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TS 01: Attentat auf Sol

TS 01: Attentat auf Sol

Titel: TS 01: Attentat auf Sol
Autoren: Clark Darlton
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1. Kapitel
     
    Professor Harrel machte eine unmerkliche Pause, ehe er in seinen Ausführungen fortfuhr. Seinen Zuhörern war diese Pause kaum aufgefallen, denn sie kannten Harrel’s Angewohnheiten, vor bedeutungsvollen Sätzen ausgiebig Luft zu holen, um sie dann in einem zu Ende zu bringen.
    „Die bisherigen Beobachtungen in den meisten Sternwarten der Welt haben alle das gleiche Ergebnis hervorgebracht. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß gewisse Veränderungen auf der Sonnenoberfläche dazu führen müssen, aus ihr eine Nova zu machen. Das Erschreckende jedoch ist, daß dieser Vorgang nicht etwa einige Millionen Jahre dauern wird, sondern – wenn die Veränderungen im gleichen Ausmaß weiterschreiten – nur wenige Jahre.“
    Harrel schwieg und betrachtete interessiert die Wirkung seiner Worte auf die Zuhörer. Obwohl die Mehrzahl der Anwesenden mit einem ähnlichen Ergebnis gerechnet hatte, war die unverblümte Wahrheit doch eine Sensation. Der diesjährige Astronomische Kongreß in Genf hatte nur ein einziges Thema gekannt, das seit Monaten die Gemüter der Fachwelt beschäftigt hatte: die geheimnisvollen Veränderungen auf der Sonnenoberfläche, deren Ursache auch bis heute noch unbekannt geblieben waren. Die einzelnen Referate der verschiedenen Wissenschaftler hatten sich durch unzählige Vermutungen ausgezeichnet, kein einziger von ihnen hatte mit Tatsachen dienen können.
    Es war Harrel vorbehalten geblieben, ohne Rücksicht auf die Gemütsverfassung seiner Kollegen, das Ergebnis seiner Untersuchungen in aller Öffentlichkeit darzulegen.
    Für Sekunden herrschte lähmendes Schweigen in der großen Kongreßhalle, dann brach der Bann und verwandelte das Schweigen in ein lebhaftes Stimmengewirr. Alles sprach durcheinander und versuchte, den andern zu übertönen, jeder wollte seine Meinung dem Nachbar mitteilen und glaubte, dies nur unter Aufwand der größten Lautstärke bewerkstelligen zu können. Aus ehrwürdigen Professoren und nüchternen Gelehrten wurden heftig gestikulierende Normalwesen, die sich nur wenig von eifrigen Bananenverkäufern auf einem Wochenmarkt unterschieden.
    Man war aufgesprungen und stand bald darauf in Gruppen zusammen, Wortfetzen wehten durch den Saal, vermischten sich mit den akustischen Meinungsäußerungen anderer Gruppen und gelangten so vollkommen unverständlich an die Membrane des Mikrophons, das inmitten des Saales auf dem Gang stand, um sich zu Worte meldenden Zuhörern Gelegenheit zu geben, ihre Meinung darzutun.
    Aus den Lautsprechern kam das konzentrierte Ergebnis dieser Gruppendiskussionen in Form eines wirren Lärms, dem Professor Harrel mit leicht geneigtem Kopf entgegen lauschte. Auf seinem Gesicht lag ein leichtes Lächeln, das außer einer resignierten Befriedigung gleichzeitig neugierige Erwartung ausdrückte. Scheinbar hatte er sich das Ergebnis seiner Worte ähnlich vorgestellt, denn von Überraschung war nichts in seinen Zügen zu bemerken.
    Aus den Reihen der heftig debattierenden Gruppen löste sich ein korpulent gebauter Herr und ging mit sicheren Schritten auf das einsam dastehende Saalmikrophon zu. Als suche er Halt, ergriff er es mit der rechten Hand und hielt sich daran fest.
    Harrel hatte ihn kommen sehen, und in seinen Augen blitzte es auf. Er hatte Dr. Kubanow, seinen russischen Kollegen, erkannt, mit dem er sich in vergangenen Jahren sehr oft auf lehrreiche Diskussionen eingelassen hatte. Kubanow war einer der besten Astronomen und Astrophysiker der Welt, bekannt für seine scharfe Zunge und sein großes und vielseitiges Können.
    Jetzt sagte er etwas in das Mikrophon, aber obwohl Harrel es gesehen hatte und versuchte, die Worte seines Kollegen aus dem Gewirr der Stimmen herauszuhören, vermochte er nicht, auch nur eine Silbe davon zu verstehen. Kubanow jedoch ließ sich nicht entmutigen. Harrel sah, daß er tief Luft holte und erneut in das Mikrophon sprach – es war wohl mehr ein Brüllen, denn nun übertönte ein hart gesprochenes Wort das Chaos der Erregung:
    „Ruhe!“
    Für einen Augenblick schien sich keiner um die Aufforderung zu kümmern, doch dann verstummten einzelne der Debattierenden und wandten sich in Richtung der Lautsprecher. Vielleicht glaubten sie, Harrel habe um Ruhe gebeten, denn die wenigsten von ihnen konnten Kubanow sehen, weil er einfach mitten unter ihnen stand.
    „Ich bitte um Ruhe, meine Herren“, fuhr der Russe fort und atmete erleichtert auf, als er feststellen konnte, daß man seiner Aufforderung
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