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Meineid

Meineid

Titel: Meineid
Autoren: Petra Hammesfahr
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uns ohnehin nichts einbringt.»
    Endlich erwähnte Greta den Goldschmied in Düsseldorf, und damit sah plötzlich alles anders aus. * Wir fuhren in die Kanzlei, und bis zum Nachmittag waren wir beide durch unsere Spekulationen über den fehlenden Ring ein wenig abgelenkt. Nur ein wenig, es ließ sich nicht völlig beiseite schieben. Wir befürchteten beide, dass Jan seine nächtliche Lauscherei vor Feibert wiederholt hatte und der die richtigen Schlüsse zog. Als wir Gretas Wohnung betraten, war es sieben vorbei. Mein Schlüssel lag auf dem Garderobenschrank in der Diele. Ich befestigte ihn wieder an meinem Bund. Jan war nicht mehr da, Computer und Disketten waren ebenfalls verschwunden. Waschzeug, Kleidung, alles weg, als wäre er nie bei ihr gewesen, als hätte es den Freitag nicht gegeben. Greta wünschte sich, es wäre so. Sie wollte sich nicht fragen, was er jetzt machte, wollte nicht an Tess denken – und sprach den ganzen Abend über nichts anderes. Der erstaunte Blick, das Blut auf der makellosen Haut, das Messer in der eigenen Hand, die Ungläubigkeit, die wirren Gedanken. Es ist nicht wahr, nicht wirklich passiert, ich kann das nicht getan haben. Ich könnte doch Tess nichts antun. Es ist nur eine von Tess’ Geschichten oder eine Szene aus Jans Roman. Unter den Rippen angesetzt und schräg nach oben. Acht gebrochene Finger bei Barbara McKinney. Zwei gebrochene Rippen bei Janine Breste.
    «Niklas, was habe ich getan und für wen?»
    Ich hätte darauf bestehen müssen, dass Luis mich einen Blick in die Akten McKinney und Breste werfen ließ, meinte sie. Wenn es kein Bluff gewesen war, wenn Luis die Finger und die Rippen nicht dem Manuskript entnommen hatte …
    «Bleibst du hier?, fragte sie. Ich nickte und half ihr, das Bett frisch zu beziehen. Später lag ich neben ihr.
    «Stell dir vor», sagte ich, «ich würde dich jetzt fragen. Keine Sorge, ich frage nicht, du sollst es dir nur vorstellen.»

    «Was?»

    «Ob du Lust hast, ein paar Mark Steuern zu sparen.»

    «Das lohnt nicht», sagte sie.
    «Es gibt bessere Methoden, Steuern zu sparen. Und wenn Luis in Ruhe nachdenkt, wenn er begreift, dass nur ich in Frage komme …»
    Sie griff zum Lichtschalter. Es wurde dunkel im Raum. Und ich sah Luis hinter seinem Schreibtisch mit unbewegter Miene die Schmuckstücke betrachten. Wenn in all den Lügen, die Tess um sich verbreitet hatte, ein Körnchen Wahrheit verborgen lag, ein Auftrag an einen Juwelier in Düsseldorf … Der fehlende Ring war nur für eine Person wichtig gewesen. Für den Mann, der ihn in Auftrag gegeben hatte. Für Mandys Vater! Mit dem Gedanken schlief ich ein. Der nächste Morgen hatte etwas Alltägliches, Vertrautes, Gewohntes. Das Gespräch beim Frühstück. Wie oft hatten wir so gesessen, einen Fall besprochen, über den Wert von Beweismaterial diskutiert. Bei der letzten Tasse Kaffee sagte ich:
    «Lass uns zusehen, dass wir etwas gegen den selbstherrlichen Macho in die Hände bekommen und du ihn mit der linken Hand zerpflücken kannst. Davon hast du doch immer geträumt.»
    Und wenigstens einmal, fand ich, musste ein Traum für sie in Erfüllung gehen. Um halb neun verließen wir ihre Wohnung. Greta fuhr zur Kanzlei, ich zum Umziehen nach Marienburg. Als sie ihr Büro betrat, lag dort schon eine Nachricht. Von der Sekretärin notiert. Ich nehme an, dass Gretas Sekretärin sich nicht an den genauen Wortlaut gehalten hatte.
    «Doktor Abeler bittet um einen Besuch.»
    Luis dürfte nicht gebeten, sondern befohlen haben. Natürlich besuchte Greta ihn nicht. Der Gedanke an den Ring ließ mich nicht los. Einen Juwelier in Düsseldorf ausfindig zu machen kostete Zeit, die wir ebenso wenig hatten wie das Beweisstück mit den großen Perlen. Aber ich erinnerte mich noch deutlich an Gretas Zorn vom Freitagmittag, als Luis einen Termin hatte, so wichtig, dass er sie dafür aus seinem Büro werfen musste. Wir sprachen noch einmal ausführlich über alles, was am Freitag geschehen war. Ich begriff, dass Luis keinen Wert darauf legte, ein Phantom zu jagen oder einen Sündenbock zu suchen. Jeder weiß am besten, was er getan und was er nicht getan hat. Am Nachmittag fuhr ich nach Lindenthal, allein, begleiten wollte Greta mich nicht. Ich klingelte an der Haustür. Nichts rührte sich. Ich klingelte noch einmal, behielt den Daumen auf dem Drücker und hörte Jan in seinem Arbeitszimmer brüllen:
    «Was soll der Lärm?»
    Eine volle Minute verging noch. Dann schaute er zumindest aus dem Fenster, grinste
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