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Mein Jakobsweg

Mein Jakobsweg

Titel: Mein Jakobsweg
Autoren: Elke Sauer
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Messe. Der Botafumeiro wird geschwenkt; die Gläubigen erheben sich und klatschen, und ich bin dabei - eine weitere glückliche Fügung. Doch damit nicht genug.
    Nach der Messe denke ich, geh nur einmal schnell durch die Kathedrale, ehe du den Rucksack abholst. Ich bin noch nicht an der ersten Bankreihe vorüber, da begegnet mir Norbert. Überrascht fallen wir uns in die Arme. Wie ist das möglich? Wir beide treffen uns hier, hier im Herzen von Santiago wieder! Es ist wie ein Geschenk des Himmels.
    Norbert ist mit einem Freund gepilgert. Mit Waltraud, die sie unterwegs getroffen haben, sind sie sogar noch nach Finisterre gewandert.
    Alle Achtung, dass du mit den Männern Schritt halten konntest, sage ich zu Waltraud.
    Ja, weißt du, erwidert sie bescheiden, für mich ist das nicht so anstrengend, ich lebe ja in den Bergen.
    Ich gehe immer wieder zur Messe, durch den Pórtico de la Gloria. Allein der Name dieses romanischen Meisterwerks ist voller Verheißung. Dreimal berühren wir Pilger die Skulptur des Baumeisters Mateo mit unserem Kopf, um etwas von seiner Kraft in uns einfließen zu lassen.
    Ein- oder zweimal singt während der Messe eine Nonne. Mit ihrer klaren und reinen Stimme erhebt sie die Herzen der Zuhörer in himmlische Sphären.
    Wieder wird der Weihrauchkessel geschwenkt. Bis hoch in die Kuppel der Kathedrale zieht er den Schweif des Weihrauchs mit sich. Begeisterter Applaus begleitet seine letzten Schwünge. Gestärkt verlassen wir nach jeder Messe die Kathedrale.
    Ich zünde Lichter an für all diejenigen, die ich erreichen möchte. Von den Mühen des Weges befreit, lege ich meine Arme um die Schultern des heiligen Apostels Jakobus, streichle seine Wange und sage: Sieh, ich bin da!
    Die nächsten Tage sind angefüllt mit dem Reichtum des Glücks, der sich in Santiago einem jeden Pilger offenbart. Aber nein - nicht nur am Ziel, sondern auf dem ganzen Camino kann man dieses Glück erfahren. Man braucht dazu nur die richtige innere Einstellung: Dem Pilgern muss man sich hingeben, ohne zu fordern. Sich öffnen für die äußeren und inneren Eindrücke. Sie annehmen. Dann kann alles möglich sein.
    Immer wieder trifft sich unsere kleine Gruppe zum Essen, auch im Parador. Der herrliche Duft frischen Gebäcks gehört für mich ebenso zu Santiago wie das Aroma des Weihrauchs.
    Monika und Brigitte sind noch in Finisterre gewesen. Wir stellen fest, dass wir alle am gleichen Tag heimkehren werden. Verbunden in der Pilgergemeinschaft, tauschen wir die Adressen. Wir werden in Verbindung bleiben. Sind wir schon.
     

Abschied und Heimkehr
     
     
    Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
    der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
    Hermann Hesse
     
    M eine Stiefel sind abgelaufen, die Walkingstöcke mehr als verbraucht. Nur wenig ist in meinem Rucksack geblieben. Nichts ist mehr drinnen, das mich belasten könnte. Wie leicht er jetzt ist!
    Die Flasche Wein, sie stand unberührt. Nun werde ich sie öffnen. Mich an das Fenster setzen und die Kühle der Nacht hereinlassen. Wie schön die Kathedrale im Licht der Scheinwerfer ist! Golden ragen ihre Türme in den ebenmäßig dunklen Himmel. Zum Weinen schön!
    Morgen bin ich zu Hause. Peter wird mich abholen. Andreas mit seiner Familie wird uns besuchen. Uns den kleinen Enkelsohn bringen. Ein Geschenk des Himmels. Dank meiner Schwiegertochter.
    Früh am Morgen ein schwaches Leuchten über der Kathedrale. Die Sonne geht auf! Im Wandel der Sekunden wird sie lichter und wärmer. In der Glut des Sonnenaufgangs werden die Zinnen zu Gold. Türkis färbt sich der Himmel. Welch ein herrlicher Tag!
     

Nachwort
     
     
    Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.
    Franz Kafka
     
    J ahr um Jahr pilgern Menschen jeden Alters und jeder Nationalität über den Jakobsweg. Viele nennen ihn auch den Sternenweg, den Weg des Lichts oder auch den Heiligen Weg. Sich auf diesen mittelalterlichen Weg zu begeben, ist eine überwältigende Erfahrung.
    Mit dem Grab des Apostels Jakobus, der im neunten Jahrhundert zu seiner letzten Ruhe nach Compostela (Feld der Sterne) umgebettet wurde, entwickelte sich Santiago (San Jacobo) de Compostela zum bedeutendsten Wallfahrtsort Europas. Aus allen Himmelsrichtungen kamen die Pilger, zu Fuß (per pie) oder auch von weither mit ihren Schiffen über die Meere. Man ging zunächst alte und bereits bekannte Pfade. Doch neue Wege kamen hinzu, sodass sich in den folgenden Jahrhunderten der Pilgerschaft ein Netz von Pilgerwegen entwickelte, von Skandinavien
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