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Meine Spur löscht der Fluß

Meine Spur löscht der Fluß

Titel: Meine Spur löscht der Fluß
Autoren: Othmar Franz Lang
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Apperson, den er hatte töten wollen, und schlief, den Kopf auf einem Reitsattel. Er schnarchte.
    Was ist anders? fragte sich Ishi.

    Einige Tage vergingen, wie Maitage vergehen sollten. Unbeschwert von Ängsten, fast heiter. Die zwei Professoren und der Doktor legten ihre Würde und oft auch ihre Kleider ab, was Ishi nie tat. Und manchmal schien es, als hätten sie die wissenschaftlichen Ziele ihrer Reise vergessen. Hatte es diese wissenschaftlichen Ziele überhaupt gegeben?
    Ishi fragte sich immer wieder: Was war anders?
    Er konnte aufrecht über die Wiesen am Fluß gehen, im hellsten Sonnenschein, das war anders. Er schlief mit zwei Weißen, Popy und seinem Sohn Saxton, im Zelt. Er lehrte Saxton sogar den Rundtanz der Yahi, das war anders. Er brauchte dem Rancher Apperson nichts mehr aus Hunger zu stehlen. Auch das war anders.
    Aber konnte er sich darüber freuen?
    Manchmal freute er sich sehr. An dem Morgen zum Beispiel, als sie zur Hirschjagd aufbrachen, die anderen noch etwas verschlafen, er hellwach, mit geschärften Sinnen, im Lendenschurz wie früher. Schon einmal waren sie hinter einem Hirsch her gewesen, aber da hatten weder Pope noch Waterman und Kroeber auf ihn gehört. Sie hatten sich morgens mit Seife gewaschen und am Abend zuvor noch geraucht. Der Hirsch hatte sie gewittert. Sie sahen keinen.
    An diesem Morgen aber hatten sie sich nur mit klarem Wasser gewaschen, er, Ishi, hatte sogar ein Bad im Deer Creek genommen und lange den Mund gespült. Und sie alle hatten zwei Tage nichts geraucht. Er hatte obendrein noch gefastet. Popy war mittlerweile ein guter Bogenschütze geworden, aber ein Ziel zu treffen machte noch nicht den Jäger aus. Er mußte sich erst bewähren.
    Auf dem Weg, der steil bergan ging, mußte er seine Freunde immer wieder aufhalten. Sie gingen zu schnell. Sie kamen ins Schwitzen. Der Hirsch roch das. Er hatte die größte Mühe, ihnen beizubringen, so zu gehen, daß sie sich nicht erhitzten.
    Was war anders, als sie mit dem Hirsch zum Lagerplatz zurückkamen ?
    Vieles war anders. Da waren die beiden Appersons, und die sagten: »Oh, ein Hirsch. Glück gehabt diesmal.« Das war alles. Sie ehrten den Hirsch nicht, der für sie gestorben war. Nur er sagte, er brauche seine Sehnen. Niemand gerbte die Haut. Seine Mutter brauchte keine Bandagen mehr für ihre kranken Beine.
    Gewiß, der mudjaupa, Watamany und Popy waren erhitzt und erregt, und sie nahmen den Mund ein bißchen voll, aber sie kochten dann Hirschragout auf ihre Weise. Sie kochten es viel zu lang, zu weich und nicht auf Yahiart, nur pukka-pukka.
    Dann waren wieder Tage, wo Kroeber und Waterman ihn nur fotografierten. Er mußte Feuer mit seinem Drill machen, er mußte eine Harpune schnitzen, auf einem Felsbrocken im Fluß stehen, schwimmen, den Bogen spannen und zielen, das alles knipsten sie. Und sie brachen mit ihm auf zum nahen Wowunupo mu tetna. Trauer befiel ihn, als er den Zufluchtsort wiedersah. Die kleinen Häuser standen noch, besser erhalten, als er gedacht hatte. Der Pfad, auf dem er seine Schwester hatte davonlaufen sehen, war immer noch zu erkennen.
    Kroeber und Waterman, aber auch Pope stellten ihm Fragen, sogar der kleine Saxton. Und Ishi zeigte, wo er geschlafen hatte, und da seine Mutter und da sein Onkel und seine Schwester. Es war nicht viel zu zeigen, zwei kleine Häuser mit viel Raum für Vorräte, ein Rauchhaus, ein Reservoir, in das sie im Winter Schnee stopften, um im Sommer nicht jeden Tropfen Wasser vom Fluß heraufschleppen zu müssen, und, etwas abgelegen, eine Latrine.
    Daß sie entdeckt wurden, war sein Fehler gewesen. Er hatte gewußt, daß fremde Weiße in der Nähe waren. Er hatte sie öfters beobachtet. Aber er hatte nie gedacht, daß sie am Ufer des Deer Creek daherkommen würden. Nie waren Weiße hier unten im Cañón durchgegangen. Er hätte vorsichtiger sein müssen, er konnte durch das Rauschen des Wassers niemanden kommen hören. Und als er sie sah, von einem Felsblock in der Mitte des Flusses aus, wo er mit seiner Harpune stand, da entdeckten sie ihn im gleichen Augenblick. Einen Atemzug lang standen sie still. Er fühlte, sie fürchteten ihn mehr als er sie. Aber zum Glück hatten sie keine Waffen bei sich. Sie gingen dann flußaufwärts weiter, und er wußte, daß er und seine Leute verloren waren. Er warnte die anderen, und seine Schwester und er vereinbarten, in verschiedenen Richtungen zu fliehen, nur so hatten sie eine Chance. Er hatte schon früher mit ihr Fluchtplätze festgelegt,
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