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Vic Daniel 1 - Down in the Valley

Vic Daniel 1 - Down in the Valley

Titel: Vic Daniel 1 - Down in the Valley
Autoren: David M Pierce
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Erstes Kapitel

    Ein Scherbenhaufen.
    Warum ist nie etwas einfach?
    Warum hat nicht alles einen Anfang, eine Mitte und dann ein Ende, wie ein Rendezvous mit einem katholischen Mädchen? Warum ist nicht alles so pur wie ein doppelter Whiskey in einem sauberen Glas?
    Wenn ich der Typ wäre, der in lyrische Stimmung gerät, würde ich meine Durchschnittswoche mit einem Puzzle vergleichen, dem eine wesentliche, aber unbekannte Anzahl Teile fehlen, und zwar am Rand. Als ich zum Beispiel das Mo Kee Café durch die Hintertür betrat, blickte er nicht einmal auf, sondern hackte einfach weiter mit seinem ellenlangen Schlachtermesser chinesische Vollwertkost in kleine Stücke.
    »Geld oder Schuldturm«, sagte ich humorig, da er, auf einem Karton mit Sojasauce stehend, etwa 1,32 m hoch aufragte.
    »Kein Geld«, sagte er. Statt dessen bot er mir auf seines Messers Schneide ein Scheibchen Rettich an. Ich legte ihm eine Hand unters Kinn, hob ihn an und setzte ihn in einen Haufen Sojasprossen auf seinem Arbeitstisch.
    »Geld«, sagte ich.
    »Später«, sagte er. Er ließ sorgsam die Machete fallen, so daß sie meinen so-gut-wie-neuen weißen Turnschuh nur knapp verfehlte, bevor sie sich in den Fußboden spießte, und rief dann etwas. Zwei seiner Mitarbeiter kamen aus dem Speisesaal hereingetrabt. Was sollte ich tun, der Gelben Gefahr erneut den Krieg erklären?
    Ich ging und drohte dem hinterlistigen Asiaten mit der Faust. Er hatte einst zu den vietnamesischen Boat People gehört und schuldete mir immer noch $ 750,— für einen Job, den ich für ihn erledigt hatte. Na gut, wenn es mit Charme nicht klappte, mußte ich mir was anderes einfallen lassen; etwas Schlaues oder etwas Gemeines. Da ich es in meinem Leben schon ein- bis zweimal ohne viel Erfolg mit Schläue versucht hatte, blieb mir nur die Gemeinheit.
    Ich fuhr in mein Büro zurück und bedachte meine Möglichkeiten, und als ich an meinem Schreibtisch saß, um auf Briefpapier der Einwanderungsbehörde einen pampigen Brief zu schreiben, kam Timmy am Vorderfenster vorbei und linste fragend herein. Ich schüttelte den Kopf, wie in »Hau bloß ab«. Er wackelte seinerseits verständnisinnig mit dem Kopf und klapperte die anderen Häuser ab, um meine Nachbarn zu belästigen.
    Ich saß damals in der hintersten Einheit einer kleinen L-förmigen Einkaufszone Ecke Victory Boulevard und Orange Avenue, direkt neben einem unbebauten Grundstück, auf welchem ich von Zeit zu Zeit das Geräusch zersplitternder Flaschen und ethnischer Stimmen, in lautem Disput über alles oder nichts erhoben, durch den milden kalifornischen Abend dringen hörte. Und in letzter Zeit, an den drückend schwülen kalifornischen Nachmittagen, hörte ich zunehmend die nasalen Stimmchen Schulpflichtiger die wichtigen Tagesereignisse erörtern, und zwar in Dialogen wie »Gib den Joint rüber« und »Halt dich nicht an der Kippe fest«.
    Neben meinem Büro war der Mitnehm-Imbiß der Familie Nu, daneben eine Videothek, und daneben kam eine Taco-Burger-Filiale, die von der hübschen Señora Morales geführt wurde. Als letztes vor dem rechten Winkel des L kam der armenische Schusterladen von Mr. Amoyan. Ich hoffte, daß Timmy ihn nicht belästigte, denn ich mochte den alten Gent; am späten Nachmittag lümmelten wir uns manchmal auf der hölzernen Bank vor seinem Laden herum, beobachteten Schülerinnen und junge Muttis, wie sie in den Taco-Burger gingen und wieder herauskamen, und schüttelten angesichts der Narretei der Jugend und angesichts des Mangels an Narretei, was uns betraf, traurig unsere Quengelköppe.
    Und was nun Timmy betraf, so war dieser, tja, wie die San Francisco Giants, einer von Gottes weniger erfolgreichen Einfällen.
    Ich hatte ihn vor sechs Wochen kennengelernt, als sich der erste Smog des Aprils auf das San Fernando Valley legte wie billiges Haarspray auf eine selbstgemachte Dauerwelle. Jemand knallte mir mit einem Besenstiel auf die Schulter, als ich mein Büro aufschloß; ich fuhr herum, bereit zu töten, und bemerkte, daß ich jemanden ansah, der mehr war als ein Junge, aber weniger als ein Mann, mit einem unschuldigen, runden Mondgesicht und leeren blauen Augen. Er war offensichtlich geistig behindert, aber die medizinische Ursache wußte ich nicht, und ich wollte sie auch nicht so ganz genau wissen.
    Timmy jedoch war harmlos, jedenfalls einigermaßen; er konnte sprechen, jedenfalls einigermaßen, und alles, was er wollte, war, daß er vor meinem Büro für mich fegen wollte. Er hatte sich
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