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Der fünfte Elefant

Der fünfte Elefant

Titel: Der fünfte Elefant
Autoren: Terry Pratchett
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E s
heißt,
die Welt sei flach und werde von vier Elefanten getragen, die auf dem Panzer einer riesigen Schildkröte stehen.
    Es
heißt,
die Elefanten hätten aufgrund ihrer Größe Knochen aus Stein und Eisen, und Nerven aus Gold, weil diese über große Entfernungen hinweg besser leiten. 1
    Es
heißt,
dass der fünfte Elefant vor langer Zeit heulend und trompetend durch die Luft der jungen Welt raste und hart genug landete, um Kontinente zu zerreißen und hohe Berge entstehen zu lassen.
    Niemand beobachtete die Landung, woraus sich eine interessante philosophische Frage ergibt: Wenn ein Millionen Tonnen schwerer zorniger Elefant vom Himmel fällt, ohne dass jemand da ist, der ihn hört – verursacht er dann, philosophisch gesehen, irgendwelche Geräusche?
    Und wenn ihn niemand sah – schlug er dann
wirklich
auf?
    Mit anderen Worten: War es nicht nur eine Geschichte für Kinder, um einige interessante natürliche Ereignisse zu erklären?
    Was die Zwerge betrifft, von denen diese Legende stammt, und die tiefer graben als viele andere Leute: Sie meinen, die Geschichte enthalte ein Körnchen Wahrheit.
     
    A n einem klaren Tag konnte man von einem geeigneten Ort in den Spitzhornbergen aus weit über die Ebene sehen. Im Hochsommer war es möglich, die Staubwolken der Ochsengespanne zu zählen. Jedes Ochsenpaar bewegte sich mit einer Höchstgeschwindigkeit von zwei Meilen in der Stunde und zog zwei Karren, jeweils mit vier Tonnen Fracht beladen. Die Fracht brauchte lange, um ihren Bestimmungsort zu erreichen, aber wenn sie dort ankam, gab es viel davon. Den Städten am Runden Meer brachten die Karren Rohstoffe und manchmal auch Leute, die ihr Glück versuchten und sich eine Hand voll Diamanten erhofften.
    Den Bergen brachten sie Fertigwaren, seltene Dinge von jenseits des Meeres und Leute, die Weisheit gefunden und ein paar Narben davongetragen hatten.
    Für gewöhnlich betrug der Abstand zwischen den Gespannen eine Tagesreise, wodurch sich die Landschaft in eine ausgebreitete Zeitmaschine verwandelte. An einem klaren Tag konnte man den letzten Dienstag sehen.
    Heliographen blitzten in der Ferne, als die Staubwolken Mitteilungen austauschten. Diese betrafen die Anwesenheit von Räubern, Ladungen und Lokale, wo man doppeltes Spiegelei, eine dreifache Portion Bratkartoffeln und Steaks bekam, die auf allen Seiten über den Tellerrand ragten.
    Viele Leute waren mit den Karren unterwegs. Die Reise kostete nicht viel und war bequemer als ein Fußmarsch. Außerdem erreichte man sein Ziel, früher oder später.
    Manche Leute reisten sogar gratis.
    Der Kutscher eines Karrens hatte Probleme mit seinen beiden Ochsen. Sie waren unruhig. In den Bergen hätte er das erwartet, denn dort streiften Geschöpfe umher, die Ochsen für eine wandelnde Mahlzeit hielten. Aber hier gab es nichts Gefährlicheres als Kohl.
    Hinter ihm, in einer Lücke zwischen den Stapeln aus Bauholz schlief jemand.
     
    Ein ganz normaler Tag in Ankh-Morpork…
    Am einen Ende der Messingbrücke, einer der wichtigsten Durchfahrtsstraßen von Ankh-Morpork, balancierte Feldwebel Colon auf einer wackligen Leiter. Mit der einen Hand klammerte er sich an der langen Stange mit dem Kasten darauf fest, mit der anderen hielt er ein selbst gefertigtes Bilderbuch vor die Öffnung im Kasten.
    »Und das ist eine
andere
Art von Karren«, sagte er. »Siehst du?«
    »Ja«, antwortete eine ganz leise Stimme aus dem Kasten.
    »Na schön«, brummte Colon zufrieden. Er ließ das Buch sinken und deutete über die Brücke hinweg.
    »Und nun… Siehst du die beiden Markierungen, die dort drüben aufs Kopfsteinpflaster gemalt sind?«
    »Ja.«
    »Und sie bedeuten…?«
    »Wenn ein Karren die Strecke dazwischen in weniger als einer Minute zurücklegt, ist er zu schnell«, erklärte die leise Stimme.
    »Ausgezeichnet. Woraufhin du…?«
    »Ich male ein Bild.«
    »Und was sollte darauf deutlich zu sehen sein?«
    »Das Gesicht des Kutschers oder die Nummer des Karrens.«
    »Und wenn es Nacht ist…«
    »Benutze ich einen Salamander, damit es hell wird.«
    »Gut, Rodney. Und an jedem Tag kommt einer von uns, um deine Bilder zu holen. Hast du alles, was du brauchst?«
    »Ja.«
    »Was bedeutet das, Feldwebel?«
    Colon senkte den Blick und sah in ein sehr großes, braunes, nach oben gewandtes Gesicht. Er lächelte.
    »Guten Tag, Enorm«, sagte er und kletterte schwerfällig von der Leiter herunter. »Was du hier siehst, Herr Jolson, ist die moderne Wache für das neue Millenienienum…
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