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Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Titel: Melvin, mein Hund und die russischen Gurken
Autoren: Marlene Roeder
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fangen an sich zu bewegen. Sie ziehen silbrige Spuren. Ich versuche vergeblich ein Muster darin zu erkennen.
    Ich hoffe, du magst das Gefühl.
    Wahrscheinlich werden die Schnecken die hübschen Blümchen anfressen. All das verlogene, sorgsam gepflanzte Grün, bis es verdorrt und nur der nackte Stein übrig bleibt, und so soll es sein.

SURFER
    »Du wirst so was von absaufen«, sagt Achim.
    »Quatsch, das funktioniert. Ist doch aus Holz, oder? Du hast einfach keine Fantasie, keine Visionen, Mann«, entgegnet Hübi und schleppt die Bierbank runter zum See. Achim bleibt stehen, als wären Hübis Worte ein unsichtbares Hindernis, gegen das er plötzlich geprallt ist. Stimmt es, ist seine Perspektive zu eingeschränkt? Hat er keine Visionen, weil er auf dem Hof seines Vaters schuftet, statt beim Work and Travel auf der Farm eines Fremden, wie Hübi es bald tun wird?
    »Komm schon, ich muss doch üben, für Australien!«, ruft Hübi.
    Die anderen liegen schon in den Zelten und pennen, nur sie beide sind noch wach. Achim trinkt noch einen Schluck aus seiner Dose, es schmeckt wie flüssiger Sommer. Unten am Ufer macht Hübi Trockenübungen für die richtige Surferhaltung. Achim stellt sich dazu und übt mit. Sie gleiten zusammen durch die Nacht.
    »Jetzt sind wir so was von bereit zum Surfen, Mann«, sagt Hübi schließlich. »Los, du zuerst.« »Wieso ich? Du fährst doch nach Australien.«
    »Eben«, entgegnet Hübi.
    In Boxershorts watet Hübi ins Wasser, die Bierbank unter dem Arm. Besonders weit raus kann er nicht gehen, das Ufer fällt schon nach wenigen Metern steil ab, dann kommt das tiefe Wasser. Hübi legt die Bierbank behutsam auf die schwarze Haut des Sees. Die Bank schwimmt tatsächlich.
    »Du musst Anlauf nehmen, damit du richtig Schwung kriegst«, erklärt Hübi und hält die Bank in Position.
    Also nimmt Achim Anlauf, stößt sich vom matschigen Ufer ab, springt und landet mit den Armen rudernd auf der Bierbank. Nein, auf dem Surfbrett, denn das Ding schießt, von Achims Schwung getragen, hinaus auf den See. Während Hübi hinter ihm seinen Triumph in die Nacht hinausschreit, nimmt Achim Surferhaltung ein. Doch dann spürt er, wie die Bierbank unter ihm wegkippt. Achim platscht ins Wasser. In Australien haben die Surfer Schnüre um den Knöchel, damit sie ihre Bretter auch bei hohem Wellengang nicht verlieren. Doch Achim hat keine Schnüre um den Knöchel. Fluchend und Wasser strampelnd sucht er nach der Bierbank, doch sein Surfbrett ist in der Dunkelheit verschwunden.
    In Australien gibt es das Great Barrier Reef, das größte Korallenriff der Welt. »Wie Gärten unter dem Meer, wie Städte, in denen Tausende verschiedene Fischarten wohnen«, erzählt Hübi immer. »Es ist ein Wunder, Achim«, sagt er. »Stell dir vor, ich werde ein echtes Wunder sehen!«
    Achim schwimmt zurück ans Ufer, das Wasser um ihn ist von Sternen gesprenkelt, und für einen Augenblick kann er sich vorstellen, wie es ist, im Pazifischen Ozean zu treiben, in fremden Strömungen voller Wunder.
    Am Ufer wartet Hübi mit einem Handtuch und einer Dose Bier. Sie sitzen auf den Campingstühlen um den verglühenden Grill, trinken und reden über Australien, bis es langsam wieder hell wird.
    Achim wird von den Stimmen und dem Lachen der anderen geweckt. Sie räumen den Zeltplatz auf, der aussieht, als hätte darauf eine Bierbombe eingeschlagen. Im Gras verstreut liegen zerbeulte Dosen, Plastikbesteck, dazwischen zertretene Chips.
    Seine Clique kommt schon seit drei Jahren an den See. Jeden Sommer für ein Wochenende. Normalerweise lassen sie es am Sonntag ruhig angehen, anstatt sofort aufzuräumen und die Zelte abzubauen.
    »Was soll denn die Hektik?«, fragt Achim und streckt die steifen Muskeln. »Trinkt doch erst mal ein Bierchen.« Aber sie hören nicht auf ihn, sie haben ja so viel zu tun, müssen sich noch für Studienplätze bewerben oder WGs suchen oder für Australien packen.
    Vielleicht schreiben sie ihm mal eine Postkarte aus ihrem neuen Leben.
    Achim starrt auf das übrig gebliebene Grillfleisch von gestern, das in der Sonne liegt. Obwohl sein Kopf hämmert, macht er sich ein Radler auf. Es schmeckt schal.
    Eines der Mädchen sammelt die leeren Dosen in einen Plastiksack. Das gibt bestimmt eine Menge Dosenpfand. »Könnt ihr mal aufhören, aufzuräumen?«, brüllt Achim und stößt den Sack um, sodass die Dosen herauskullern.
    Das Mädchen starrt ihn an, dann beginnt es die Dosen erneut in den Sack zu stopfen.
    Achim schließt die
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