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Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben

Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben

Titel: Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben
Autoren: Lira Bajramaj
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Bundesliga-Fußballerinnen arbeiten oder studieren. Das ist dann stets ein Kraftakt, den Job, die Ausbildung oder das Studium mit dem Fußball unter einen Hut zu bekommen. Mit dem Geld von der Bundeswehr kann ich gut leben. Das ist für ein Mädel in meinem Alter völlig in Ordnung, ich muss meinen Eltern nicht mehr auf der Tasche liegen, im Gegenteil: Ich versuche, von meinem Gehalt immer etwas Schönes für meine Familie zu kaufen. Ich übernehme durchaus mal einen Einkauf oder lade sie zum Essen ein. Mir ist es wichtig, meinen Eltern etwas zurückzugeben. Ich habe ihnen alles zu verdanken.
    Noch eine Besonderheit, was das Leben als Soldatin ausmacht: Man ist in einer Männergesellschaft. Grundsätzlich fällt mir der Umgang mit Männern nicht schwer, ich kann ganz gut mit Jungs, habe deshalb auch in der Bundeswehr keine Probleme. Ich würde mich daher auch als kumpelhaften Typen beschreiben. Ich glaube schon, dass mich der enge Umgang mit meinen Brüdern geprägt hat. Ich schaute mir frühzeitig viel von ihnen ab. Was machen die? Okay, ich will das auch. Früher waren es nur die Klamotten, später auch Verhaltensweisen und so ein bisschen trugen sie auch zu meiner sexuellen Aufklärung bei. Schließlich lauschte ich stets bei Männergesprächen im Freundeskreis meiner Brüder mit.

    Meinem jüngeren Bruder Flakron würde ich in Sachen Beziehungskisten alles anvertrauen, der würde nie weitertratschen. Er ist so etwas wie mein bester Freund. Bei meinem älteren Bruder Fatos dagegen sind mir ein paar Dinge einfach peinlich, die würde ich nicht mit ihm besprechen. Nicht, dass er über meine Problemchen lacht, aber er muss nicht alles wissen.
    Was meine jungsorientierte Kleidervorliebe betrifft, war das nicht nur mein eigener Wille. Ich bekam relativ früh schon die abgetragenen Teile von Fatos. Das hatte auch ganz praktische finanzielle Gründe, und ich fand das damals viel cooler als irgend so eine Blume oder ein Herz auf dem T-Shirt. Zudem waren Hosen angesagt, keine Röcke. Meine Mutter hatte echt alles gegeben, kaufte mir – als wir es uns leisten konnten – wundervolle Kleider, wollte ihr kleines Mädchen wie eine Prinzessin anziehen. Ich sagte damals immer zu meiner enttäuschten Mama: »Nein, niemals trage ich das.«
    Weil ich viel mit Jungs gespielt hatte, war ich für die mehr so ein Neutrum. Die haben mich – auch angesichts meiner eher maskulinen Kleidung – als Kumpel gesehen. Ich durfte für die Jungs dann immer eine Art Vermittlerin zu den Mädels spielen, musste Botschaften übergeben oder Dates arrangieren. Von mir wollten sie am Anfang nichts. Der Umschwung kam dann mit der Pubertät.
    Ab meinem 15. Lebensjahr sahen mich meine Freunde und die meiner Brüder mit anderen Augen und auch für mich wurde das männliche Geschlecht anderweitig interessant. Als ich jünger war, sah ich in ihnen nur die Mitspieler auf dem Fußballplatz. Auf einmal wollte ich mich für sie schick machen und weiblicher kleiden. Fatos nahm mich dann schon mal in eine Disco mit. Wow, war das cool. Fatos dachte sich damals wohl: »Lieber nehm ich sie mit, als dass sie alleine loszieht. Dann kann ich wenigstens auf sie aufpassen.«
    Mit 17 Jahren ging es bei mir so richtig ab. Da ich beim FCR Duisburg mit älteren Mädels spielte, war das vorprogrammiert. Die anderen Spielerinnen erzählten von einer tollen Kneipe, wo ich unbedingt auch mal hinwollte. Weil
mein Bruder Fatos als Erstgeborener kräftig vorgebaut und sich einige Freiheiten bei meinen Eltern erkämpft hatte, war ich in gewisser Weise die Nutznießerin und durfte in Maßen weggehen. Das nutzte ich natürlich aus, ließ mich von meinen Mannschaftskolleginnen abholen – und los ging’s. Kneipe, Kino, Disco. Ich bin übrigens immer eine der Ersten, die sich auf die Tanzfläche wagt. Manche Mädels sagen immer: Ich muss erst mal etwas trinken, dann traue ich mich. Bei mir geht es auch so schnurstracks los. Ein, zwei Leute sollten allerdings schon drauf sein, denn den Alleinunterhalter spiele ich ungern. Aber: Ich tanze für mein Leben gern.
    Ab und zu gönne ich mir auch albanische Tanzklubs. Die Musik hat stets so etwas Sehnsuchtsvolles, das erinnert mich an meine Kindheit. Die besten Sänger des Kosovos kommen regelmäßig nach Deutschland und treten hier auf, im Ruhrpott gibt es ein enormes Fanpotenzial. Allein die Familie Bajramaj stellt Hunderte von Anhänger … Nein, im Ernst, es scheint sich wirklich zu lohnen, dass die Sänger den weiten Weg hierhin in Kauf
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