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Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben

Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben

Titel: Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben
Autoren: Lira Bajramaj
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erst zu unserer letzten Begegnung endlich in die Olympiastadt Peking reisen. Unzählige Wettkämpfe konnten wir bis dahin nur aus der Ferne im Fernsehen mitverfolgen, die olympischen Einrichtungen kannten wir nur vom Hörensagen. Mit deutschen Olympiasiegern konnten auch wir nur aus der Distanz jubeln. Für die verbliebenen vier Tage aber zogen wir ins olympische Dorf ein. In den spartanisch ausgestatteten Zimmern richteten wir uns so gut es ging häuslich ein, endlich kam so etwas wie ein olympisches Gemeinschaftsgefühl auf. Wir hatten das so lange vermisst, fühlten uns total abseits vom eigentlichen sportlichen Geschehen. Jetzt waren wir in einem Block mit den amerikanischen und
japanischen Fußballerinnen. Wir konnten all die olympischen Sportstätten sehen, aßen mit den Sportlern aus aller Welt in der Mensa. Dort traf ich viele bekannte deutsche Sportler: Vom Turner Fabian Hambüchen bis zu den Handballern und Hockeyspielern. Zudem lief mir der Schweizer Tennisheld Roger Federer über den Weg – ein toller Typ! Und ich sah die hünenhaften US-Basketballer! Hey, das war schon ein einmaliges, viel zu kurzes Erlebnis.
    Ich habe mich dann erst mal mit diversen Olympia-Souvenirs eingedeckt. So etwas gab es ja in den anderen Städten, in denen wir uns rumtreiben mussten, nicht. Ich kaufte mir Schlüsselanhänger und Spielkarten mit den Olympiamaskottchen drauf: der Fisch Beibei, der Panda Jingjing, die tibetische Antilope Yingying, die Schwalbe Nini und die olympische Fackel: Huanhuan. Es gab in Peking ja gleich fünf Maskottchen – »Die Freundlichen Fünf«. Wenn man ihre Namen hintereinander sagt, bedeutete das: Willkommen in Peking – da haben die sich echt Mühe gegeben. Aber die Asiaten haben ja einen Sinn für Symbolik …
    Langsam erholten wir uns auch von der Halbfinalniederlage gegen Brasilien. Wir wussten, dass wir noch etwas bei diesen Sommerspielen reißen konnten. Bronze war besser als nichts. Platz vier – damit wollte keiner heimfahren. Japan sollte unser Gegner sein, die wuseligen Asiatinnen hatten wir das letzte Mal bei der WM 2007 mit einem glatten 2: 0 geschlagen. Es war ein Donnerstag und wir spielten in der ersten Halbzeit nicht besonders gut. Japan hatte Vorteile auf dem Platz: Die Asiatinnen erarbeiteten sich bis zu diesem Zeitpunkt mehr Torchancen, hatten mehr Ballbesitz und dominierten die Partie. Ich wurde in der 59. Minute eingewechselt. Eine Flanke von Conny Pohlers köpfte Kerstin Garefrekes aufs Tor, die japanische Torfrau konnte nur noch abwehren – und ich legte los … Ich zog einfach ab und das Ding hing in den Maschen des gegnerischen Kastens – 1: 0. Eine ähnliche Situation führte zum 2: 0: Diesmal flankte Kerstin Garefrekes, und ich stand wieder richtig. Zwei eigene Treffer in einem so wichtigen
Spiel – cool! Das blieb dann auch das Endergebnis. Ich konnte es erst gar nicht fassen: Zweimal getroffen! Bronze geholt! Wahnsinn! Das waren bis dato meine wichtigsten Tore, das kann ich euch sagen. Ich fühlte mich den ganzen Tag und noch lange danach wie im Fußball-Himmel.
    Am späten Abend fiel endlich die Anspannung von uns ab, wir feierten im Deutschen Haus unsere Bronzemedaille. Ich wurde spontan noch zu Talkmaster Reinhold Beckmann eingeladen und durfte in der ARD-Abendshow Rede und Antwort stehen. Danach ließen wir Spielerinnen es relaxt ausklingen. Wir tanzten und flachsten unter anderem mit dem Basketballer Dirk Nowitzki im Deutschen Haus. Er hatte wohl unser Spiel um Platz drei gesehen, kam auf mich zu und meinte nur: »Super Tore!« Mann, ich war stolz wie Bolle. Und bereits einen Tag später saßen wir zwei im Flieger Richtung Heimat hintereinander. Das ganz große Los hatte allerdings meine Mitspielerin Babett Peter gezogen, sie saß direkt neben Dirk Nowitzki. Mir tat er mit seinen langen Beinen zwischen den engen Sitzen echt leid. Aber er hat darüber überhaupt nicht gemotzt. Wir unterhielten uns ein bisschen über das Essen im Flieger – und fanden es beide nicht so den Hit. Ansonsten hat er den ganzen Flug über viel geschlafen. Wenn wir mal Blickkontakt hatten, gaben wir uns gegenseitig das Victory-Zeichen: Peace …
    Trotz des verpassten Goldes waren die Spiele ein Riesen-erlebnis, ich denke jedenfalls sehr gerne an diese Zeit zurück. Ich glaube auch im Nachhinein, dass uns diese Niederlage gegen Brasilien ganz gutgetan hat, schließlich können wir nicht immer nur gewinnen. Die Konkurrenz schläft nicht. Und es verleiht dem Frauenfußball doch auch
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