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Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben

Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben

Titel: Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben
Autoren: Lira Bajramaj
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Gruppengegnerinnen auch die schnuckeligen Brasilianer im gleichen Hotel wie wir nächtigten. Leider verfügte jedes Fußballteam über seinen eigenen Speisesaal und ein eigenes Stockwerk, aber in der Lobby und im Fitnessbereich liefen mir Ronaldinho oder Diego regelmäßig über den Weg. Wir jungen Gören im Team fanden das natürlich wahnsinnig lustig und kicherten, wenn wir wieder so einen Superstar in greifbarer Nähe sahen. Und das Beste: Die waren so normal wie du und ich. Die aßen dieselben Brötchen wie wir, die benutzten dieselben Toiletten (aber natürlich die Männerklos!), tranken das gleiche Wasser, mussten durch dieselbe Sicherheitsschleuse und durften auch keine Bonbons mit ins Hotel bringen … Allerdings wurden sie alle vom weiblichen Hotelpersonal angehimmelt, uns Mädels ließ man eher links liegen.
    Ronaldinho und Co. feuerten sogar ihre nationale Frauenmannschaft gegen uns an. Wie geil ist das denn?! Man stelle sich das mal vor: Michael Ballack, Miroslav Klose und Lukas Podolski sitzen bei einem Spiel von uns auf der Tribüne und schreien sich für die deutschen Fußballerinnen die Kehle aus dem Leib. Na, vielleicht erlebe ich das irgendwann noch mal.
    Zurück zum Turnier: Wir spielten also gegen Brasilien, das wir beim WM-Finale noch mit 2: 0 bezwungen hatten. Für die
Südamerikanerinnen war gegen uns also eine Rechnung offen. Wenn man es nüchtern betrachtet, hatten wir schon extremes Glück, dass die Partie in Shenyang am Ende 0: 0 ausging. Ich war nach meiner Einwechslung in der 73. Minute auch nicht in der Lage, entscheidende Akzente zu setzen. Brasilien war an diesem Tag besser, wir konnten mit dem Unentschieden ganz gut leben.
    Es folgte drei Tage später die Partie gegen Nigeria: 1: 0 dank eines Treffers von Abwehrspielerin Kerstin Stegemann – der erste Sieg war endlich da! Im abschließenden Gruppenspiel mussten wir in meinen chinesischen Lieblingsort Tianjin, der mir mit seinen lilafarbenen Flüssen und dem baumlosen Stadtbild im Gedächtnis haften geblieben ist. Gegen Nordkorea gelang uns wieder nur ein knappes 1: 0, Anja Mittag erlöste uns mit ihrem Tor erst kurz vor Schluss, ich stand gut 20 Minuten auf dem Platz. Zufrieden konnte keiner so richtig sein, dennoch war das Minimalziel Viertelfinale geschafft.
    Mit dem Flugzeug ging es wieder zurück nach Shenyang, unser Lieblingsgegner Schweden wartete. Die Schwedinnen haben in großen Spielen noch nie irgendetwas gegen uns gerissen, die liegen uns einfach. Das heißt: Wenn wir gegen die spielten, hatten wir immer Glück. Oder es gibt noch eine Erklärung: Die bisher wichtigste Begegnung einer deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft gegen die Skandinavierinnen war das WM-Finale 2003 in den USA. Obwohl Schweden 1: 0 führte, gewann das DFB-Team damals noch 2: 1 dank eines Golden Goals durch Nia Künzer. Die schwedischen Spielerinnen haben das noch im Hinterkopf. Psychologisch sind wir da im Vorteil. Irgendwann wird auch diese Serie mal reißen, aber wir spürten auch bei Olympia, dass die Gegnerinnen mehr als den üblichen Respekt vor uns hatten. Mit einem 2: 0 in der Verlängerung ebneten wir uns den Weg ins Halbfinale! Auch wenn ich gegen die Schwedinnen nicht zum Einsatz kam, freute ich mich riesig. Wir waren unserem Ziel Olympiasieg wieder ein großes Stück näher. Allerdings wartete diesmal erneut Brasilien. Der Turniermodus war alles
andere als optimal, schließlich trafen wir bereits vor dem Endspiel wieder auf einen Vorrundengegner. Aber Jammern galt nicht, wir mussten die Zauberinnen vom Zuckerhut schlagen, wollten wir erstmals ein olympisches Finale erreichen.
    Wir spielten in Schanghai und wohnten wieder in unserem alten WM-Hotel. Das deuteten wir als gutes Zeichen, schließlich hatten wir dort knapp ein Jahr zuvor unseren großen Triumph gefeiert. Eine nette Angestellte, die ich noch aus dem Vorjahr kannte, lief mir in der Lobby über den Weg. Sie hatte so etwas von einem asiatischen Engel …
    Diesmal aber sollte es anders kommen. Keine Frage, wir waren hoch motiviert. Doch unsere Leistungen bei Olympia fielen schon ein bisschen ab, wir spielten nicht mehr so souverän wie noch bei der WM. Wir hofften erneut auf einen guten Tag bei unserer Torfrau Nadine Angerer, die auch bis zum olympischen Halbfinale wie schon beim Weltturnier noch kein Tor kassiert hatte. Am 18. August 2008 Punkt 20 Uhr Ortszeit ertönte der Anpfiff. Und es ging munter los, bereits in der 10. Minute war es wieder einmal unsere Ausnahmestürmerin
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