinzessin ausgerechnet in diesen Idioten verliebt hat. Vielleicht konnte er toll küssen.
    Von allen Küssen, die ich bisher gekriegt habe, sind die von Nummer neun am besten. Er wohnt auf dem Nachbarhof und heißt Achim. Er hat genau die richtige Mischung aus sanft und fest raus, wenn sich unsere Zungen ineinander verschlingen und er an meiner Unterlippe knabbert. Seine Küsse könnten verzauberte Tiere in Menschen verwandeln und umgekehrt. So gut küsst Achim. Okay, er hatte auch mehr Zeit zum Üben, denn er ist schon fast neunzehn.
    Vielleicht ist er ja derjenige, der die Chance bekommen sollte, noch ein paar andere Sachen richtig gut zu machen. Um das herauszufinden, sitze ich jetzt mit ihm auf dem Schuppendach, obwohl heute Kirmes ist. Wir trinken Pflaumenschnaps, den ich meinem Vater
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