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Klatschmohn

Klatschmohn

Titel: Klatschmohn
Autoren: Anke Greifeneder
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Ich hätte es wissen müssen! Wenn jemand zu den Männern gehört, die im
    Kino nur aus geheucheltem Interesse sitzen bleiben, bis auch noch der Stadt London für ihre freundliche Unterstützung gedankt wird, kann er nichts für mich sein. Wenn dieser Jemand auch noch Klaus heißt, macht es das nicht unbedingt besser.

    Aber der Reihe nach: Meine letzten Versuche, einen passablen Mann zu finden, waren gescheitert, bis ich auf Klaus stieß, der viel versprechend wirkte.
    Klaus hatte Witz, ein nettes Lachen und nichts gegen meine spätpubertären Samstagnachmittage einzuwenden, an denen ich mich darauf beschränkte, »Sex and the City« und »Friends« zu schauen. Und so kam es, dass er mich nach einigen unterhaltsamen Verabredungen ins Kino einlud. Aber nicht in irgendeinen Film, sondern seinen Lieblingsfilm, wie er betonte.

    Das Meisterwerk war zwar schon etwas älter, wurde aber gerade noch mal im Maxx gezeigt: »Verhängnis« mit Juliette Binoche und Jeremy Irons, den ich eigentlich sehr sexy finde. Ausgerüstet mit einem Bier und Popcorn war ich bereit, mich zu konzentrieren - auf eine Offenbarung, wenn man Klaus Glauben schenken durfte.

    Wie war das gleich? Sag mir, welcher Film dir gefällt, und ich sage dir, wer du bist.

    In diesem Fall nahm das Grauen seinen Lauf. Eine peinliche Story und noch peinlichere Sexszenen; oder glaubt irgendjemand ernsthaft, man könne Lust empfinden, während man mit dem Kopf aufs Parkett geschlagen wird und dabei wellensittichartige Geräusche ausstoßen muss? Selbst wenn es Jeremy Irons ist?

    Den »verhängnisvollsten« Fehler beging der Regisseur, als er Juliette eben noch nackt zeigte, also jung und knackig, und dann die betrogene Ehefrau ins Bild laufen ließ. Diese hat gerade erfahren, dass Jeremy die gut zwanzig Jahre jüngere Juliette poppt, die übrigens pikanterweise auch noch die Verlobte seines Sohnes ist - sagte ich schon, dass das Drehbuch nichts taugt? In ihrer Verzweiflung reißt sich die sichtlich ältere und nicht mehr taufrische Ehefrau die Kleider vom Leib und kreischt Jeremy an: »War dir das etwa nicht genug?«

    Das hätte sie besser sein gelassen. Ich kann sagen, nicht nur Jeremy schaute betroffen zur Seite. In diesem Moment war mir klar, dass es nicht funktionieren würde mit Klaus und mir, zumal er mir bei den als Sex getarnten Kampfszenen ein zweideutiges Grinsen zuwarf und etwas wie:

    »Heiß, ganz heiß«, ins Ohr flüsterte. Der Mann konnte keine Ahnung von weiblichen Bedürfnissen haben. Zumindest nicht von meinen, so viel stand fest.

    Also täuschte ich schwere Menstruationsbeschwerden vor - Männer fragen da ja nie detailliert nach - und flüchtete zu Katharina. Katharina öffnete erstaunt die Tür.

    »Und Klaus?«

    »Mit Klaus ist’s aus«, reimte ich unfreiwillig.

    »Na, dann komm mal rein. Lilli ist auch da.«

    Natürlich war Lilli auch da. Lilli war immer da und ich meistens auch, abgesehen von meinen kurzen frustrierenden Ausflügen in die schäbige Welt der Rendezvous. Wir kannten uns von der Uni, wo wir einen Kurs für autogenes Training besucht hatten, der einzige Kurs, in dem ich regelmäßig anzutreffen gewesen war. Ich hatte teilgenommen, um meine Prüfungsangst zu bewältigen -
    lernen wäre wahrscheinlich effektiver gewesen. Katharina war dort gewesen, um neue Männer kennen zu lernen, nachdem sie eingesehen hatte, dass Verbindungs-und Burschenschaftstypen zwar standesgemäß waren, leider aber indiskutabel, denn wer will schon mit einem Kotzkübel ausgehen, dessen Pflicht es ist, sich jeden Abend in die Bewusstlosigkeit zu trinken, und der mit einer Schärpe und einer komischen Mütze vor der Mensa herumsteht, um »Damen« für den Verbindungsball zu werben?

    Lilli machte damals eine schwere Zeit durch: Ihr reizender Freund war zum ersten Mal fremdgegangen. Es sollten weitere Affären folgen - bis hin zum krönenden Abschluss mit Lillis Schwester. Sie durchlitt schlaflose Nächte und versuchte mit autogenem Training, ihre Bettschwere wiederzuerlangen.

    Seit dieser Zeit waren wir uns Beistand und Ratgeberinnen in allen Lebenslagen, und genau deshalb war ich hier. Ich brauchte eine dritte Meinung.
    Mich überfielen Zweifel. Hatte ich doch mal wieder vorschnell gehandelt? Wer konnte schon einem Film eine solch übersteigerte Bedeutung beimessen?

    »Du hast vollkommen richtig gehandelt. Wenn dein Bauch dir sagt, das ist es nicht, dann lass es lieber gleich«, sprach mir Lilli Mut zu.

    Ich wusste, was jetzt kam. Entweder
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