Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Spur löscht der Fluß

Meine Spur löscht der Fluß

Titel: Meine Spur löscht der Fluß
Autoren: Othmar Franz Lang
Vom Netzwerk:
schwankend stand, vorsichtshalber Handschellen an. Er war ein alter Hase, und er hatte schon viel erlebt. Wenn man’s genau nahm, viel zu viel. Es schüttelte ihn, wenn er daran dachte, daß er nun einen Bericht schreiben mußte, in dem genaue Angaben stehen sollten.
    Festnahme einer männlichen Person.
    Name: Fragezeichen.
    Sprache: Fragezeichen.
    Geburtsort und Geburtstag: Fragezeichen.
    Familienstand: Fragezeichen.
    Entsetzlich! Irgendeiner von oben würde ihm sicher den überflüssigen Rat geben, den Festgenommenen einfach zu fragen.
    »Was wollen Sie mit ihm machen?« fragte der Rothaarige, dem Webber jetzt auf den Kopf zusagte, daß er ein Ire sei.
    »Meine Eltern, Sheriff, ich bin schon hier geboren.«
    Webber wies auf den Indianer. »Der sicher auch. Ja, was soll ich mit ihm machen, Mensch?« fragte er böse. »Durchfüttern werd’ ich ihn müssen, und Kleider werd’ ich zusammenbetteln müssen, und dann werde ich sehen, ob ich irgendeinen gottverdammten Idioten finde, der mir den Kerl wieder abnimmt.«
    Sie fuhren schon, da kam ihnen der Ire nachgerannt. »Moment noch«, schrie er, »Moment noch, Sheriff.« Er band sich seine Schlachterschürze ab. »Hier«, sagte er, »sie ist frisch gewaschen, geben Sie sie dem armen Teufel. Die geht zweimal um ihn rum.«

    In seinem Office in Oroville sperrte Sheriff J. B. Webber den Wilden zunächst in jene Zelle, in die sonst die Geistesgestörten eingeschlossen wurden oder die Betrunkenen, bis sie wieder nüchtern waren.
    Viele Möbel gab es hier nicht. Eine Pritsche und eine grobe Pferdedecke. Ein Wandbrett. Mehr nicht.
    »Da«, sagte er, »hau dich hin und schlaf erst mal. Siehst verdammt mitgenommen aus. Mensch, daß du aber auch kein einziges verständliches Wort hervorbringen kannst. Hau dich hin und schlaf erst mal.«
    Er nahm dem Indianer die Handschellen ab, was dieser offenbar nicht begriff und schloß die Gittertür. Dann schickte er einen Jungen in die Stadt. Er sollte einen Spanier namens Alvarez, einen Mexikaner, der ein Halbblut war, und einen Indianer, der am Stadtrand in einer morschen Bretterbude hauste, holen.
    Die drei kamen und redeten nacheinander mit dem Gefangenen, sie redeten und redeten, versuchten es immer wieder, mit einer wahren Engelsgeduld, aber der Mann, das konnte man seinem Gesichtsausdruck entnehmen, verstand kein einziges Wort. Er starrte sein jeweiliges Gegenüber m it weit aufgerissenen Augen an, sie waren voll Angst, und er schüttelte den Kopf. Manchmal fragte er in seiner Sprache, die sich ganz ulkig anhörte, zurück, aber das verstanden die anderen wieder nicht.
    »Geht nach Hause, Leute!« rief Webber. »Ich werde euch eure Hilfsbereitschaft nie vergessen.«
    Und als die drei gerade sein Office verlassen hatten und er noch eine Weile am Türstock lehnte und ihnen nachsah, rannte ausgerechnet der junge Bursche von dem Oroviller Käseblättchen, der sich stolz Redakteur nannte, in sein Blickfeld.
    »Hej, Freundchen!« rief Webber, zum erstenmal an diesem Tag etwas froher. »Komm her, vielleicht hab’ ich was für.dich.«
    »Hoffentlich nicht nur einen kleinen Ladendieb, Sheriff. «
    »Nein, ich denke, es ist schon was Besseres.«
    »Ein Mord etwa? Vielleicht eine Eifersuchtstragödie? Spanier ersticht seine treulose Frau, die er mit einem anderen beim gemeinsamen Gitarrenspiel ertappt hat?«
    »Scherz beiseite«, sagte Webber mit zusammengebissenen Zähnen, »es ist vielleicht sogar ein bißchen mehr.«
    »Was haben Sie, Sheriff Webber?«
    Sheriff Webber sah sich um, ehe er bekannte: »Ich hab’ ‘nen Wilden eingefangen. Draußen am Schlachthof. So gut wie splitternackt, wenn man eine Pferdedecke, die aus lauter Löchern besteht, nicht mitzählt.«
    »Einen Wilden?« fragte der Redakteur. »Eine Rothaut? Draußen am Schlachthof? Splitternackt?«
    »Wie ich’s sage.«
    »Darf man ihn sehen?«
    »Natürlich«, sagte Webber, stieß sich vom Türstock ab und winkte den Zeitungsmann mit einer Kopfbewegung herein.
    Der traute sich nicht ganz ans Gitter heran. Man wußte nie bei diesen Kerlen. Manche waren listig und verschlagen und griffen ganz überraschend an. Der da wirkte zwar harmlos, weil er so mager und so apathisch war.
    »Hej«, rief der Zeitungsmann leise, »was sagt dir der Name Cochise? Hast du schon von Cochise, dem Häuptling der Apachen gehört? Nein? Oder Tecumseh? Auch nichts? Aber von Sitting Bull werdet ihr euch doch erzählt haben? Wie? Auch Fehlanzeige? Mann, hast du noch nie eine Zeitung gelesen?«
    »Der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher