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Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Melvin, mein Hund und die russischen Gurken

Titel: Melvin, mein Hund und die russischen Gurken
Autoren: Marlene Roeder
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Fisch vergessen habe. Als ich zurücklaufe, die Schultern zucke, ach-kann-doch-mal-passieren, erhasche ich aus den Augenwinkeln deinen Blick.
    Ich muss daran denken, wie du mich durch das Fischernetz angesehen hast, damals auf der Insel.
    Einen Moment lang will ich dir sagen, dass du unsere alten Schiffe verbrennen sollst. Ein Feuer ist besser, als langsam auf dem Fensterbrett zu verstauben. Aber dann nehme ich nur meine Plastiktüte und gehe.
    Lange laufe ich durch die Stadt. Irgendwann bleibe ich am Kanal stehen, einem trüben Wasserstreifen zwischen schnurgeraden Betonmauern.
    Ich habe kein Schiff, aber ich habe einen Fisch, und das ist fast noch besser. Er ist schwer, ein totes Gewicht. Ich reiße die Plastiktüte auf.
    Soll der Scheißseeteufel doch zurück zur Insel schwimmen oder sonst wohin!
    In dem Moment, als ich ihn werfe, sieht er fast wieder lebendig aus.
    Dann trifft er auf die Wasseroberfläche und sinkt wie ein Stein.

CHUCK NORRIS UND ALL SEINE FREUNDE
    »Kennst du den schon? Kleine Jungs tragen Schlafanzüge mit Superman drauf, Superman trägt einen Schlafanzug mit Chuck Norris drauf!«
    »Ja, kenn ich. Jetzt halt die Klappe und trag mich einfach da hoch. Oder willst du warten, bis Chuck vorbeikommt und mit anpackt?«
    Chuck Norris ist ein Actionheld. Ich habe noch nie einen Film mit ihm gesehen, aber wie alle kenne ich die Witze. In denen geht es immer darum, dass Chuck Norris etwas tut, was eigentlich unmöglich ist. Leider ist er jetzt nicht hier, deswegen muss mein Kumpel Piet den Actionhelden spielen.
    Piet riecht nach Schweiß, als ich ihm den linken Arm um den Hals schlinge und er seinen unter meine Kniekehlen schiebt und mich hochhebt und trägt wie eine verdammte Braut.
    »Ich bin nicht sicher, ob das so ’ne geniale Idee ist, Ben«, keucht er, während wir die Metalltreppe hochwanken.
    »Klar ist das genial«, behaupte ich, obwohl ich mir gerade auch nicht mehr so sicher bin. Durch das Gitterwerk der Treppe kann man auf den Boden gucken. Er ist ziemlich tief unten.
    Endlich sind wir oben. Piet setzt mich vorsichtig ab. Meine Beine, diese dummen, nutzlosen Anhängsel, baumeln über den Rand der Halfpipe. Über unserer zerkratzten, steilen, wunderbaren Halfpipe. Wie immer fühle ich mich sofort besser.
    »Jetzt noch den Rolli«, sage ich. »Los, beeil dich, die anderen müssten gleich hier sein.«
    Rainbow, denke ich, Rainbow, Rainbow.
    Piet stöhnt, er hat einen ziemlich roten Kopf, aber er tut, was ich ihm sage, weil er weiß, dass mir das hier wirklich wichtig ist, und weil er ein guter Kumpel ist, der beste, vielleicht sollte ich ihm das mal sagen, aber dann lass ich es doch. Er geht die Treppe wieder runter und ich sitze hier und kann die ganze Prärie überblicken.
    Wir nennen es die Prärie, weil hier nichts ist. Keine Häuser, nur verrostete Bahnschienen und Glasscherben und über allem das hohe Gras. Mittendrin unsere Halfpipe. Horror für jeden Rollifahrer. Außer für mich.
    Es stimmt nicht, was ich über den Namen gesagt habe. Wir nennen es die Prärie, weil es cool klingt.
    Jetzt kann ich die anderen sehen, sie sind schon beim Skelett des kaputten Kinderwagens. Johnny geht voran, natürlich, dann Patexx und Fred mit seinem Punkerhund. Zuletzt kommt Rainbow, wie ein Leuchtfeuer am Schluss. Sie geht mit ausgebreiteten Armen, als wollte sie mit den Händen über das Gras streichen, als wollte sie das Zittern spüren, das der Wind durch die Halme laufen lässt.
    Ich würde das auch gerne machen, bei ihren Haaren. Wie sich das wohl anfühlt, all die Farben. Eigentlich heißt sie anders. Aber ich nenne sie Rainbow, weil ihre Haare so bunt sind.
    Vielleicht hat jemand einen Witz erzählt, denn jetzt kann ich sie lachen hören, ihr Lachen sprudelt über die ganze Prärie. Niemand kann so lachen wie Rainbow. Ohne sie sind Piets Chuck-Norris-Witze nur halb so lustig.
    Es stimmt nicht, was ich über Rainbows Namen gesagt habe. Ich nenne sie Rainbow, weil sie mir Glück bringt.
    Johnny hat mich oben auf der Halfpipe gesehen, er salutiert vor mir wie vor einem General und ruft: »Zu Diensten! Warum hast du uns herbestellt, Ben?«
    Johnny ist eine echt coole Sau, und wäre Chuck Norris hier, würde er das bestimmt auch finden und er und Johnny wären Freunde.
    Johnny und ich sind auch so was wie Freunde, wir reden oft übers Skaten und ich weiß, dass er mich respektiert, weil ich mehr Ahnung davon habe als Piet und die anderen Jungs.
    Zumindest theoretisch.
    Johnny hat mich auch schon auf
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