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Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Titel: Melvin, mein Hund und die russischen Gurken
Autoren: Marlene Roeder
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verschleiert antreten. Kein Fitzelchen Haut war von denen zu sehen. Gewonnen hat die mit den besten inneren Werten oder so. Vielleicht leb ich nicht im falschen Jahrhundert, sondern nur im falschen Land.
    Ja, du hast schon Recht. Frauenrechte, Menschenwürde. Aber verletzt das nicht auch meine Menschenwürde, wenn die Hyänen laut hinter mir über Diäten diskutieren, ach ja, bei der Seekuh hilft nur Kotzen. Ganz viel Kotzen.
    Ich hab Schwimmen diese Woche geschwänzt.
    Ja, ich weiß auch, dass das auf Dauer keine Lösung ist, aber… Scheiße! SCHEISSE!!! Ich muss jetzt auflegen und mein Kissen boxen. Bis dann.
    Danke für deine Karte. Die Seekuh sieht sehr sympathisch aus. Das hat mir Mut gemacht.
    Ich weiß, was du fragen willst. Ja, ich war da. Wir mussten dieses Mal nicht springen, das war schon mal ’ne Verbesserung. Die letzte Viertelstunde hatten wir Freizeit. Ich bin rutschen gegangen. Erinnerst du dich noch an die große Rutsche? Die ist einfach geil. Ich hab gewartet, bis das Licht auf Grün geschaltet hat – Bahn frei! –, und mich an der Haltestange abgestoßen, damit ich richtig Schwung kriege. Das Wasser hat mich durch die durchsichtige Röhre getrieben, über mir ein Fetzen blauer Himmel, dann ab in die Finsternis, darin kleine bunte Lichter wie Juwelen, ein roter Lichterkreis ist auf mich zugesaust, vorbei, ich hab mich in die Kurven gelegt, bin noch schneller geworden. Wow! Du, ich hab geschrien, weil es so geil war!
    Ich bin ins Auffangbecken geschossen wie ein Korken aus der Flasche. Als ich prustend wieder auftauchte, hab ich ein paar Leute am Beckenrand stehen sehen. Fabian war auch dabei und die Oberhyäne. Am liebsten wäre ich wieder abgetaucht, leider war das Becken zu flach. Bestimmt finden die rutschen total kindisch, dachte ich bloß. Na ja, Augen zu und durch. Und dann bin ich die Stufen raufgeplatscht.
    Unter 16 Sekunden, das ist Bestzeit, hat Fabian gesagt und auf die Tafel geguckt, wo in roten Digitalziffern die Rutschzeiten angezeigt werden. Im Ernst, das hat er gesagt! Und dass seine persönliche Bestzeit bei 17 Sekunden 52 liegt.
    Ist ja kein Wunder, bei dem fetten Arsch!, hat die Oberhyäne gezischt.
    Auf einmal hatte ich so eine Wut im Bauch! Ich hab tief Luft geholt, irgendwie waren die Worte schon in mir drin, ich brauchte sie einfach nur rauszulassen. Rate, was ich gesagt habe: Mein Arsch kommt wenigstens in Fahrt!
    Obwohl ich es leise gesagt habe, haben es trotzdem alle gehört. Die Jungs haben gepfiffen, der Oberhyäne hat’s vor Ärger das Gesicht zerknautscht und Fabian hat gelacht: Mensch, Mareike, du kannst ja richtig kontern!
    Er kennt meinen Namen!
    Vielleicht muss ich doch nicht in den Iran auswandern. Vielleicht hab ich doch eine Chance bei ihm?
    Jetzt mal im Ernst, wenn du die Wahl hättest zwischen einer Hyäne und einer Seekuh?
    Ja, finde ich auch.
    Aber in diesem Moment war ich einfach glücklich, dass Fabian mich angesehen und mit mir geredet hat, ganz normal. Verstehst du, was ich meine? Als würde er wirklich mich sehen, keine Seekuh.
    Mich.

DAS PFERD IM APFELBAUM
    Das Gras ist feucht vom Tau. Ihre Leinenschuhe sind nass. Jill bückt sich, um sie auszuziehen, stolpert, lacht. Noah stützt sie, sie spürt seine Hand an ihrem Po. Er lässt sie liegen, Jill wünscht sich, noch länger.
    Sie ist jetzt seit etwa einer Stunde achtzehn.
    Zwischen den Bäumen im Obstgarten ist es dunkel. Die Luft ist durchtränkt vom Duft nach reifen Äpfeln und dem nahen Meer. Der Wind weht Schlieren von Musik zu ihnen herüber.
    Sie schauen beide zum Hof, der in der Nacht liegt wie eine helle Insel. Hinter den erleuchteten Fenstern des Wohnhauses bewegen sich schattenhafte Gestalten. Dort drinnen haben sie Sarah zurückgelassen. Zuletzt saß sie mit einer Freundin, die Liebeskummer hat, auf dem Sofa in der Diele. Sarah hat immer Taschentücher dabei.
    »Kaum zu glauben, dass ich jetzt echt achtzehn bin«, sagt Jill.
    Noah ist einundzwanzig. Sarah auch.
    »Endlich volljährig, was?«, lacht Noah. »Uneingeschränkter Alkoholgenuss und die Lizenz, die Straßen unsicher zu machen.« Er legt den Kopf zurück und trinkt aus der Bierflasche, die er mitgebracht hat. Jill würde jetzt gerne ihre Hand auf seinen Adamsapfel legen, um zu spüren, wie er sich bewegt, wie die Muskeln am Hals sich spannen.
    Sie fragt sich, ob Sarah das manchmal macht.
    »Ich fahre gut, ich fahre nur gern schnell«, sagt Jill und nimmt Noah die Bierflasche ab. Dabei denkt sie, dass zur Volljährigkeit doch
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