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Meine Spur löscht der Fluß

Meine Spur löscht der Fluß

Titel: Meine Spur löscht der Fluß
Autoren: Othmar Franz Lang
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der Letzte der Yahi, niemand sollte von ihm erzählen, er habe gezittert oder sei feige gewesen.
    »Macht schnell«, sagte er in seiner Sprache. »Quält nicht den letzten Yahi.« Aber sie sahen ihn nur verständnislos an, und der große, starke Mann kam wieder mit der Schüssel, die nun nicht mehr dampfte, und hielt sie ihm hin.
    Der Indianer hob abwehrend die Rechte.
    »Da seht ihr’s«, rief der Sheriff, »ich gebe ihm Essen. Der Mann da ist am Zusammenklappen. Glaubt ihr, der nimmt auch nur einen Bissen? Nichts. Dabei kocht meine Frau das beste Irish-Stew weit und breit.«
    Nun hatte der Mann mit der Waffe noch einen Stock in der Hand und darauf heftete er etwas Weißes, daß es aussah wie ein Wimpel, und er deutete ihm, er solle die Augen offenhalten und geradestehen. Er brauchte keine Angst zu haben. Er würde die Augen nicht feige schließen. Er war der Letzte, er ging zu den andern, zu seiner Mutter und seiner Schwester und den vielen, vielen anderen Yahis.
    Jetzt brannte ein weißer Streifen unter dem kleinen Wimpel, und der Mann mit der dreibeinigen Waffe starrte ihn an. Der große, starke Mann stellte die Schüssel weg und schien unschlüssig...
    Da, ein greller Blitz! Ein zischendes Geräusch. Geblendet stellte der Indianer nach kurzer Zeit fest, daß kein lauter Donner folgte und daß er noch lebte. Erst allmählich sah er wieder die anderen drei Männer, und jetzt brachte ihm der zweite Mann, der den dritten geholt hatte, die Schüssel. Wahrscheinlich hatte die Waffe versagt.
    »Da, iß!« rief er. »So etwas Gutes hast du dein Leben lang nicht gegessen.«
    Aber der Indianer streckte wieder abwehrend die Hand aus. Er hatte gelernt zu hungern.
    »Ist ja kein Wunder«, sagte der Redakteur, »ist wirklich kein Wunder, daß ein Roter das Essen aus der Hand eines Weißen ausschlägt. Die wissen von uns doch nur eines, daß wir sie umbringen, wo und wann wir nur können.«

    Die erste Nacht im Gefängnis war für den Indianer seine erste Nacht in einem Haus der Weißen. Er wußte nicht, was ihm bevorstand. Er war nur sicher, daß sie ihn töten würden. Zweimal hatte der Fremde draußen Blitze gegen ihn geschossen. Vielleicht sollten diese ihn langsam töten. Er nahm es hin. Vielleicht war es auch ein Zauber. Er war froh, sich nicht mehr verstecken, froh, nicht mehr fliehen zu müssen. Freilich, die Luft draußen an den Hängen des mächtigen Waganupa war besser gewesen als die stickige Luft im Office des Sheriffs.
    Er versuchte, sich verschiedene Bilder in Erinnerung zu rufen, die ihm die Zeit vertrieben. Das Bild der drei riesigen Felsblöcke, auf denen eine Föhre wuchs, und die im Hinunterstürzen so liegengeblieben waren, daß man durch einen engen Spalt in eine halb gedeckte Höhle kam, in der man sich verstecken konnte. Freilich, nur so lange die Jäger keine Hunde mit sich führten. Oder das Erdhaus seiner Kindheit, der Ofen vor der Hütte, in dem seine Mutter Aniswurzeln röstete...
    Er spürte keinen Hunger mehr. Er hatte nur Durst. Bisher hatte er von den Weißen kein Wasser genommen. Morgen, überlegte er, würde er einen Schluck nehmen und ihn zwischen Zunge und Gaumen lange prüfen. Wenn es richtiges Wasser war, würde er es hinunterschlucken.
    Er fand, das Haus sei voller Geräusche. Geräusche, die er nicht kannte. Und er wunderte sich, daß die Weißen diesen Lärm, den das Haus verursachte, ertrugen. Auch draußen war es hin und wieder laut. Zwei Männer stritten, andere kamen hinzu. Ein Betrunkener gröhlte, ein Hund jaulte auf, andere bellten los und weckten alle schlafenden Hunde.
    Er döste schließlich in seinem Winkel ein, wagte aber nicht, richtig zu schlafen. Sie konnten ja warten, bis er schlief, um ihn dann zu töten. Müde drückte er sich in die Ecke, um gut geschützt zu sein.
    Einmal waren weiße Siedler hinter ihnen hergewesen, aber sie konnten ihnen nur schlecht folgen, da sie den Weg der Yahis im Wald und Buschwerk nicht kannten. Die Yahis waren schon lange vor den Verfolgern am Rand der Schlucht und kletterten an ihren Seilen aus Wolfsmilchfasern hinunter. Er hing noch am Seil, reglos wie eine tote Last, als er oben die Verfolger sprechen hörte. Sie schienen oben hin und her zu laufen, wütend, und ratlos über das plötzliche Verschwinden der Rothäute. Das Seil schnitt in seine Haut, seine Kräfte ließen nach, unter ihm ging es tief in den Mili Creek Cañon hinunter, aber er wußte, er war durch die Bäume am oberen Rand der Schlucht gut gedeckt.
    Erst als die Stimmen
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