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Meineid

Meineid

Titel: Meineid
Autoren: Petra Hammesfahr
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an.
    «Was soll das, Greta? Was willst du?»

    «Nur verhindern, dass ein Unschuldiger hinter Gitter kommt.»
    Er lachte rau.
    «Der und unschuldig. Ich verstehe dich nicht, Greta. Bist du nicht ausgelastet mit Niklas?»
    Er schaute mich an, als wolle er sich für seine folgenden Worte entschuldigen.
    «Tess machte vor einiger Zeit eine Andeutung in diese Richtung. Nur konnte ich mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Greta und dieser … dieser …»
    Er brach ab und räusperte sich. Den Satz sprach er nicht zu Ende. Sein Verhalten machte deutlich, er wusste genau, dass er auf verlorenem Posten kämpfte. Wenn ich gewollt hätte … Seine eifersüchtige Hella saß auf der Terrasse meiner Eltern. Luis hatte kein Alibi. Aber ich wollte ihn weder bloßstellen noch offiziell beschuldigen. Für mich zählte nur eines: Er hatte die Macht, Karreis und Feibert zu beschäftigen, bis ihnen die Lust von allein verging. Und falls sie ihm wider Erwarten doch einen Hinweis auf die Person brachten, die Tess getötet hatte, konnte er diesen Hinweis als nichtig erachten. Solange er die Ermittlungen leitete, konnte Greta nichts geschehen. Ich wollte von ihm nur noch wissen, ob er Tess vor zweieinhalb Jahren geraten hatte, sich einen Dummen zu suchen. Er zuckte mit den Achseln.
    «Ich habe ihr nur geraten, dich in Ruhe zu lassen. Dir muss ich doch nicht erklären, auf wen ihre Wahl gefallen war.»
    Das musste er wirklich nicht. Trotzdem!
    «Warum?, fragte ich.
    «Hattest du Angst, dass ich dir auf die Schliche gekommen wäre? Da magst du Recht haben. Ich hätte mir das keine zwei Monate bieten lassen. Von zwei Jahren ganz zu schweigen.»
    Ich erhob mich, Greta griff nach meinem Arm.
    «Moment noch, Niklas.»
    Zu Luis sagte sie:
    «Ich will die Akten McKinney und Breste sehen.»
    Ich hatte ihr – im Hinblick auf das, was Jan am vergangenen Nachmittag von sich gegeben hatte – abgeraten, danach zu fragen. Obwohl ich verstand, wie wichtig es ihr war. Sie wollte wissen, für wen sie es getan hatte. Es war keine Absicht gewesen, davon bin ich überzeugt. Sie hatte Tess unsere Hilfe angeboten, wollte wirklich nicht, dass Tess vor die Hunde ging. Und Tess wollte eben den Mund nicht halten, trieb ihr schäbiges Spiel auf die Spitze. Es muss ihre Haltung gewesen sein und das, was sie sagte. Tess hatte viel gesagt in den dreißig Jahren. Und mehr als die Hälfte war frei erfunden. Wie die Sätze im Religionsheft, der Einbrecher, die Haie im Tyrrhenischen Meer, die Verfolgungsjagd am Silvesterabend. Alles Dinge, von denen Greta genau wusste, dass sie nur in Tess’ Phantasie existierten und der Unterhaltung dienen sollten. Und so war es auch, als sie zurück zu ihrem Wagen ging – nicht wahr. Wir hatten so ausführlich darüber gesprochen, dass ich es vor mir sah. Drei sorgfältig platzierte Stiche, unzählige Male hatte sie davon gelesen. Dass sie diese Stiche exakt ausgeführt hatte, war ihr nicht bewusst. Sie hatte Flecken auf dem Kostüm und Tess’ Worte noch im Ohr.
    «Schätzchen, du hast eine völlig falsche Vorstellung von Jan.»
    Das war die Wahrheit, nur wusste Greta das zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Sie hatte nur verhindern wollen, dass Tess ihn bluten ließ, wie sie es ausdrückte. Wenn Tess rechtzeitig ihren Mund gehalten hätte. Wenn Greta am Freitagnachmittag schon gewusst hätte, was sie anschließend erfuhr. Wenn ich vor dreizehn Jahren nicht vorübergehend den Kopf verloren und mich in Tess verliebt hätte. Wenn! Manche Dinge geschehen und sind nicht rückgängig zu machen. So etwas kann man nicht als Mord bezeichnen. Es war nur eine Geschichte zu viel. Aber Luis konnte nichts machen. Er hatte seine Spuren all die Jahre so gut verwischt, und jetzt saß er verloren hinter seinem Schreibtisch, hilflos, ein geschlagener Mann. Gretas Bitte um Akteneinsicht lehnte er ab.
    «Vergiss es, Greta. Da steht nicht viel drin.»

    «Acht gebrochene Finger bei Barbara McKinney», sagte sie.
    «Und ein Lochbruch wie nach einem Schlag. Könnte es auch ein Sturz auf einen Stein gewesen sein?»

    «Könnte», sagte Luis, grinste müde und lustlos.
    «Ebenso gut kann es bei der Bergung passiert sein. McKinneys Leiche war völlig verkohlt. Sie haben sie nur stückweise aus dem Wrack bergen können. Und bei der schlampigen Obduktion …»
    Den Rest ließ er offen.
    «Und was ist mit den gebrochenen Rippen bei Janine Breste?, fragte Greta. Luis zuckte mit den Achseln.
    «Vielleicht eine Folge der Reanimation. Der Gerichtsmediziner wollte
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